Brombeeren, Stachelbeeren, rote und weiße Ribisel in einer Schüssel
Karin Fischer/ORF.at
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Comeback alter Obst- und Gemüsesorten im Garten

Viele alte Obst- und Gemüsesorten sind heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Der Lebensmittelhandel bietet inzwischen einige wieder als „Raritäten“ an. Auch Gärtnereien haben alte Sorten wieder in ihr Sortiment aufgenommen. Das Interesse, sie wieder in Hausgärten anzusiedeln steigt, zumal viele Sorten recht robust sind und hervorragend schmecken.

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Die Kulturpflanzen, die heute in Handel und Anbau üblich sind, sind nur ein kleiner Rest der enormen Sortenvielfalt, die es früher in Küche und Garten gab.

Interesse an der Herkunft von Obst und Gemüse

„Viele der Sorten sind inzwischen verschwunden, weil sie nicht in die industriellen Anbausysteme und die Vermarktungsstrukturen passen“, so Mara Müller, Umweltpädagogin bei der Arche Noah. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, alte Obst- und Gemüsesorten wiederzufinden und zu bewahren.

Bei vielen Menschen gebe es eine Sehnsucht, wieder näher an der Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln zu sein. „Viele wollen wieder wissen, wo kommt das eigentlich her? Wie wird das angebaut? Wie kann ich das auch selber machen?“, so Müller.

Mangold mit roten und gelben Stielen
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Mangold wächst praktisch das ganze Jahr über und kann laufend geerntet werden

Bunte Vielfalt bei Radieschen

Es braucht nicht einmal einen großen Garten, viele alte Sorten gedeihen auch auf Balkon und Dachterrasse. Steht wenig Platz zur Verfügung, eignen sich Pflanzen besonders gut, bei denen öfter geerntet werden kann wie zum Beispiel Mangold, diverse Pflücksalate und Cocktailtomaten.

Radieschen brauchen ebenfalls wenig Platz, wachsen schnell und gedeihen sogar auf dem Fensterbrett. Alte Radieschensorten sind nicht nur rund und rot, sondern auch länglich, gelb, weiß, rosa und zweifärbig.

Weiße, grüne und gestreifte Tomaten

Die Arche Noah hat rund 600 Paradeisersorten in ihrem Samenarchiv. Von ganz kleinen, gelben und roten Cocktailtomaten, die wie Johannisbeeren aussehen, bis zu großen Fleischtomaten, von denen eine der bekanntesten wohl das „Ochsenherz“ ist. Wegen der dünnen Schale eignet sich das echte „Ochsenherz“ schlecht für den Handel. Diese wohlschmeckende Sorte in den Farben rot und orange wächst auch in Töpfen.

schwarz-violette Cocktail-Paradeiser
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Je nach Reife verändert sich die Farbe, einige schwarzviolette Paradeiser werden später rot

Alte Tomatensorten gibt es in unzähligen Größen und Farben: von weiß über gelb, orange, rot und violett bis grün und gestreift. Ungewöhnlich wie ihr Aussehen sind oft auch ihre Namen: „Green Zebra“, „Gestreifter Fels“, „Gelbes Birnchen“, „Dattelwein“, „Berner Rose“.

Zuckerwurzel, Gartenmelde und Mairübe

Zu den Gemüsepflanzen, die in Vergessenheit gerieten, deren Anbau sich aber lohnen kann, zählen die Zuckerwurzel, die spinatähnliche Gartenmelde, Mai- und Herbstrüben sowie die Winterheckenzwiebel – eine Art riesiger Schnittlauch. Bei Erdäpfeln ist die Auswahl ebenfalls groß. Allein bei der Arche Noah lagern 160 alte Sorten, wovon die meisten längst aus den Geschäften verschwunden sind.

Liebhabersorten „Mieze Schindler“ und „Klarapfel“

Ähnlich verhält es sich bei Obst. „In den Supermärkten haben wir meist sechs bis zehn Apfelsorten, dabei gibt es mehrere tausend Apfelsorten, die im deutschsprachigen Raum möglich wären“, so Müller.

Klaräpfel zum Beispiel sind eine alte Sorte, die nur für einen kurzen Zeitpunkt ideal reif ist. Klaräpfel können nicht gelagert werden, sie werden schnell mehlig. Als Kompott sind diese Sommeräpfel aber vorzüglich. Für kleine Gärten eignet sich vor allem Beerenobst: gelbe und rote Himbeeren, Brombeeren und Erdbeeren. Von den unzähligen alte Erdbeersorten gilt zum Beispiel die „Mieze Schindler“ als besonders wohlschmeckend.

Eigene Nachzucht mit samenfesten Sorten

Beim Kauf von Saatgut sollte man zu samenfesten, biologisch produzierten Sorten greifen. Samenfest bedeutet, dass man sie selbst vermehren kann, jede weitere Generation verändert sich nicht, sondern hat dieselben Eigenschaften wie die erste. Viele alte Sorten sind sehr robust, trotzdem gedeihen sie nur dort gut, wo der Boden und das Klima passen.

Am besten gelingt der Anbau mit Sorten, die an das mitteleuropäische Klima gewöhnt sind. Man kann aber auch mit alten Sorten experimentieren, die bei uns eigentlich nicht heimisch sind, etwa mit Mais aus Mexiko. Mit dem Risiko, dass der Mais nicht reif wird, weil er dafür länger braucht als der heimische.

Diverse Cocktailparadeiser
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Paradeiservielfalt aus dem Garten

Mehr Farbe, Geschmack und Duft im Garten

Um unbekannte Obst- und Gemüsesorten auszuprobieren, kann man sie zunächst einmal verkosten. Mehr und mehr Lokale nehmen Gerichte mit längst vergessenen Sorten wieder in den Speiseplan auf. Produzenten diverser Biokisten bieten diese Sorten nicht nur an, sie legen oft auch Rezepthefte bei. Inzwischen sind auch zahlreiche Kochbücher zu dem Thema erschienen.

Für Mara Müller ist das Comeback alter Sorten jedenfalls ein wichtiger Schritt zur Erhaltung der Artenvielfalt und eine Entdeckungsreise. „Es ist wunderbar, wenn man sich nicht nur auf ein oder zwei Sorten beschränkt, sondern wieder ein größeres Angebot an Farbe, Geschmack und Duft in den Garten holt.“