Stromzähler
APA/ROBERT JAEGER
APA/ROBERT JAEGER

Energiepreise: Vorsicht bei Neuverträgen

Der Krieg in der Ukraine hat die Situation bei den Öl- und Gaspreisen weiter verschärft. Einige Versorger reagieren mit Preiserhöhungen, andere kündigen bestehende Kundenverträge. In so einem Fall wird meist gleich ein neuer Vertrag angeboten, der in der Regel aber empfindlich teurer kommt. In manchen Fällen kann sich der Arbeitspreis pro Kilowattstunde verdreifachen.

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Wenn der Energieanbieter per Post eine Preiserhöhung ankündigt, werden die meisten diese wohl oder übel abnicken müssen. Das Sparpotenzial durch einen Anbieterwechsel ist derzeit faktisch nicht existent, ein Bestandsvertrag also in der Regel der Günstigste. Es kann aber auch sein, dass ein bisher günstiger Anbieter bestehende Vertragsverhältnisse auflöst, die Betroffenen sind also gezwungen, einen neuen Gas- oder Stromanbieter zu suchen.

Nach Kündigung: Dringend neuen Versorger suchen

„Wir sehen, dass viele Diskonter mit der Preispolitik, die sie bis jetzt gefahren sind, einfach nicht mehr durchkommen“, so Christina Brichta-Hartmann von der Arbeiterkammer (AK) Wien. Nach einer Vertragskündigung muss man allerdings noch nicht befürchten, plötzlich ohne Wärme und Strom dazustehen. Drei Monate lang muss der Versorger die Kundinnen und Kunden in jedem Fall noch weiter mit Energie versorgen.

Während dieser Zeit sollte man sich nach einem anderen Lieferanten umsehen. Derzeit sei es allerdings schwer, einen günstigen Vertrag zu finden, sagt Brichta-Hartmann. Man sollte dennoch nicht gleich das erstbeste Angebot annehmen, sondern den Tarifkalkulator der E-Control zurate ziehen, um vergleichen zu können und möglicherweise ein halbwegs akzeptables Angebot zu finden.

Preisaufschläge von 100 Prozent und mehr

Es kann durchaus sein, dass das Energieunternehmen in der Kündigungsmail sein Bedauern ausdrückt, in der Regel werden auch gleich neue Vertragsmodelle angeboten. Diese können aber empfindlich teurer sein. Während Bestandskunden mancher Anbieter mit Erhöhungen von 20 bis 40 Prozent zu rechnen haben, können die Preise bei Neuverträgen um 100 Prozent oder mehr über dem alten Tarif liegen.

Eine Person unterschreibt einen Vertrag
Getty Images/Tetra Images
Bei Energielieferverträgen sollte man derzeit nicht das erstbeste Angebot annehmen

Günstige Erneuerbare? Auch Ökostrom ist teurer geworden

Neben dem Gaspreis ist auch der Strompreis in letzter Zeit stark angestiegen. Davon betroffen ist auch Ökostrom, obwohl der Umstieg auf erneuerbare Energien von der Politik gerne auch mit daraus resultierenden günstigeren Preisen argumentiert wird. Warum also ist nun auch Ökostrom teurer geworden? Das liege einerseits daran, dass die Preise auf dem Großmarkt gebildet werden, sagt Brichta-Hartmann: „Und auch wenn die Produktion noch so günstig ist, wäre ein Anbieter letztlich der Feind seines eigenen Profits, wenn er nicht die Preise verrechnet, die er tatsächlich erzielen kann.“

Teuerstes Kraftwerk bestimmt den Marktpreis

Der Strompreis ist außerdem an den Gaspreis gekoppelt. Erneuerbare Energien sind in der Produktion zwar günstiger, der Marktpreis orientiert sich aber am teuersten Kraftwerk in der Kette, das bei der Produktion zum Einsatz kommt. Das sind in der Regel momentan Gaskraftwerke, und daher sind auch Anbieter, die ausschließlich mit Ökostrom handeln, von den aktuell hohen Großhandelspreisen für Gas betroffen. Diese Koppelung der Energiepreise war politisch durchaus gewünscht. Die daraus resultierende Preisstabilität sollte die Versorgungssicherheit garantieren. Derzeit wird auf europäischer Ebene diskutiert, ob eine derartige Koppelung der Gas- und Strompreise nach wie vor sinnvoll ist.

Österreichischer Gaspreisindex
Austrian Energy Agency
Der Gaspreis gilt als Leitindex für die Marktpreise auf dem Energiesektor

Wer einen neuen Energieliefervertrag abschließen muss, hat die Wahl zwischen fixen und flexiblen Tarifen, den Floater-Tarifen. Während bei einem Fixtarif monatlich gleichbleibende Beträge abgebucht werden, reagieren Floater-Tarife direkt auf Preisschwankungen und geben diese umgehend an die Kundinnen und Kunden weiter. Wenn die Preise wieder sinken, würden Nutzer eines Floater-Tarifs davon profitieren.

Experten: Floater-Tarif-Verträge keine gute Wahl

Brichta-Hartmann rät dennoch dringend davon ab, sich derzeit auf eine solche Großhandelspreiswette einzulassen. Die aktuellen Entwicklungen seien nicht unbedingt dazu angetan, die Situation auf den Energiemärkten zu beruhigen, und „wenn der Markt unruhig ist, werden sich die Preisausschläge nicht in die vom Konsumenten gewünschte Richtung entwickeln“, so die AK-Expertin.

Außerdem seien auch viele fixe Tarife heutzutage an einen Index gebunden, so Brichta-Hartmann. Preiserhöhungen oder gegebenenfalls Preissenkungen würden also auch hier an Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben. Allerdings in der Regel in Jahresabständen und nicht umgehend wie bei einem Floater-Tarif.

Tarifkalkulator hilft bei der Suche nach neuem Anbieter

Auch der Vorstand der E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, rät bei Neuabschlüssen zu einem Fixtarif, wenn möglich mit Preisgarantie. Den Tarifkalkulator der E-Control könne man sofort nach Erhalt des Kündigungsschreibens nutzen, sagt Urbantschitsch. Strom- und Gaslieferanten seien verpflichtet, ihre Angebote zu melden, insoweit sei der Tarifkalkulator vollständig. Man könne die Angebote zu einem späteren Zeitpunkt zwar noch einmal prüfen, aber an sich sei der Tarifkalkulator aktuell, so Urbantschitsch.

Screenshot: Tarifkalkulator
Screenshot: E-Control
Mit Hilfe des Tarifkalkulators der E-Control kann man nach neuen Energieanbietern suchen, das Sparpotenzial ist derzeit aber gering

Um diesen Onlinerechner zu nutzen, sollte man den ungefähren Verbrauch in Kilowattstunden kennen, diesen findet man auf der aktuellen Jahresabrechnung. Auch den Namen des bisherigen Anbieters und das aktuelle Produkt muss man eingeben, die Details dazu findet man im Liefervertrag. Dann werden verfügbare Angebote für die jeweilige Postleitzahl ausgegeben und die entsprechenden Mehrkosten angezeigt.

Anspruch auf Grundversorgung gesetzlich verankert

Wer angesichts der hohen Preise von einer Abschaltung bedroht ist, hat Anspruch auf Grundversorgung. Jeder Anbieter, der ein bestimmtes Gebiet beliefert, muss alle dort wohnhaften Betroffenen mit Energie versorgen. Auch die Netzanbieter müssen diese Grundversorgung zur Verfügung stellen. Die Voraussetzung ist, dass man sich auf die Grundversorgung beruft, auf der Website der E-Control findet man einen entsprechenden Musterbrief. Außerdem muss man eine Vorauszahlung in Höhe eines Monatsbeitrags bezahlen oder entsprechende Sicherheiten bieten können, so Urbantschitsch.

Bei Zahlungsschwierigkeiten das Gespräch suchen

Der Grundversorgungstarif darf nicht höher sein als der Preis, der „den meisten anderen Kunden des Unternehmens verrechnet wird“, müsste theoretisch also günstiger sein als ein regulärer Neuvertrag. Wer sich die zu leistende Vorkasse oder die derzeitigen Preise trotz allem nicht leisten kann, kann nach zwei unbezahlten Mahnungen abgeschaltet werden. In so einem Fall wäre man letztlich auf Sozialeinrichtungen angewiesen, sagt E-Control-Vorstand Urbantschitsch.

In so einem Fall sollte man sich eher früher als später an eine entsprechende Beratungsstelle wenden und das Thema offen ansprechen, rät Urbantschitsch. Eine Liste der Beratungsstellen ist auf der Website der E-Control abrufbar. Eine Lösung werde sich finden, verspricht der E-Control–Vorstand, denn „selbstverständlich soll niemand in diesem Land ohne Strom und ohne Heizung dastehen“.