Drei geparkte Flixbusse
APA/dpa/Arne Dedert
APA/dpa/Arne Dedert

Ärger über Verspätungen bei Flixbus-Reisen

Das Unternehmen Flixbus bietet 400.000 Verbindungen in Österreich, Deutschland, der Schweiz und vielen weiteren europäischen Ländern an. Das Reisen mit dem Fernbus soll „günstig, komfortabel und umweltfreundlich“ sein. Doch die Realität sieht mitunter anders aus. Bei Verspätungen haben Reisende das Nachsehen. Es gibt keine Entschädigung, auch wenn diese den Passagieren zustünde.

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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Nach einer überstanden Krankheit wollte sich eine Wienerin Anfang April am Meer erholen und buchte eine Reise nach Rijeka in Kroatien. Sie wählte eine Nachtbusfahrt mit Flixbus, die Abfahrt war um 1 Uhr 45 vom Bus-Terminal Wien Erdberg.

Nachtbus war drei Stunden verspätet

„Als ich am Busbahnhof ankam, stellte ich fest, dass es keinen Wartebereich gibt und auch keine Toiletten“, so die Frau. Sie habe sich gedacht, der Bus käme ohnedies in einer halben Stunde, „dann ist es warm und es gibt ein Klo“.

Doch es kam anders. Der Fernbus war fast drei Stunden verspätet. Die Buspassagiere standen derweil frierend mitten in der Nacht im Busbahnhof Wien Erdberg herum. Es war Anfang April und dementsprechend kalt.

Falsche Information über neue Abfahrtszeit

90 Minuten nach der geplanten Abfahrt informierte Flixbus die Passagiere per SMS, dass sich die Abfahrt um zehn bis 20 Minuten verzögern werde. „Zu dem Zeitpunkt wäre ich am liebsten ins Handy gesprungen“, so die Wienerin.

Diese Information erwies sich als falsch, der Bus kam erst gegen vier Uhr früh. „Es war von hinten bis vorne eine schlechte Erfahrung“, so die Konsumentin. Anders als in der Werbung versprochen sei es nicht möglich gewesen, im Bus etwas zu Essen und zu Trinken zu kaufen. Nicht einmal Klopapier habe es gegeben.

Flixbus verweigert Entschädigung

Die Wienerin beschwerte sich bei Flixbus und verlangte die Ticketkosten von 72 Euro zurück sowie eine Entschädigung in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises.

Flixbus lehnte das rundweg ab. Bei einer verspäteten Abfahrt von 120 Minuten und mehr könne man zwar von einer Reise zurücktreten und sich die Fahrtkosten erstatten lassen, die Konsumentin habe die Fahrt aber angetreten. Sie habe deshalb keinen Anspruch auf Erstattung oder Entschädigung.

Anspruch auf Hälfte der Ticketkosten

Bei der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (APF) sieht man das anders. Hier sei Einiges schiefgelaufen, so Maria-Theresia Röhsler, Leiterin der Schlichtungsstelle.

Ab einer Verspätung von 120 Minuten müsse das Unternehmen proaktiv die Wahl anbieten, entweder auf die Reise zu verzichten und die Ticketkosten rückerstattet zu bekommen oder die Fahrt zum ehest möglichen Zeitpunkt ohne zusätzliche Kosten und unter vergleichbaren Bedingungen fortzusetzen, so Röhsler. Diese Wahlmöglichkeit habe das Unternehmen der Passagierin nicht gegeben. „Dementsprechend sind wir der Ansicht, dass sie Anspruch auf Erstattung von 50 Prozent der Ticketkosten hat.“

Wohlgemerkt – das gilt nur für eine verspätete Abfahrt. Fährt der Bus pünktlich ab, erreicht das Fahrziel aber verspätet, gibt es – anders als bei Flug- und Bahnreisen – gar nichts.

Busbahnhof Wien Erdberg ohne Infrastruktur für Reisende

Flixbus bedauerte help.ORF.at gegenüber den Vorfall und versprach, der Konsumentin nicht nur 50 Prozent, sondern die gesamten Ticketkosten zu erstatten. Das Geld erhielt die Frau bisher nicht, sondern lediglich eine E-Mail von Flixbus, die sich nicht öffnen ließ.

Geärgert habe sich sich am meisten über die schlechte Infrastruktur im Busbahnhof Wien Erdberg, so die Wienerin. „Es gibt nichts außer einen windigen, zugigen, kalten Gehsteig, aber wenn ein Unternehmen von einem Bus-Terminal abfährt, dann erwarte ich dort auch die Infrastruktur eines Terminals und das ist mindestens ein windgeschützter Wartebereich und Toiletten.“

Wien bekommt 2027 neuen Bus-Terminal

Flixbus trifft hier keine Schuld, dann das Fernbusunternehmen muss nicht für eine entsprechende Infrastruktur am Busbahnhof sorgen. Das ist Sache des Betreibers, in diesem Fall das Reiseunternehmen Blaguss. Dort weiß man um die Probleme und entschuldigte sich help.ORF.at gegenüber dafür. Der jetzige Standort des Terminals auf dem Gelände der ASFINAG, in unmittelbarer Nähe zur U3-Station Erdberg unterhalb der Tangente sei nur ein Provisorium. Bis 2027 werde ein neuer, moderner Bus-Terminal in Wien fertiggebaut sein.

Wie Busreisende zu ihrem Recht kommen

Die APF kann bei Mängeln auf einem Busbahnhof oder im Bus auch nicht weiterhelfen. Sie ist dafür laut Verordnung gar nicht zuständig. Für Maria-Theresia Röhsler von der APF eine unbefriedigende Lösung, da die Fahrgastrechte im Busbereich ohnedies wesentlich eingeschränkter seien als im Bahn- und Flugbereich.

„Wir würden uns wünschen, dass wir auch über die Verordnung hinausgehende Beschwerden bearbeiten können, so wie es in Bahnbereich ist“, so Röhsler. Das würde es erleichtern, die Qualität von Leistungen der Busunternehmen zu verbessern.

Bei Problemen mit einem Busunternehmen wegen Verspätung, Annullierung einer Busfahrt oder fehlender Information vom Busunternehmen können sich Passagiere an die APF wenden und einen Schlichtungsantrag einbringen. Die Schlichtungsstelle kann dann kostenlos und provisionsfrei zu einer Entschädigung verhelfen.