Verkehrstafel Zona traffico limitato in Italien
APA/dpa/Lars Halbauer
APA/dpa/Lars Halbauer

Abzocke mit italienischen Verkehrsstrafen

Nach einem Urlaub in Italien erhält so mancher Autolenker einen Strafzettel. Kommt dieser Bußgeldbescheid nicht von einer Behörde, sondern einer privaten Inkassofirma, raten Verbraucherschützer zur Vorsicht: Die privaten Geldeintreiber stellen oft stark überhöhte Forderungen, auch wenn sie gar nicht dazu berechtigt sind. Manchmal wird eine Strafe auch mehrfach eingefordert, obwohl sie längst beglichen wurde oder verjährt ist.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Im Herbst 2020 erhielt eine ganze Reihe österreichischer Autolenker Mahnschreiben des Inkassobüros EWD Inkasso wegen einer unbezahlten Verkehrsstrafe in Italien. Doch weder die Höhe der Strafe, noch die zuständige Behörde war korrekt – außerdem waren die Delikte teils schon verjährt. Das Europäische Verbraucherzentrum in Wien intervenierte und die Autolenker mussten nichts bezahlen – mehr dazu in Warnung vor dubiosem Verkehrsstrafeninkasso.

Jetzt haben dieselben Autofahrer erneut unerfreuliche Post erhalten. Wieder geht es um die Verkehrsstrafe von damals, und wieder kommen die Briefe von einem österreichischen Inkassobüro, diesmal von ETI Experts.

„Das ist an Rechtswidrigkeit und Illegalität nicht zu überbieten“, so Reinhold Schranz, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) im Verein für Konsumenteninformation (VKI) in Wien. Er unterstützt die betroffenen Autolenker bei der Durchsetzung ihrer Rechte.

Einfahrt in "Zona a traffico limitato“

Die Forderung sei schon beim ersten Mal nicht zulässig gewesen, und musste deswegen zurückgenommen werden, und auch der neuerliche Eintreibungsversuch durch das Inkassobüro ETI Experts sei nicht rechtmäßig.

Als Grund für das Mahnschreiben wird meist das Befahren einer verkehrsberuhigten Zone, einer so genannten „Zona a traffico limitato“, angegeben. So etwa bei zwei Niederösterreichern, die vor vier Jahren, im April und August 2018, in Rom bzw. Pisa in solche verkehrsberuhigten Zonen gefahren sein sollen.

Eingeschriebener Brief mit Rückschein binnen 360 Tagen

Die Autofahrer erfuhren erstmals 2020 – zwei Jahre nach dem Verkehrsdelikt – im Mahnschreiben des ersten Inkassobüros von dem offenen Bußgeld, das jetzt 2022 noch einmal eingefordert wird. So geht das nicht, erklärt Jurist Reinhold Schranz.

„Italien hat eine besondere Verjährungsfrist in der Straßenverkehrsordnung von 360 Tagen ab dem Datum der Übertretung“, so der Konsumentenschützer. Betroffene Autofahrer müssen von der italienischen Stadt oder Gemeinde also innerhalb von 360 Tagen einen formellen Bußgeldbescheid erhalten. Dieser muss eingeschrieben und mit Rückschein zugestellt werden.

Beträge zu hoch

Und nicht nur, dass die Delikte klar verjährt sind. Auch die Beträge der Geldbußen sind zu hoch. Statt 70 bis einhundert Euro, wie in solchen Fällen das normale italienische Strafmaß, fordert das Inkassobüro 350 Euro und mehr und begründet das mit anfallenden Mahnspesen und Bearbeitungsgebühren.

Doch wenn man erst durch die Mahnung von dem eigentlich Verkehrsvergehen erfährt, kann man noch nicht in Verzug sein. „Verzugszinsen, Mahnspesen Inkassogebühren und ähnliches sind dann auch absolut unzulässig“, so Schranz.

Private Inkassofirmen dürfen Strafzettel nicht eintreiben

Es fehle außerdem die Rechtsgrundlage. Denn das Eintreiben von Verwaltungsübertretungen durch private Inkassounternehmen ist nicht erlaubt.

Eingetrieben werden dürfen solche öffentlich-rechtlichen Forderungen nur durch eine Behörde. „Das heißt, die italienische Stadt oder Gemeinde muss die Mahnung an die österreichischen Behörden schicken. Und die müssen das dann eintreiben“, so der Jurist. Private Inkassofirmen dürfen das nicht.

Versuch Geld nach Italien zu holen

Beauftragt werden die Inkassobüros offenbar von den italienischen Behörden. Auch wenn es datenschutzrechtlich nicht erlaubt ist, geben diese die Daten der Autofahrer einfach weiter. Denn nur so fließt zumindest ein Teil des Geldes (abzüglich der Kosten für die Inkassobüros) aus den Strafzahlungen wieder zurück nach Italien.

Wenn österreichische Behörden das Geld eintreiben, dann bleibt es in Österreich. Der Erlös aus der Vollstreckung fließt grundsätzlich dem Vollstreckungsland (in diesem Fall Österreich) zu – so sieht es die entsprechende EU-Vorschrift, das Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz (EU-VStVG), vor.

Nicht einschüchtern lassen

Das Inkassobüro geht noch einen Schritt weiter und übt in seinen Mahnschreiben zusätzlichen Druck auf die Autofahrer aus. So ist etwa die Rede davon, dass man Ärger bei der Wiedereinreise nach Italien bekomme, wenn man nicht bezahle. Dort würden Autolenkern drastischere und höhere Strafen drohen.

Das stimmt nicht. „Das sind leere Drohungen und schlicht und einfach der Versuch des Inkassobüros die Leute zur Zahlung zu bewegen“, so Schranz. Autolenker sollten sich davon nicht verunsichern lassen.

Rasch rechtliche Beratung einholen

Wer einen solchen Mahnbrief aus Italien erhält, sollte sich rasch rechtlich beraten lassen. Die Juristen des Europäischen Verbraucherzentrums prüfen kostenlos, ob die Forderung zu Recht besteht und beraten und unterstützen Autolenker bei der weiteren Vorgangsweise. Denn nur, wenn die Forderung berechtigt ist, muss man sie auch bezahlen.