Einkaufswagen eines Onlineshops (Cart) mit Finger, der draufzeigt
AFP/JOHN MACDOUGALL
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Wie Kleingedrucktes interessant werden kann

Wer ein Produkt bestellt, einen Streamingdienst abonniert oder eine Reise bucht, wird vor Abschluss dazu aufgefordert, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu lesen. Bis zu 80 Prozent der Konsumenten tun das aber nicht, zeigen aktuelle Studien. Im Auftrag des Sozialministerium hat das Wiener Institut für Höhere Studien (IHS) nun untersucht, wie man möglichst viele Menschen dazu bringen könnte, auch das Kleingedruckte lesen.

Jede und jeder, der online Produkte kaufen oder eine Reise buchen möchte, kennt das: Am Ende muss bestätigt werden, dass die AGB gelesen wurden. Die Mehrzahl der Studien dazu kommt zu dem Schluss, dass bis zu 80 Prozent der Personen die AGB nicht lesen, sagt Kira Abstiens von der Forschungsgruppe Verhaltensökonomik des Instituts für Höhere Studien in Wien. Im Auftrag des Sozialministeriums hat die Psychologin untersucht, welche Anreize man schaffen könnte, damit so viele Menschen wie möglich AGB oder rechtliche Aufklärungen lesen, bevor sie im Internet einen Vertrag abschließen.

Sperrige Titel sorgen für Verwirrung

Anlass dazu war eine Überarbeitung des Standardinformationsblattes für Pauschalreisen. Es ist per EU-Verordnung vorgeschrieben, die meisten Konsumenten klickten aber erst gar nicht auf den Link, der sie zur Auflistung ihrer Rechte führen würde. Als einen der Gründe nennt die IHS-Studie: Die Aufforderung, sich über seine Rechte zu informieren, sei meist nicht ansprechend formuliert. „Man findet sich nicht zurecht und weiß nicht, welche Informationen man bekommt, wenn man auf diesen Link klickt“, so Kira Abstiens gegenüber help.ORF.at. So seien etwa die Titel sperrig und verwirrend. Die Psychologin gibt ein Beispiel: „Standardinformationsblatt für Pauschalreiseverträge Teil B in anderen Fällen als dem von Teil A erfassten“.

Zeitaufwand wird meistens überschätzt

Um Menschen davon zu überzeugen, auf einen Link zu klicken, helfe es, sie direkt und aktiv anzusprechen. Die Studienautorin schlägt Formulierungen vor wie: „Ihre wichtigsten Rechte“ oder „Schauen Sie sich Ihre Rechte an“. Außerdem sei es ratsam, die zu erwartende Lesezeit anzuführen. „Viele Menschen schätzen die Dauer höher ein, als sie tatsächlich ist, was sie dann daran hindert, diese Informationen anzuklicken“, so Abstiens. Bringt man aber vorher einen Hinweis an, beispielsweise „das Lesen Ihrer Rechte dauert im Durchschnitt drei Minuten“, verdoppelt sich die Aufrufhäufigkeit und auch die Zeit, die dann auf dieser Seite verbracht wird, so ein Ergebnis der Studie.

Wenig Platz für viel Text

Auch was die Formatierung der AGB selbst betrifft, sieht die Psychologin einen dringenden Nachholbedarf, damit die Informationen auch tatsächlich gelesen und verstanden werden. In der Regel gebe es wenig Platz für sehr viel Text in kleiner Schriftgröße und ohne Gliederung. Die Forschungsgruppe Verhaltensökonomik schlägt stattdessen Maßnahmen vor, die den Blick der Konsumenten lenken: Unterteilung des Textes in farblich unterlegte Abschnitte, dazu passend jeweils ein Symbolbild und eine Überschrift.

„Wenn ich auf das Dokument schaue und mich interessieren Kosten, dann sehe ich sofort das große Eurozeichen und kann direkt in diesen Abschnitt schauen und mir die Informationen dazu durchlesen“, so Kira Abstiens. Als Beispiel führt sie den Abschnitt „das gilt für Sie im Notfall“ im Informationsblatt für Pauschalreisen an. Hier hat die Forschungsgruppe eine andere Farbe verwendet als für die anderen Abschnitte. „Einfach um nochmal zu signalisieren, hier ist etwas Wichtiges, und das sollten Sie sich vielleicht anschauen“, so Abstiens.

Auch Behördenformulare könnten besser sein

Neben der Aufmachung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Rechtsaufklärungen für Konsumentinnen und Konsumenten, ließen sich die Erkenntnisse der Verhaltenswissenschaften auf viele andere Bereich anwenden, meint die Psychologin. Sie wünscht sich derlei Maßnahmen etwa auch für Formulare von Behörden: „Für viele Menschen stellt es eine Hürde dar, beispielsweise einen Antrag zu stellen oder Förderungen in Anspruch zu nehmen.“ Eine bessere Gestaltung der Formulare könne dazu führen, dass Menschen informierte Entscheidungen treffen, dass sie wissen, welche Rechte sie haben oder nicht haben und welchen Bedingungen sie zustimmen. „Dass ich begreife, was ich tun muss und nicht von vornherein zurückschrecke, weil ich gar nicht verstehe, worum es geht“, so Abstiens.