Kundenbewertung eines Artikels beim Onlineshoppig
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Falsche Kundenbewertungen im Internet nehmen zu

Bei Onlinekäufen können Bewertungen und Sterne helfen, passende Produkte und Dienstleistungen zu finden. Doch unter echte Kundenmeinungen mischen sich auch gefälschte Erfahrungsberichte, nicht selten im Auftrag von Firmenagenten geschrieben. Und mit dem steigenden Onlinehandel nehmen auch die Fake-Bewertungen zu. Es gibt aber Möglichkeiten, diese zu erkennen.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Vor größeren Anschaffungen oder einer Urlaubsbuchung stellen viele Menschen erst einmal Vergleiche an, sie lesen Bewertungen und prüfen Sterne.

Diese Erfahrungsberichte sind eine wichtige Orientierungshilfe. Sie vermitteln Sicherheit beim Onlinekauf, wie eine Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens ergeben hat. Vor allem bei Zweifeln an der Seriosität eines Angebots sucht jeder Dritte im Internet gezielt nach den Erfahrungen anderer.

Amazon löscht 200 Millionen Fake-Bewertungen

„Bewertungen sind sehr hilfreich, wenn man nach etwas Bestimmtem sucht, etwa einem ruhigen Hotelzimmer oder einer Frühstückspension, die auch laktosefreie Milch anbietet“, so Thorsten Behrens, Projektleiter bei der Watchlist Internet, einer unabhängigen Informationsplattform zu Internetbetrug. „Man muss aber auch aufpassen, weil es sehr viele gefälschte Erfahrungsberichte zu Produkten, Reisen und Dienstleistungen gibt.“

Um die Größenordnung zu veranschaulichen: Allein der US-Riese Amazon machte eigenen Angaben zufolge 2020 weltweit 200 Millionen falsche Produktbewertungen ausfindig und löschte sie. Verkäufer und Agenturen hatten mit den erkauften Bewertungen versucht, den Absatz zu manipulieren.

Gefälschte Bewertungen erkennen

Fake-Bewertungen sind nicht immer eindeutig zu erkennen. „Ein Hinweis ist zum Beispiel die Häufung sehr vieler positiver Bewertungen innerhalb kurzer Zeit, etwa wenn ein Onlineshop gerade erst entstanden ist“, so Behrens. Sehr viele positive, nichtssagende Bewertungen seien auf jeden Fall verdächtig.

Vorsicht ist auch bei sehr knapp gehaltenen Bewertungen angebracht. Euphorische Rezensionen mit zahlreichen Superlativen legen ebenfalls den Verdacht nahe, es könnte sich um bezahlte Berichte handeln.

Echte von falschen Sternen unterscheiden

Sterne oder eine gewisse Punkteanzahl sind auch nicht unbedingt aussagekräftiger. „Sie sind bestenfalls eine gute, erste Orientierung – mehr nicht.“ Gibt es zu einem Produkt nur fünf, sechs durchwegs positive Berichte sei das weniger aussagekräftig als hunderte oder gar tausende Rezensionen, die neben guten auch schlechte Eindrücke beinhalten. „Das zeigt zumindest eine gewisse Tendenz“, so Behrens.

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Lob oder Kritik – Kunderbewertungen beeinflussen das Kaufverhalten

EU-Erhebung über irreführende Verbraucherwerbung

Das europäische Netzwerk von Verbraucherschutzbehörden überprüfte im Herbst 2021 EU-weit, wie genau es Onlineshops, Marktplätze, Buchungswebsites, Suchmaschinen und Preisvergleichsdienste bei Kundenbewertungen nehmen. Erhoben wurde, ob die Anbieter sicherstellen, dass die Erfahrungsberichte nicht gefälscht sind.

„Da schaut es eher schlecht aus, die Bandbreite ist hier sehr groß“, so Behrens. Einige Unternehmen würden sich mehr bemühen, indem sie etwa nur verifizierte Käufer und Bucher zulassen. „Andere lassen eigentlich jeden zu und überprüfen das überhaupt nicht“.

Die Behörden kontrollierten 223 große Websites. Bei mehr als der Hälfte konnten sie nicht bestätigen, dass die Firmen genug unternehmen, um sicherzustellen, dass die Bewertungen authentisch sind. 104 Websites informierten die Verbraucher auch nicht darüber, wie Bewertungen gesammelt und verarbeitet werden. 84 machten das zumindest im Kleingedruckten.

EU führt Strafen für Fake-Bewertungen ein

Das soll sich bald ändern. Mit 28.Mai 2022 sind in der EU Kauf und Verkauf sowie Abgabe falscher Verbraucherbewertungen zur Produktbewerbung verboten. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Maximalstrafen in Höhe von vier Prozent des Jahresumsatzes. Die neue EU-Richtlinie ist seit Dezember 2020 in Kraft und muss in Österreich bis Ende Mai umgesetzt werden.

Thorsten Behrens ist skeptisch, ob sich die EU-Vorgaben auch wirklich überprüfen lassen. Allzu oft fänden unseriöse Onlineshops eine Hintertüre, etwa indem Fake-Käufe getätigt werden, um danach eine positive Bewertung abgeben zu können.

Besser auf unabhängige Tests verlassen

Bei all den Sternen, Punkten und Erfahrungsberichten anderer darf man auch eines nicht vergessen: Es sind subjektive Eindrücke und keine objektiven Tests.

Um nicht in die Falle zu tappen, sollte man sich vor dem Kauf genau überlegen, welche Aspekte bei einer Dienstleistung, einer Reise oder einem Produkt wichtig sind. „Braucht man zum Beispiel einen besonders leisen Staubsauger, sollte man nach jenen Bewertungen suchen, die Angaben zu der Lautstärke des Gerätes enthalten“, so Behrens. Alle anderen Meldungen sollte man ausblenden, ignorieren und erst gar nicht lesen.