Mineralöl wird im Labor getestet
Getty Images/iStockphoto/Motortion
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Wie gefährlich Mineralöl wirklich ist

Immer wieder werden Produkte von Verbraucherschutzorganisationen wegen Mineralölrückständen abgewertet, vom Olivenöl über vegane Würstchen bis zum Lippenstift. Guter Stoff für Schlagzeilen, jedoch mit bescheidener Aussagekraft: Die Beurteilung dieser komplexen Substanzen ist schwierig, es fehlt an gesetzlichen Grenzwerten.

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Erdöl, im speziellen die darin enthaltenen Mineralölkohlenwasserstoffe, können über viele Wege in Lebensmittel gelangen. Durch Ausstöße von Diesel- oder Benzinmotoren, durch Schmieröle in Erntemaschinen oder Produktionsanlagen, wenn diese nicht entsprechend gereinigt wurden. Lange Zeit galten auch recycelte Verpackungen als Kontaminationsquelle.

Fette und Öle sind anfällig für Verunreinigungen

„Besonders anfällig für Verunreinigungen sind fettige Lebensmittel, weil sich Mineralölkohlenwasserstoffe darin leichter lösen können“, erklärt Andrea Hochegger vom Institut für analytische Chemie und Lebensmittelchemie der TU Graz. Man unterscheidet zwischen gesättigten – sogenannte MOSH – und aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffen – sogenannten MOAH.

Mineralöl wird umgefüllt
Reuters/Ilya Naymushin
Mineralöle werden durch die Destillation von Erdöl, Kohle oder Holz gewonnen

MOAH sind potenziell krebserregend

MOSH wurden 2012 von der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde als kritisch eingestuft, weil man in Studien an Ratten gesehen hat, dass sich diese Substanzen im Gewebe anreichern und zu Entzündungen führen können. Diese Ergebnisse werden heute hinterfragt. Es sehe so aus, als ob Ratten bestimmte Stoffe der MOSH-Fraktion nicht verstoffwechseln können, Menschen aber sehr wohl, so Hochegger.

Etwas klarer ist der Befund bei der zweiten Gruppe, den MOAH. Diese sind potenziell krebserregend und sollten daher nicht in Lebensmitteln vorkommen, betont die Chemikerin. Da die Kürzel MOSH und MOAH jedoch tausende Substanzen umfassen und nicht jede davon genau analysiert werden kann, sei es nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht möglich, Grenzwerte zu definieren.

Gewisse Grundbelastung ist normal

Für Konsumenten und Konsumentinnen heißt das, sich durch die regelmäßigen Schlagzeilen von neuen Mineralölfunden in Lebensmitteln nicht verunsichern zu lassen. „Aus Studien wissen wir, dass es immer eine Grundbelastung von Mineralölkohlenwasserstoffen gibt“, so Hochegger von der TU Graz. Ende April hat die EU eine Handlungsempfehlung herausgegeben, wonach Produkte, die ein bestimmtes MOAH-Level übersteigen (z.B. 2mg/kg für Fette/Öle) zurückgerufen werden müssen.

Neben Mineralölrückständen wird häufig auch auf Weichmacher und Pestizide getestet. Ob nun der eine Schadstoff gefährlicher ist als der andere, könne man pauschal nicht sagen, so Hochegger.

Mineralöl auch erlaubter Zusatz

Mineralöle sind erlaubte Zusätze in diversen Lebensmittel und Kosmetika. In Form von hochaufgereinigten Weißölen, denen die aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffe vorher entfernt wurden, bringen sie als Überzug Obst zum Glänzen und sorgen dafür, dass Handcremes und Lippenstifte länger halten. Chemisch betrachtet unterscheiden sie sich nicht von natürlichem Bienenwachs, so Hochegger.