Zündvorrichtung einer in Betrieb befindlichen Gastherme
dpaNorbert Fürsterling
dpaNorbert Fürsterling

Steigende Gaspreise für Haushalte (noch) kein Grund zur Panik

Die Gaspreise ziehen derzeit stark an und werden wohl auch weiter steigen. Viele Bezieherinnen und Bezieher müssen sich momentan aber noch keine großen Sorgen machen, bei Standardverträgen kann der Energielieferant die Preise nicht unbemerkt anheben. Wenn jedoch demnächst ein Schreiben des Anbieters im Briefkasten landet, sollte man auf der Hut sein.

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In knapp einem Viertel der österreichischen Haushalte wird mit Gas geheizt, in der Bundeshauptstadt Wien ist etwa in der Hälfte der Haushalte eine Gasheizung in Betrieb. Allerdings: Die Preise steigen. Allein im vergangenen Monat stieg der von der Österreichischen Energieagentur berechnete Gaspreisindex um gut 30 Prozent.

Floater-Tarife werden an Preissteigerungen angepasst

Zu spüren bekommen werden diese Entwicklung zunächst einmal Verbraucherinnen und Verbraucher, die über einen so genannten Floater-Tarif verfügen. Bei so einem Vertrag wird der zu zahlende Betrag monatlich an den Handelspreis angepasst, erklärt der Vorstand der zuständigen Regulierungsbehörde E-Control Wolfgang Urbantschitsch. Da sich der Gaspreis allein in den vergangenen Monaten mehr als verdoppelt habe, werden Kundinnen und Kunden, die einen Floater-Vertrag haben, auch die entsprechenden Auswirkungen spüren.

Österreichischer Gaspreisindex
Austrian Energy Agency
Verbraucherinnen und Verbraucher, die über einen Floater-Vertrag verfügen, werden die Preissteigerungen unmittelbar spüren

Die überwiegende Mehrzahl der Bezieherinnen und Bezieher verfügen allerdings über Standardverträge. Ein guter Indikator dafür, dass man einen Standard-Vertrag und keinen Floater-Tarif nutzt, ist, dass monatlich gleiche Beträge als Teilzahlung abgebucht werden. Für Verbraucherinnen und Verbraucher, die einen Standardtarif nutzen, werde sich zumindest vorläufig einmal nichts ändern, sagt Urbantschitsch. Viele Unternehmen hätten außerdem mitgeteilt, dass sie die Entwicklung zumindest bis zum Ende des Jahres abwarten beobachten wollen.

Gestiegener Energiebedarf durch Lockdown und Homeoffice

Wenn auf der kommenden Jahresabrechnung also höhere Teilbeträge aufscheinen, so habe das noch nichts mit den gestiegenen Rohstoffpreisen zu tun. Höhere Energiekosten könnten auch auf die Covid-Krise zurückzuführen sein, inklusive Homeoffice und Lockdown. Entscheidend sei aber natürlich die Frage, ob der eigene Energielieferant daran denkt, im kommenden Jahr bei Bestandskunden eine Vertragsänderung vorzunehmen und die Preise zu erhöhen, so Urbantschitsch.

Eine junge Frau sitzt vor einem Laptop
Getty Images/Francisco Marques/Eyeem
Durch Lockdown und Homeoffice könnten die Teilzahlungsbeträge für das kommende Jahr erhöht haben

Bei den meisten Standardverträgen werden die Energiepreise für zwölf Monate garantiert. Wird der Vertrag vor Ablauf dieser Frist nicht gekündigt, so läuft er unter den vereinbarten Bedingungen weiter. Also auch zu den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preisen. Für die meisten Kundinnen und Kunden bestehe also vorläufig noch kein Grund zur Panik. Es sei nicht zulässig, dass der Energielieferant die Preise einseitig und unangekündigt erhöht, so der E-Control-Vorstand.

Anbieter muss Kunden über Preiserhöhung informieren

Eine Preisanpassung bedeute automatisch eine Änderung der Vertragsbedingungen. Der Energielieferant sei in so einem Fall verpflichtet, die Kundinnen und Kunden schriftlich darüber zu informieren, dass die Preise zu einem bestimmten Zeitpunkt erhöht werden. Die von der Vertragsänderung betroffenen Konsumentinnen und Konsumenten hätten in so einem Fall das Recht, aus dem Vertrag unverzüglich auszusteigen.

Sollte ein Lieferant planen, die Energiepreise ab kommendem Jänner zu erhöhen, müsste ein entsprechendes Informationsschreiben bis spätestens Dezember im Briefkasten liegen, so Urbantschitsch. Wenn man der Preiserhöhung dann widerspricht, hat das zur Folge, dass der Vertrag mit dem Anbieter endet. In so einem Fall sei es natürlich wichtig, umgehend einen neuen Energieversorger zu wählen.

Tarifkalkulator hilft bei Anbieterwechsel

Der Tarifkalkulator der E-Control bietet einen Überblick über alle in Österreich verfügbaren Gas- und Stromanbieter. Ein Anbieterwechsel könne in jedem Fall sinnvoll sein – auch jetzt noch, wo die Jahresendabrechnung bereits vor der Tür steht. Viele Anbieter machen Angebote, bei denen die Preise zumindest bis Ende des kommenden Jahres garantiert werden. Ein Preisvergleich sei daher in jedem Fall sinnvoll, wenn der aktuelle Energielieferant daran denken sollte, die Preise anzuheben, so Urbantschitsch.

Screenshot: Tarifkalkulator
Screenshot: E-Control
Um den Tarifkalkulator der E-Control optimal nutzen zu können, sollte man den Energiebedarf in Kilowattstunden kennen

Um den Vergleich durchführen zu können, muss man den Netzbetreiber, den bisherigen Anbieter und die Postleitzahl eingeben. Außerdem sollte man wissen, wie hoch der eigene Energiebedarf in Kilowattstunden ist. Diese Information kann man in den Jahresabrechnungen der vergangenen Jahre ablesen. Wer die Jahresabrechnung nicht mehr zur Hand hat, kann in den Kalkulator auch die zur Verfügung stehende Wohnfläche eingeben. Auch auf diese Weise könne man den ungefähren Energiebedarf berechnen, so der E-Control-Vorstand.

Auf Preisgarantie bis Ende 2022 achten

Bei der Wahl eines neuen Energielieferanten sollte man gerade in der momentanen Situation darauf achten, ob eine Preisgarantie Teil des Angebote ist, rät Urbantschitsch. Der Preis sollte mindestens für das kommende Jahr also das Jahr 2022 garantiert sein, um sicherzustellen, dass man die Ersparnis, die im Tarifkalkulator ausgewiesen wird, auch lukrieren kann.

Wie die einzelnen Unternehmen mit den gestiegenen Großhandelspreisen umgehen, stehe bei vielen noch nicht fest. Es sei aber wohl davon auszugehen, dass das Heizen mit Gas im kommenden Jahr teurer wird. Wer eine allenfalls bevorstehende Preissteigerung einfach abnickt, ohne Preise zu vergleichen, könnte letzten Endes draufzahlen.

Hohe Kosten durch Großhandelspreis und Ökosteuer

Laut E-Control verbraucht ein durchschnittlicher Haushalt etwa 15.000 Kilowattstunden Gas pro Jahr. Sollte der Energieanbieter die Preise bereits im laufenden Jahr anheben, so gehen Experten davon aus, dass Zusatzkosten von etwa 540 Euro inklusive Umsatzsteuer im Jahr anfallen. Wenn das Energieunternehmen die Preise erst ab dem kommendem Jahr anhebt, würden 270 Euro fällig.

Rückansicht einer Gastherme in einer Wohnung
APA/Herbert Neubauer
Vor allem in Wien werden Gastermen noch lange Teil des Alltags bleiben

Ab Juli 2022 könnte außerdem die Ökosteuer fällig werden. Für den Fall, dass die aktuellen Pläne umgesetzt werden, wird Heizöl und Heizgas ab der Heizperiode 2022 also zusätzlich belastet. Dazu E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch: "Auf Basis der Ankündigungen, nämlich dass 30 Euro pro Tonne CO2 verrechnet werden, würde das bedeuten, dass bei einem durchschnittlichen Haushalt, der mit Gas heizt und 15.000 Kilowattstunden verbraucht, die Mehrkosten im kommenden Jahr etwas mehr als 80 Euro pro Jahr betragen würden.“ Auch hier käme natürlich noch die Umsatzsteuer in Höhe von etwa 16 Euro dazu.

Hauseigentümer entscheidet über die Heizform

Wer in einem Altbau beziehungsweise einer nicht gut gedämmten Wohnung wohnt, kann aber auch auf einen höheren Energiebedarf kommen. Bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr werden knapp fünf Tonnen CO2 produziert. Bei einem Preis von 30 Euro pro Tonne werden also in so einem Fall bereits 180 Euro fällig, wenn man die Umsatzsteuer dazurechnet.

Vor allem in größeren Städten heizen Mieterinnen und Mieter ihre Wohnungen mit Gas. Die Entscheidung darüber, welche Heizungsform in einem Haus zur Anwendung kommt, obliegt jedoch allein dem Hauseigentümer. Als Bewohnerin oder als Bewohner habe man hier nur bedingt Mitspracherechte, so Urbantschitsch. Theoretisch bestehe aber natürlich die Möglichkeit, dass sich die Hausgemeinschaft geschlossen an die Hausverwaltung wendet, um vielleicht auf diese Weise eine einvernehmliche Lösung für eine zukunftssichere Heizungsform zu finden.

Ob die ökosoziale Steuerreform auch tatsächlich umgesetzt wird, lässt sich derzeit aufgrund der aktuellen politischen Turbulenzen aber noch nicht mit Sicherheit sagen.