Frau zeigt auf Bildschirm mit rotem Kleid in Onlineshop
AFP/JOHN MACDOUGALL
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Geschäft vs. Webshop: Kommt Rückgaberecht für Alle?

Während die Umsätze im Onlinehandel jährlich um Milliarden wachsen, schrumpft der stationäre Handel. Das liegt wohl nicht nur an Pandemie und Lockdown, von denen Webshops besonders profitierten, sondern auch an einem entscheidenden Vorteil gegenüber dem klassischen Geschäft: dem 14-tägigen Rücktrittsrecht. Dieses Recht wird immer mehr als Selbstverständlichkeit empfunden. So sehr, dass es wohl nur eine Frage der Zeit sein dürfte, bis die Regel für den gesamten Handel gilt.

Wenn die Antwort nicht gerade, wie derzeit wieder, durch Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung vorweg genommen wird, fällt die Frage, ob online oder Geschäft gekauft werden soll, immer häufiger zugunsten des Versandhandels aus. Zahlen des Handelsverbands zufolge wurde 2020 um acht Milliarden Euro online eingekauft, ein Rekord, der bereits kassiert wurde: Heuer waren es schon 10,4 Milliarden. Für den stationären Handel gibt es noch keine Zahlen aus dem laufenden Jahr, 2020 brachte jedoch einen Rückgang von 1,3 Prozent – auf immerhin noch 67,6 Milliarden Euro.

Recht auf Umtausch nur gefühlt

Noch hat das klassische Geschäft also die Nase vorne, der Trend ist Branchenanalysen zufolge jedoch offensichtlich. Onlinebestellungen haben eindeutige Vorteile: keine Öffnungszeiten, kein Gedränge, großes Sortiment, kein Anstehen – und vor allem: überlegt man es sich anders, gibt man das neu Gekaufte einfach zurück.

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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Daran hat man sich bereits so sehr gewöhnt, sagt Sebastian Schumacher, Rechtskonsulent der Ö1-Konsumentenredaktion, dass viele daraus ein grundsätzliches Recht machten. Das sei jedoch ein Mythos: „Wenn ich im normalen, stationären Handel eine Ware kaufe, dann ist der Kaufvertrag rechtsgültig abgeschlossen. Ich habe weder das Recht, innerhalb einer bestimmten Zeit zurückzutreten, noch die Ware umzutauschen.“

Sonderfall Onlinehandel: Katze im Sack

Beim Onlinehandel ist genau das anders. Diese Spezialregel gibt es seit rund 20 Jahren, als europarechtliche Vorschriften in Österreich umgesetzt wurden. Deren Ziel war es zwar vor allem, dass der Onlinehandel, besonders grenzüberschreitend, gestärkt wird. Analog dazu habe man jedoch auch die Konsumentenrechte kräftigen müssen, so Schumacher: „Berücksichtigt werden muss ja, dass jemand, der online eine Ware bestellt, keine Möglichkeit hat, sie zu überprüfen, sondern die Katze im Sack kauft.“

Weil man eben nicht die Chance hat, Dinge aus- oder anzuprobieren, sich beraten zu lassen und direkt zu vergleichen, bekommt man das Recht, die Waren innerhalb von zwei Wochen zurückzugeben – ohne erklären zu müssen, warum. Juristisch gesehen ist das keine Kleinigkeit, sagt Schumacher: der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind und nicht einfach so einseitig gekündigt werden können, sei für unsere Rechtsordnung wesentlich.

Rücktrittsrecht für Alle vereinfacht Gewährleistungsfälle

Dennoch wäre ein Rücktrittsrecht im gesamten Handel eine gute Idee, wegen des leidigen Problems der Gewährleistung. Zwar hat man das Recht, mangelhafte Ware zurückzugeben, umzutauschen oder reparieren zu lassen, ein Mangel muss jedoch erst einmal bewiesen werden. In der Praxis gebe es immer wieder Diskussionen: „Was ist jetzt mit diesem Mangel, wann ist er entstanden, und so weiter. Da ist es natürlich viel einfacher, wenn ich grundlos zurücktreten kann“, so Schumacher.

UK: 30 Tage „Right to Reject“

In Großbritannien ist das bereits der Fall. Das britische „Right to Reject“ (das Recht, abzulehnen) erlaubt es, Waren innerhalb von 30 Tagen an den Händler zurückzugeben und den Kaufpreis erstattet zu bekommen. In Österreich wurde eine ähnliche Regelung in den vergangene Jahren in Zusammenhang mit dem neuen Gewährleistungsrecht zwar diskutiert, scheiterte jedoch an mangelnder Begeisterung auf Wirtschaftsseite.

Diese Haltung werde sich ändern, meint Schumacher. Das allgemeine Rücktrittsrecht im Handel werde kommen, und zwar nicht, weil Konsumentenschützer es forderten. Schumacher geht davon aus, dass die Wirtschaft selbst dafür eintreten wird. Der kleine Unterscheid zum Onlinehandel ist zu einem echten Nachteil geworden, und die Erwartungshaltung der Konsumentinnen und Konsumenten sei eindeutig. Einige große Handelsketten bieten bereits großzügige Rückgabefristen auch für im Geschäft gekaufte Waren. Die Rechtslage werde letztlich der Realität angepasst werden.