Reparatur eines Smartphones
iFixit
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Nachfrage nach Reparaturbetrieben steigt

Unabhängige Reparaturdienste gibt es mittlerweile wieder viele, die Nachfrage steigt. Nicht allen Herstellern gefällt das, sie versuchen die Reparatur ihrer oft kurzlebigen Produkte so kompliziert wie möglich zu machen. Aber wie müssten Geräte in Zukunft entworfen werden, damit sie langlebig und reparaturfähig sind? Dieser Frage widmet die Umweltberatung eine umfassende Onlineveranstaltung.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Unabhängige Reparaturdienste findet man wieder häufiger. In Repair-Cafes können ambitionierte Bastlerinnen und Bastler selbst Hand anlegen, Plattformen wie iFixit stellen Reparatur-Videos ins Netz, publizieren Reparaturanleitungen und bieten günstig Spezialwerkzeuge für die Do-It-Yourself-Reparatur. Nicht alle Hersteller sehen das gerne, sie setzen Spezialkomponenten ein und entwerfen ihre Produkte so, dass unabhängige Reparateure sich möglichst die Zähne ausbeißen sollen.

Billige Geräte können letztlich teuer kommen

Das größte Problem sei, dass ein Marktversagen vorliegt, sagt Sepp Eisenriegler, er ist Gründer des Reparatur- und Service-Zentrums (R.U.S.Z) in Wien. Viele Konsumentinnen und Konsumenten hätten den Eindruck, dass die Reparatur im Vergleich zur Neuanschaffung teuer ist. Diese „Konsumtrotteln“ seien einfach „nicht in der Lage, die Investitionskosten mit der Nutzungsdauer zu verknüpfen.“

Im R.U.S.Z ist man unter anderem auf Waschmaschinen spezialisiert. Eine Stunde Vor-Ort-Service kostet etwa 150 Euro, eine günstige neue Billigwaschmaschine ist ab etwa 250 Euro zu haben. Auf den ersten Blick scheint die Neuanschaffung also günstiger. Ein Trugschluss, sagt Eisenriegler. Bei den günstigen Modellen handle es sich um Wegwerfprodukte, die nach drei bis fünf Jahren den Geist aufgeben und bei denen sich eine Reparatur dann tatsächlich nicht auszahlt. „Wir brauchen langlebige und leicht reparierbare Produkte, dann ist allen geholfen. Den Konsumenten, der Umwelt und dem Klimaschutz“, so Eisenriegler.

Zerlegtes Smartphone
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Fest verklebt und Spezialschrauben: Manche Hersteller machen Reparaturbetrieben die Arbeit schwer

EU will auf Reparierbarkeit und Kreislaufwirtschaft setzen

Schön langsam kommt auch Bewegung in die Sache. Im März 2020 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft vorgelegt, der sich unter anderem auf Abfallvermeidung konzentriert. Am 10. Februar 2021 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung an, in der schärfere Recyclingvorgaben und verbindliche Reduktionsziele bei der Verwendung und dem Verbrauch von Materialien bis 2030 gefordert werden.

Auch die „geplante Obsoleszenz“ wird zunehmend ernster genommen. Darunter versteht man absichtlich kurzlebig konstruierte Produkte. Durch instabile Bauteile oder Softwareprogrammierungen, die etwa in PC-Druckern nach einer vorher festgelegten Zahl von Druckaufträgen einen Fehler anzeigen lassen.

Positive Signale seitens der Industrie

Der Aktionsplan der Europäischen Kommission soll nicht nur für europäische Produkte gelten. Auch asiatische oder US-Unternehmen, die im Unionsraum Geschäfte machen wollen, sollen in die Pflicht genommen werden. Seitdem gebe es auch positive Signale seitens der europäischen Industrie, sagt Eisenregler. Der Vertreter eines bekannten Unternehmens für Haushaltsgeräte habe ihm gegenüber eingestanden, dass man sich der Problematik kurzlebiger Produkte durchaus bewusst sei. Man müsse jedoch erhebliche Marktnachteile in Kauf nehmen, wenn man auf hochwertige Materialien und Reparierbarkeit setze. Wenn klare Regelungen zur Kreislaufwirtschaft für alle Marktteilnehmer gleichermaßen gelten, könne man die Produktqualität selbstverständlich erhöhen.

Sepp Eisenriegler rät grundsätzlich dazu, beim Kauf elektrischer und elektronischer Geräte nicht zum billigsten Angebot zu greifen. Die Chancen, ein gut reparierbares Produkt zu erhalten, sei im oberen Preissegment zumindest höher. Wer außerdem auf die regelmäßige Wartung achtet, könne die Lebensdauer der Geräte oft entscheidend verlängern.

Smartphone der Firma Fairphone
Fairphone
Das Fairphone gilt in Sachen Reparierbarkeit und Umweltverträglichkeit als Vorbild

Vorsicht bei der Wahl des Reparaturbetriebs

Für Konsumentinnen und Konsumenten kann eine Reparatur aber auch durchaus unerfreuliche Folgen haben. Denn man begibt sich gewissermaßen in die Hände des Reparateurs. Blindes Vertrauen bei der Wahl des Betriebs ist hier fehl am Platz. Manche Reparaturbetriebe würden etwa bei defekten Waschmaschinen umgehend die gesamte Elektronik tauschen, statt den vorhandenen Fehler zielgerichtet zu reparieren, sagt Eisenriegler. In so einem Fall sei natürlich fraglich, ob das aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich eine wirtschaftlich sinnvolle Reparatur sei.

Auch manche KFZ-Werkstätten, die gerne nicht vorhandene Motorschäden diagnostizieren, PC-Reparateure, die, anstatt ein loses Kabel zu fixieren, lieber gleich das funktionierende Mainboard oder eine intakte Grafikkarte tauschen, haben der Branche keinen großen Gefallen getan. Von dubiosen Thermenwartungsbetrieben, die für eine 160 Euro-Reparatur auch mal vierstellige Beträge in Rechnung stellen, ganz zu schweigen. Bei der Auswahl des Betriebs sollte man also umsichtig sein.

Reparaturnetzwerk unterliegt unabhängiger Kontrolle

In Wien und Graz könne man sich beispielsweise auf Mitgliedsbetriebe des Reparaturnetzwerks verlassen, meint Eisenriegler. Hierbei handle es sich um einen Qualitätsverbund unabhängiger Reparaturdienste, „die wirklich reparieren wollen“. Auf schwarze Schafe werde man hier nicht stoßen. Mitglieder des Reparaturnetzwerks werden von der Umweltberatung kontrolliert. Bei wiederholten Beschwerden kommen auch Mystery-Shopper zum Einsatz. Sollte sich herausstellen, dass die Klagen der Kundinnen und Kunden zurecht bestehen, würden die betroffenen Betrieben aus dem Netzwerk ausgeschlossen, so Eisenriegler.

Reparatur eines MacBooks
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Mitgliedsbetriebe des Reparaturnetzwerks werden von der Umweltberatung kontrolliert

Manche Hersteller verzögern Lieferung von Ersatzteilen

Aber auch bei seriösen Dienstleistern kann es gelegentlich zu Problemen kommen, ein Kostenvoranschlag ist jedenfalls empfehlenswert. Wenn etwas nicht geklappt hat, muss der Reparateur beispielsweise ein zweites Mal kommen. Es kann auch Verzögerungen geben, wenn etwa bestimmte Bauteile nicht lagernd sind. Für Kundinnen und Kunden ist das zwar ärgerlich, die einzelnen Reparaturbetriebe sind an solchen Verzögerungen aber meist nicht schuld. Oft sind es die Hersteller, die die geforderten Bauteile trotz Zusage nicht liefern.

Gerade deswegen sei es wichtig, dass der Gesetzgeber verordnet, dass Produkte reparaturfreundlich entworfen werden müssen, sagt Peter Knobloch, er unterrichtet am Institut für Design an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Geräte, die bereits reparaturfreundlich entworfen worden sind, benötigen auch wenige Ersatzteile, so Knobloch. Das würde die Reparatur und somit auch die Zuverlässigkeit mancher Reparaturbetriebe deutlich erhöhen.

Bessere Qualität ohne erhebliche Mehrkosten

Kurzlebige Produkte werden zu günstigen Preisen angeboten. Was billig produziert wird und bereits nach kurzer Zeit ersetzt werden muss, kann zum Spottpreis abgegeben werden, die Masse macht den Profit. An unwirtschaftlich hohen Produktionskosten scheitert die Herstellung langlebiger Produkte jedenfalls nicht. Bereits eine geringe Qualitätssteigerung der zur Herstellung von Elektronikkomponenten verwendeten Materialien könne die Langlebigkeit des fertigen Produkts maßgeblich erhöhen. Zwar könnten die Anschaffungskosten in so einem Fall höher sein, das werde durch die Nutzungsdauer aber wieder wettgemacht, so Knobloch. Der Experte rechnet nicht damit, dass die Geräte letztlich exorbitant teurer würden.

Reparaturwerkzeuge für Smartphones
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Die Reparatur-Plattform iFixit bietet Reparatursets für die Do-It-Yourself-Reparatur

Umwelt- und Klimakrise erfordern rasches Handeln

Teuer wird dagegen unser bedenkenloser Umgang mit Rohstoffen. Umweltverschmutzung, Klimawandel und schwindende Biodiversität seien weit schwerwiegendere Probleme, als es in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts einmal der saure Regen und das Ozonloch waren. Damals konnte man mit vergleichsweise einfachen technischen Maßnahmen gegensteuern, so Knobloch. In Kühlschränken und Spraydosen kommen seitdem andere Treibmittel zum Einsatz, und Autos bekamen den Katalysator verpasst. Solche Lösungen bieten sich bei den aktuellen Umweltproblemen aber nicht an. Heute sind wesentlich weitergehende Umstellungen im System gefragt, sagt Knobloch.

Sepp Eisenriegler vom R.U.S.Z und Peter Knobloch von der Angewandten sind zwei der Vortragenden, die am kommenden Donnerstag, dem 17. März, zwischen 14:00 und 17:00 Uhr an der Onlineveranstaltung „Reparierbarkeit lernen“ der Umweltberatung teilnehmen. Weitere Gäste sind Lisa Cerny vom deutschen Umweltbundesamt und Steffen Vangerow, Geschäftsführer des deutschen Reparaturbetriebs Vangerow GmbH. Die Anmeldung ist kostenlos per E-Mail möglich, die Veranstaltung findet via Zoom statt.