Zündvorrichtung einer in Betrieb befindlichen Gastherme
dpaNorbert Fürsterling
dpaNorbert Fürsterling

Hohe Energiepreise: Am Jahresende drohen erhebliche Nachzahlungen

Die Energiepreise sind stark gestiegen, mittlerweile dürften viele Endkunden über entsprechende Preiserhöhungen informiert worden sein. Wie hoch die zusätzlichen Kosten genau ausfallen werden, wird aber meist eher vage kommuniziert. Die Teilzahlungsbeträge für 2022 wurden außerdem oft nicht angepasst, das dicke Ende kommt nach. Was Konsumentinnen und Konsumenten nun beachten sollten.

„Die aktuelle Entwicklung der Großhandelspreise am Energiesektor macht es erforderlich, dass wir den Preis ihres Tarifs mit 1. Jänner 2022 anpassen.“ Diesen Hinweis des Energieanbieters dürften mittlerweile die meisten Kundinnen und Kunden per Post bekommen haben.

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Wie hoch genau die Rechnung künftig ausfallen wird, bleibt in den Schreiben eher vage. Entweder wird die Mehrbelastung anhand eines durchschnittlichen Jahresverbrauchs mehr oder minder geschätzt, oder es werden nur der neue Grundpreis und der Arbeitspreis pro Kilowattstunde angegeben. Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, rät dazu, im Zweifelsfall den Anbieter zu kontaktieren, wenn man aus dem Schreiben nicht ganz genau erkennen kann, wie viel man ab nun insgesamt für Strom und Gas bezahlen muss.

Gesamtenergiekosten als Rechenaufgabe

Die präzisen Energiekosten zu errechnen, kann durchaus zum Problem werden. Sie setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen. Einerseits entstehen Kosten für den Strom-, beziehungsweise Gasverbrauch, auf der anderen Seite handelt es sich hier um Energieträger, die über Leitungen zu den Kundinnen und Kunden transportiert werden müssen, so Urbantschitsch.

Ein Stromzähler zeigt in einem Mietshaus die verbrauchten Kilowattstunden an
APA/zb/Jan Woitas
Preiserhöhungen wurden oft nur pro Kilowattstunde angegeben, die Teilzahlungsbeträge bleiben bis Jahresende unverändert

Das hat zur Folge, dass man eine Nutzungsgebühr für die Gas- und Stromleitungen bezahlen muss, da es kostenaufwendig ist, diese Infrastruktur zu betreiben. Die Rede ist von der so genannten Netzgebühr. Die Preise für die Nutzung des Strom- und Gasnetzes sind reguliert, da es für die verschiedenen Regionen in Österreich nur jeweils einen lokalen Netzanbieter gibt, sagt Urbantschitsch. Die Netzgebühren werden zu den eigentlichen Energiekosten addiert und machen etwa ein Drittel der Gesamtrechnung aus.

Teilzahlungsbeträge werden oft erst Ende 2022 angepasst

Zumindest bei gleichbleibendem Verbrauch bleiben die Netzgebühren derzeit unverändert, sagt Urbantschitsch. Zusätzlich zu Verbrauchs- und Netzkosten wird aber noch die Umsatzsteuer fällig. Auch deswegen sollte man ein Schreiben des Energieanbieters genauer unter die Lupe nehmen, um sicherzugehen, dass sich die ausgewiesenen Mehrkosten auf die Gesamtrechnung beziehen und nicht nur auf die reinen Energiekosten.

Strom- und Gasrechnungen werden meist über zuvor anhand des Jahresverbrauchs berechnete Teilzahlungsbeträge beglichen. Und Achtung: Die aktuellen Preiserhöhungen wurden von vielen Lieferanten noch nicht in die monatlich fälligen Teilzahlungsbeträge einkalkuliert. Eine erhebliche Nachzahlung zu Jahresende ist also programmiert. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten hier eventuell schon jetzt selbst aktiv werden, sagt der E-Control-Vorstand. Wer über den entsprechenden finanziellen Spielraum verfügt, kann überlegen, die Teilzahlungsbeträge anheben zu lassen, um allzu hohen Nachzahlungen am Jahresende vorzubeugen. Wer das möchte, sollte den Energieanbieter davon in Kenntnis setzen, so Urbantschitsch.

Rechnung, Geldscheine und ein Taschenrechner
APA/ROLAND SCHLAGER
Einmazahlungen und Streichung der Ökoförderungen sollen Preiserhöhungen abfedern

Einmalzahlung von 150 Euro soll Preissteigerung abfedern

Um Härtefälle abzufedern, hat die Bundesregierung in der vergangenen Woche das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) abgeändert. Dadurch ergeben sich unter anderem auch Verbesserungen für Konsumentinnen und Konsumenten, sagt der Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV) Peter Kolba. Wenn es durch die Preisanstiege zu erheblichen Nachzahlungen kommt, sei der Energieanbieter nun gesetzlich dazu verpflichtet, Ratenzahlungen anzubieten, damit die Kundinnen und Kunden nicht durch hohe Einmalzahlungen überlastet werden, so Kolba.

Angesichts der gestiegenen Preise wurden die Ökostromförderbeiträge für das Jahr 2022 auf Null gesetzt. Eine Entlastung, die für einen durchschnittlichen Haushalt mit etwa 100 Euro im Jahr spürbar werden dürfte, sagt E-Control-Vorstand Urbantschitsch. Wer außerdem weniger als die ASVG-Höchstbeitragsgrundlage von aktuell 5.670 Euro brutto verdient, soll einen einmaligen Zuschuss von 150 Euro erhalten. Bedürftige sollen darüber hinaus eine weitere Einmalzahlung, ebenfalls in Höhe von 150 Euro, angerechnet bekommen. Die Beträge werden voraussichtlich in Form einer Gutschrift auf die Energierechnung an die Haushalte ausbezahlt, so Urbantschitsch.

VSV-Obmann: „Tropfen auf dem heißen Stein“

Die Opposition zeigt sich von den Maßnahmen wenig beeindruckt. Während die SPÖ einen allgemeinen Teuerungsausgleich fordert, spricht sich NEOS für längerfristige Maßnahmen aus und fordert einmal mehr die Abschaffung der kalten Progression. Auch Verbraucherschützer Peter Kolba sieht in den Zuschüssen vor allem eine PR-Aktion der Regierung. Es handle sich um eine Einmalzahlung, so Kolba. Da es bei Energieverträgen aber um laufende Zahlungsverpflichtungen geht, seien die beschlossenen 150 Euro lediglich „ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Frau sitzt vor einem Tisch mit Rechnungen
Getty Images/Z+/Ziga Plahutar
Manche Energiediskonter sind finanziell unter Druck geraten und kündigen nun laufende Verträge

Mehrkosten von 500 oder sogar 1.000 Euro könnten laut Kolba beispielsweise auf Kunden des Energiediskonters Maxenergy zukommen. Das Unternehmen hatte Lieferverträge mit einer Preisgarantie für 18 Monate angeboten. Im Zuge der steigenden Großmarktpreise wurden viele Kundinnen und Kunden nun gekündigt. Die Betroffenen werden dadurch geschädigt, weil sie sich nun einen neuen Anbieter suchen müssen und daher für mindestens sechs Monate einen weit höheren Tarif als den von Maxenergy garantierten Preis zahlen müssen, so Kolba.

Maxenergy: Vertragskündigung trotz Preisgarantie

Der VSV sammelt nun Betroffene, man will den Schaden berechnen und nötigenfalls auch gerichtlich einklagen. VSV-Obmann Kolba rät Betroffenen, sich an Maxenergy zu wenden und das Unternehmen aufzufordern, der vertraglich fixierten Lieferverpflichtung nachzukommen. Anderenfalls werde man einen anderen Anbieter wählen und die entstehenden Mehrkosten mittels Schadenersatz geltend machen. Eine Vorgangsweise, die übrigens auch Wolfgang Urbantschitsch von der E-Control für solche Fälle empfiehlt. Neben dem Verbraucherschutzverein können sich Betroffene auch an den Verein für Konsumenteninformation (VKI) wenden.

Maxenergy verweist gegenüber help.ORF.at darauf, dass bei den fraglichen Verträgen eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten bestanden hat. Damit habe man sich an die Vorgaben des Bestbieterverfahrens „Energiekostenstop“ des VKI gehalten. Das Unternehmen war als Bestbieter beim VKI-Energiekostenstop hervorgegangen. Hinsichtlich der Preisgarantie von 18 Monaten wurde „im Vertrag festgehalten, dass für die Dauer der Preisgarantie keine Preiserhöhungen durchgeführt werden, sofern ein aufrechtes Vertragsverhältnis besteht.“, wie es heißt. Da die Verträge aber fristgerecht gekündigt wurden, sei auch die damit verbundene Preisgarantie hinfällig, da kein aufrechtes Vertragsverhältnis mehr bestehe, so Maxenergy.

Anbieterwechsel bringt keine Ersparnis

Wer mit der angekündigten Preiserhöhung nicht einverstanden ist, kann innerhalb von vier Wochen widersprechen und sich einen neuen Anbieter suchen. Wer gekündigt wurde, muss klarerweise einen neuen Lieferanten wählen. Dafür bieten sich Vergleichsportale wie der Tarifkalkulator der E-Control oder „durchblicker.at“ an. Der Vertrag läuft in so einem Fall aus, drei Monate lang muss der alte Vertragspartner die Kunden aber noch mit Energie versorgen.

Gaspreisindex – Februar 2022
Austrian Energy Agency
Experten rechnen mit weiteren Preissteigerungen in den nächsten Jahren

Mit einem Anbieterwechsel konnte man in der Vergangenheit durchaus Geld sparen, diese Zeiten scheinen im Moment aber vorbei zu sein. Wer nämlich kürzlich nach einem günstigeren Energielieferanten gesucht hat, wird bemerkt haben, dass meist der bereits bestehende Vertrag als bester Tarif ausgewiesen wird. Ganz egal, von welchem Anbieter man gerade die Energie bezieht.

Experten: „Energiepreise werden weiter steigen“

Momentan werden bei Neukunden weit höhere Tarife verlangt als bei Bestandskunden. Das habe damit zu tun, dass die Energieunternehmen die benötigten Rohstoffe für ihre Bestandskunden bereits eingekauft haben, so E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch. Zu einem Zeitpunkt, als die Großhandelspreise noch günstig waren. Für Neukunden müssen die Liefermengen zu den aktuellen Marktbedingungen beschafft werden, die höheren Rohstoffpreise werden an Neukunden entsprechend weitergegeben.

Die Teuerung ist in Österreich so hoch wie schon lange nicht. Die Energiepreise haben großen Anteil daran. Und die werden in den kommenden Jahren weiter steigen, da sind sich viele Experten sicher. Von staatlicher Seite könne man sich in dieser Situation wohl keine große Hilfe erwarten, sagt Verbraucherschützer Peter Kolba. Gegen eine Steigerung der Weltmarktpreise, die dann auf den Einzelhandel durchschlagen, könne man rechtlich nicht vorgehen. Eine Regierung müsste sich bewusst entscheiden, die Preise gesetzlich zu regulieren. Von solchen Regulierungen werde in einer freien Marktwirtschaft aber generell meist Abstand genommen, so Kolba.