Screenshot zeigt Powerbänder
Montage/Screenshot Zisano.at
Montage/Screenshot Zisano.at

Zisano: Lukrative Geschäfte mit wirkungslosen Armbändern

Viele Menschen fühlen sich nach zwei Jahren Pandemie einfach nur noch erschöpft. Im Handel floriert das Geschäft mit teuren Mittelchen und Produkten, die einen wieder fit und leistungsstark machen sollen, darunter etwa das „Powerband“ von Zisano. Alles esoterischer Unfug, so Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Wirksamkeit sei vergleichbar mit der eines Amuletts aus dem Mittelalter.

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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Es soll die Vitalität um ein Vielfaches steigern, das Immunsystem stärken, Müdigkeit entgegenwirken und ganz allgemein die Ausdauer und die Leistungskraft erhöhen. Mit diesen Versprechen bewirbt die österreichische Firma Zisano ihr so genanntes Powerband.

Optisch sieht es aus wie typischer Modeschmuck. Die billigste Ausführung aus Silikon kostet 48 Euro, ein Modell aus Segeltau oder Leder kostet 60 Euro. Der Preis liegt damit deutlich über dem, was für solche Modeaccessoires üblicherweise verlangt wird.

„Fit und vital“ will jeder sein

Die besondere Wirkung beruhe auf einem Silizium-Chip im Verschluss des Armbands, so Zisano auf seiner Website. Was dieser genau macht, wird jedoch nicht erklärt.

„Fit und vital – das sind Schlagwörter, die gut klingen. In unserer Leistungsgesellschaft möchte ja jeder fit, vital und leistungsfähig sein. Das sind Begriffe, die sehr subjektiv sind, sie lassen sich daher nur schwer in Zahlen oder mit physikalischen Methoden messen“, so Jana Meixner, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Plattform Medizin Transparent an der Donau Universität Krems, die Teil des internationalen Cochrane Netzwerkes ist.

Medizin Transparent hat sich auf die Überprüfung von Gesundheitsversprechen spezialisiert und wertet dafür bereits vorhandene wissenschaftliche Literatur aus.

„Esoterischer Unfug“

Statt auf Werbeaussagen der Hersteller traut man hier nur faktenbasierten Forschungsergebnissen und anerkannten seriösen Studien. Auch nach wissenschaftlichen Studien zum Powerband von Zisano wurde gesucht, die angebliche Wunderwirkung konnte jedoch nicht bestätigt werden.

„Silizium-Chips in Armbändern, die eine Auswirkung auf die Gesundheit haben sollen, das kann man als esoterischen Unfug bezeichnen“, so Meixner.

Screenshot der Produktseite
Screenshot Zisano.at

Chipexperte: „Wirkung schließe ich zu 100 Prozent aus“

Auf der Zisano-Website wird der Silizium-Chip als „weltweit einzigartig“ angepriesen, er behalte „für immer seine Wirkung“ und benötige dabei noch nicht einmal eine Batterie.

Help.ORF.at hat den renommierten Chipexperten Tibor Grasser um seine Einschätzung gebeten. Er ist Universitätsprofessor und Leiter des Instituts für Mikroelektronik an der Technischen Universität Wien.

„Silizium-Chips gibt es seit 60 Jahren. Sie stecken in vielen Geräten, wie zum Beispiel in Handys, Tablets etc. Silizium wird aus Quarz, also aus Sand am Meer sozusagen, gewonnen, in reinster Form hergestellt und dann gezielt dotiert, um elektronische Bauelemente herzustellen. Diese Bauelemente funktionieren aber nur, wenn man eine Spannung anlegt und Strom durchfließt. Ohne Stromversorgung tun sie genau nichts,“ so Grasser.

Ohne Akku oder Batterie kann der Siliziumchip im Armband des Herstellers Zisano also gar nicht funktionieren. „Eine Wirkung schließe ich zu 100 Prozent aus“, so der TU-Chipexperte.

„Nur Placeboeffekt möglich – wenn überhaupt“

Chip-Armbänder wie das Powerarmband sind in China-Shops für ein paar Cent erhältlich. Bei Zisano werden sie, wie erwähnt, je nach Variante um 50 bis 60 Euro verkauft.

Produkte wie diese könnten – wenn überhaupt – nur einen Placeboeffekt haben, so Meixner von Medizin Transparent. „Und dafür, dass es sich nur um eine Placebowirkung handelt, sind diese Produkte ziemlich teuer.“ Man könne genauso Hausmittel probieren, die oft auch nur über den Placeboeffekt wirkten, aber dabei weitaus billiger seien.

Studien oft ohne Aussagekraft

Zisano wirbt mit einem kurzen Youtube-Video und einer Studie, die aus einem deutschen Labor stammen soll. Das genannte Institut führt von Kunden bezahlte Auftragsstudien durch. Laut der Website Psiram, einem Internet-Nachschlagewerk, das sich mit Pseudowissenschaften, irrationalen Überzeugungssystemen und alternativer Medizin beschäftigt, fällt das Labor immer wieder durch Gutachten für fragwürdige Produkte auf.

Screenshot zeigt Peter Dartsch
Screenshot Zisano.at
Screenshot, das Video ist nicht klickbar

Solche vermeintlichen Gutachten und Studien seien typisch für den Vertrieb derartiger Produkte, so die Wissenschaftlerin. Wenn man dann aber genauer hinschaue, merke man oft, dass es sich nur um irgendwelche Messungen an Zellen im Labor handle, die keinerlei Aussagekraft über die Wirkung beim Menschen hätten.

Teils seien auf den Websites, die solche vermeintlichen Heilsbringer verkaufen wollen, auch englische Studien verlinkt, die garnichts mit dem eigentlichen Thema zu tun hätten. Hier würden die Anbieter darauf spekulieren, dass sich die Leserinnen und Leser in dem Bereich nicht auskennen und daher nicht bemerkten, dass die Studie mit dem Produkt überhaupt nichts zu tun habe. „Das haben wir auch schon oft gesehen“, so Meixner.

Anwendungshinweise für das Powerband

Auf der Website des Powerbands werden genaue Anwendungshinweise gegeben: Das Armband solle am linken Handgelenk getragen werden, da hier der stärkere Herzmeridian verlaufe, und beim Schlafen solle es besser abgenommen werden.

Die Vorstellung eines Herzmeridians kommt aus der Traditionellen Chinesischen Medizinlehre. Demnach soll im Körper Energie entlang solcher Meridiane strömen. Wird dieser Energiekreislauf gestört, sind Schmerzen oder Krankheit die Folge. Für die Existenz der Meridiane gibt es keine anerkannten Belege.

Je aufwendiger, desto vermeintlich wirksamer

„Es ist egal, ob man das Armband links oder rechts trägt, es wird keinen messbaren Effekt haben – egal wo es getragen wird,“ so Meixner von Medizin Transparent. Die Hersteller zielten mit solchen Anwendungshinweisen darauf ab, dem Produkt mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. „Je mehr rituelle Handlungen mit etwas verbunden sind, je mehr man selber aktiv tun muss, auf je mehr man achten muss, desto mehr glaubt man an eine Wirkung und desto besser wirkt es. Das weiß man aus Placebo-Studien“, so die Forschungsredakteurin.

Screenshot zeigt Thomas Muster
Screenshot Zisano.at
Screenshot, das Video ist nicht klickbar

Zisano: „Sind überzeugt von der wohltuenden Wirkung“

Help.ORF.at hat Zisano mit der Kritik, die Produkte seien teuer und wirkungslos, konfrontiert und zur Stellungnahme aufgefordert. „Wir sind überzeugt von der wohltuenden Wirkung unserer Produkte“ so die Firma. Man mache keine Heilsversprechen, sondern stelle lediglich Fakten zur Verfügung und biete mit den Produkten Hilfestellung an. „Wir können nur unsere Kundinnen und Kunden für uns und unsere Produkte sprechen lassen.“

Thomas Muster als Werbeträger

Als Kunden für das Powerband hat Zisano offenbar vor allem Sportler im Visier. So wurde der ehemalige Weltranglistentennisspieler Thomas Muster als Werbeträger verpflichtet. In einem Werbevideo auf der Zisano-Website und in einer Stellungnahme, die uns seine Agentur weitergeleitet hat, gibt er sich überzeugt: „Ich habe das Produkt mehrere Monate selbst getestet und ich kann nur sagen, dass es mir persönlich gut tut. Mir ist auch nicht bekannt, dass es einen wissenschaftlichen Beleg dafür geben soll und habe das auch nie behauptet.“

Sporthilfe: „Reines Merchandising“

Außerdem wurde eine Partnerschaft mit der Sporthilfe eingegangen, die zu Jahresbeginn all ihren 300 Mitgliedern eine Powerband schickte. Zisano stellte die Armbänder kostenlos zur Verfügung. Über einen eigens eingerichteten Onlineshop erhält die Sporthilfe zudem eine Provision, falls sie dort ein Band verkauft.

Angesprochen auf die fehlenden wissenschaftlichen Belege für eine Wirksamkeit, erklärte man gegenüber Help.ORF.at bei der Sporthilfe, dass man sich der Placebo-Wirkung bewusst sei und die Armbänder als reines Merchandising-Produkte sehe, die der Optik wegen getragen werden. Weitere Aktionen mit Zisano seien nicht geplant.

Meixner: „Powerband wirksam wie Mittelalter-Amulett“

Wer überlege zu solchen Produkten zu greifen, dem sollte klar sein, „dass es keine Wirkung gibt. Das fällt in die Kategorie magisches Denken. Das hat nichts mit Wissenschaft oder Gesundheit zu tun, sondern ist einfach nur Magie – wie im Mittelalter die Amulette“, so Meixner von Medizin Transparent.