Shell Zapfsäule
Beate Macura ORF.at
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V-Power, MaxxMotion: Wann sich Premiumsprit auszahlt

Neben normalem Benzin und Diesel werden bei den meisten Tankstellen auch teurere Premiumtreibstoffe angeboten, die mit Zusatzstoffen versetzt sind. Laut den Mineralölkonzernen sollen diese mehr Leistung, weniger Verbrauch und ein längeres Motorleben mit sich bringen. Doch lohnt sich das teure Tanken wirklich?

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

In Europa legen die beiden Normen EN 590 für Diesel und EN 228 für Benzin die Mindestanforderungen für diese Kraftstoffe fest. So ist sichergestellt, dass jedes in Europa angebotene und zugelassene Fahrzeug mit jedem in Europa an einer Tankstelle angebotenen Kraftstoff betrieben werden kann.

Neben den Standardkraftstoffen werden an fast allen Tankstellen Spritsorten der Premiumklasse angeboten. Sie tragen klingende Namen wie Maxxmotion, Ultimate und V-Power, versprechen mehr Leistung, weniger Verbrauch und ein längeres Motorleben – und sie sind deutlich teurer.

Aufwendige Produktionsprozesse

„Man könnte meinen, es handelt sich um Mogelpackungen, tut es aber nicht,“ so Steffan Kerbl, Techniker beim ÖAMTC in Wien. „Hier versuchen die Hersteller zu beweisen, wozu sie in der Lage sind, quasi was mit Serienkraftstoffen möglich ist.“ Die Produktion der Edelkraftstoffe ist aufwendiger, zudem sind sie mit Additiven versetzt.

OMV Tankstelle
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Auf Nachfrage von help.ORF.at gab die OMV an, dass derzeit 1,17 Prozent der Tankkunden zu Premiumsprit greifen

Weniger Ablagerungen

„Beim Premiumbenzin werden etwa mineralische Verunreinigungen im Sprit herausgefiltert und über das Hinzugeben von Additiven wird vor allem das Verhalten beim Einspritzvorgang verbessert“, so Kerbl. Der Kraftstoff hält die Einspritzdüsen länger sauber, sie können nicht so leicht verstopfen. Was dazu führt, dass der Verbrennungsprozess optimal ablaufen kann und es nicht so viele Ablagerungen im Motorraum zurückbleiben.

Die höheren Oktanzahlen von 100 in den Premiumkraftstoffen bringen hingegen keinen Vorteil, außer man nennt einen Supersportwagen wie einen Ferrari sein Eigen. Die Motoren normaler Autos können die höhere Oktanzahl nicht ausnutzen, der theoretische Nutzen verpufft, es gibt keine Leistungssteigerung.

Premiumbenzin, wenn Motor nicht mehr rund läuft

Im Alltag kommen die Motoren zwar gut mit dem Standardbenzin aus. In manchen Fällen kann aber auch ein Premiumkraftstoff sinnvoll sein, so der ÖAMTC-Techniker. „Wir empfehlen Premiumbenzin vor allem dann, wenn wir feststellen, dass Motoren nicht mehr so rund rennen. Das kommt besonders bei den modernen direkteinspritzenden Benzinmotoren ab und zu vor. Da kann es durchaus sein, dass man mit ein, zwei Füllungen eines solchen Premiumkraftstoffs spürbar den Motorlauf wieder verändert.“

Premiumdiesel flockt im Winter nicht aus

Beim Dieselkraftstoff ist der Unterschied zwischen normal und premium vor allem im Winter größer. Standarddiesel enthalte zum Einleiten des Zündvorgangs Paraffin. Dieses Paraffin habe aber besonders bei niedrigen Temperaturen das Problem, dass es beginne Flocken zu bilden. „Das sieht dann wirklich so aus wie Kerzenwachs-Flankerln und die können natürlich Filter verstopfen“, so Kerbl. Bei Minus zehn Grad oder noch tieferen Temperaturen sorge dies regelmäßig für Startprobleme bei Diesel-Pkw und entsprechend vielen Anrufen bei der ÖAMTC-Pannenhilfe.

Hier sei es tatsächlich so, dass der Premiumkraftstoff mehr Reserven biete, so Kerbl. Neben dem Hinzufügen von Additiven, die reibungsminimierend und reinigend wirken, wird das Paraffin aus dem Kraftstoff entfernt und durch andere Substanzen ersetzt, die Temperaturen von minus 20 Grad und niedriger aushalten und das Auto verlässlich starten lassen.

Biodiesel-Anteil nicht mehr zu spüren

Desweiteren werde beim Premiumdiesel ein großer Aufwand betrieben, etwaige negative Eigenschaften des gesetzlich vorgeschriebenen Pflanzenöl-Anteils von sieben Prozent zu beseitigen. „Hier wird der Fettmethylester, der üblicherweise unbehandelt beigemischt wird, nochmal in einem Hydrierungsprozess nachbehandelt und man erhält dann eigentlich synthetischen Diesel, der als Additiv in den Kraftstoff kommt“, so Kerbl.

Premium bei Anomalien am Auto sinnvoll

Doch wer benötigt den Premiumdiesel eigentlich? Im Normalfall kommen sämtliche Autos genauso gut mit dem Standarddiesel voran. Kerbl vom ÖAMTC empfiehlt die Premiumvariante dann, wenn man erste Anomalien beim Fahrzeug feststellt.

„Wenn der Motor nicht mehr so rund läuft, man schon viele Kilometer drauf hat, man vielleicht schon bei der Pickerlüberprüfung ermahnt wurde, dass die Abgaswerte nicht mehr ganz so gut sind – in diesen Situationen ist es nicht schlecht, dem Auto ab und zu mal einen vollen Tank Premiumkraftstoff zu gönnen“, so der ÖAMTC-Techniker.

Vielfahrer mit Standarddiesel gut dran

Vor allem Vielfahrer, die regelmäßig lange Strecken fahren, kommen gut mit normalem Diesel aus – auch die ÖAMTC-Pannenflotte ist mit Standardsprit unterwegs. Wird nur wenig und wenn, dann nur kurze Strecken gefahren, kommt der Motor nicht richtig auf Betriebstemperatur und Ablagerungen bilden sich schneller. Hier kann gelegentliches Premiumtanken die Lebensdauer verlängern.

Vor Fahrt in den Urlaub: Premium tanken

Ein Ganz oder garnicht gibt es hier nicht. „Man muss sich nicht entscheiden und entweder immer Premiumsprit tanken oder garnicht. Es ist beliebig mischbar“ so Kerbl.

Sinnvoll sei es zum Beispiel bei der Fahrt in den Winter- oder Sommerurlaub bei der ersten Tankfüllung auf Premiumsprit zu setzen. „Da ist das Auto vollgepackt und man fährt dann sehr lange auf der Autobahn, und damit ist sichergestellt, dass der Kraftstoff seine Wirkung auch entfalten kann. Solche Gelegenheiten sind optimal, um sich diese etwas teureren Spritsorten in den Tank zu leeren.“, so der Techniker. „Und die restliche Zeit des Jahres macht man es ganz einfach, wie man glaubt.“