Ein Kind sitzt angeschnallt in einem Kindersitz in einem Auto
dpa/Nicolas Armer
dpa/Nicolas Armer

Seltene Bestnote für Kindersitz mit Airbag

Zweimal pro Jahr testet der Mobilitätsclub ÖAMTC Kindersitze. Im jüngsten Test vergab der Club ein seltenes „Sehr gut“ – an einen Kindersitz mit integriertem Airbag. Ein High-Tech-Sitz mit Oberklassen-Preisschild. Andere empfehlenswerte Sitze sind deutlich günstiger, auch gebrauchte Kindersitze können eine gute Wahl sein – wenn beim Kauf genauer hingesehen wird.

Ein „Sehr gut“ wird nur dann vergeben, wenn ein Kindersitz keine Schwächen hat und das gibt es kaum, sagt ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl gegenüber help.ORF.at: „Diesmal ist das einem Sitzhersteller gelungen, weil er es geschafft hat, einen Airbag in den Kindersitz zu integrieren und zwar mit komplett autonomer Sensorik. Das heißt, der Sitz ist nicht angewiesen auf Sensorik im Fahrzeug.“

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Der Cybex Anoris T i-Size kam auf dei Gesamtnote 1.5, genug für fünf Sterne. Günstig ist er jedoch nicht: Der Sitz kostet rund 750 Euro. Immer noch gute und somit empfehlenswerte Sitze sind schon für weniger als die Hälfte zu haben. Steffan Kerbl testet Kindersitze seit knapp 30 Jahren. Das Niveau sei in dieser Zeit stetig gestiegen: „Es gibt immer weniger schlechte Kindersitze. Das hat auch mit der strengen europäischen Zulassung zu tun. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man eine völlige Niete erwischen wird, physikalisch betrachtet.“

„Unwahrscheinlich, eine völlige Niete zu erwischen“

So ist zum Beispiel die Haltbarkeit der verwendeten Kunststoffe längst kein Thema mehr. Schadstoffe, auf die seit einigen Jahren auch getestet wird, dafür umso mehr; sie werden von der Sicherheitsrichtlinie nicht erfasst. Dafür gibt es andere Vorschriften, bestimmte Substanzen sind in Europa verboten. „Hier entdecken wir doch immer wieder etwas. Absolut grünes Licht kann ich daher noch nicht geben“, so Kerbl.

Versuchsaufbau Frontcrash im Kindersitztest des ÖAMTC im Frühjahr 2022
ÖAMTC/Ralph Wagner
Der Versuchsaufbau für den Frontalcrash im ÖAMTC-Test

Auch im aktuellen Test kassierten einige Sitze ein „Ungenügend“ wegen Schadstoffbelastung. Die Modelle Walser Kids Expert Noemi, Lionelo Antoon RWF, Urban Kanga Uptown TV107 und Kindercraft Comfort Up fielen durch, die beiden letztgenannten auch wegen Sicherheitsmängeln.

Gebrauchte Kindersitze genau prüfen

Selbst wenn es nicht das Spitzenmodell mit eigenem Airbag sein soll: Kindersitze sind keine günstigen Anschaffungen. So kostet etwa der Besafe iZi Modular RF X1, der mit der Gesamtnote 1.7 nur knapp hinter dem Testsieger landete, immer noch rund 350 Euro. Wird die Iso-Fix-Basis dazu bestellt, werden noch einmal rund 240 Euro fällig. Bei solchen Preisen liegt es nahe, dass Eltern sich auf dem Gebrauchtmarkt umsehen – und hier ist das Angebot groß.

Ein gebrauchter Sitz kann seine Aufgabe genauso gut erledigen, wie ein neuer, sagt ÖAMTC-Techniker Kerbl. Man sollte allerdings genauer hinsehen: „Das erste ist eine Funktionsprüfung. Geht das Gurtsystem, lassen sich die Gurtschlusszungen mit einem lauten Klick einrasten, kann ich das Gurtsystem dann auch spannen. Und dann wird der Bezugstoff abgezogen und geschaut, ob die Styroporinnenschale unbeschädigt ist.“

„Zu fest“ ist gerade fest genug

Ist das Sitzinnenleben rissig oder eingedrückt, deute das darauf hin, „dass da einmal etwas war“, so Kerbl. Das muss nicht unbedingt ein Unfall gewesen sein. Es reicht unter Umständen schon, wenn unruhige Kindersitzpassagiere sich häufig heftig im Sitz bewegt haben. Beschädigte Innenschalen können im Zweifel die Aufprallenergie nicht mehr richtig absorbieren, die Verletzungsgefahr ist größer.

ÖAMTC-Kindersitztest 2022
ÖAMTC

Der Sitz kann allerdings noch so gut sein, wird er nicht richtig verwendet, hilft weder Bestzustand noch Bestnote. Das größte Problem sei hier die richtige Gurtspannung, sagt Steffan Kerbl. Die Beschwerde „zu fest“ sollte als Hinweis verstanden werden, alles richtig gemacht zu haben: „‚Zu fest‘ ist die richtige Antwort. Ein großes Problem aller vorwärts gerichteten Sitze mit Hosenträgergurt ist, dass völlig unterschätzt wird, wie fest man das Gurtsystem spannen muss, damit das Kind richtig gesichert ist“, so Kerbl.

Befestigung mit Gurt genauso gut wie Isofix

Der der Gurt muss nicht nur straff, sondern auch so nah wie möglich am Kind sitzen. Dicke Jacken und Pullover sollten vorher ausgezogen werden. Ob der Sitz mit dem Fahrzeuggurt oder dem Isofix-System im Auto befestigt wird, ergibt keinen Unterschied bei der Sicherheit. Auch Fahrer:innen älterer Autos können Nachwuchs sicher transportieren, und das Angebot an Sitzen die auch ohne Isofix funktionieren werde laut ÖAMTC-Experte Kerbl auf absehbare Zeit bestehen bleiben.