Amazon-Paket auf dem Laufband
APA/AFP/Ronny Hartmann
APA/AFP/Ronny Hartmann

Ärger über verschwundene Amazon-Pakete

Die Beschwerden über Zustellprobleme bei Amazon häufen sich. Im Internet bestellte Pakete erreichen die Empfänger nicht, trotzdem gilt die Ware als „zugestellt“. Wer bei Amazon reklamiert, muss einen bürokratischen Hürdenlauf absolvieren – Geld oder Ersatz gibt es trotzdem nicht. Konsumentenschützer vermuten dahinter System: Die Kunden sollen zermürbt werden, statt auf ihr Recht zu pochen.

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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Ein Konsument bestellte bei Amazon ein Smartphone und ein Kopfhörerset. Beides zusammen kostete 1050,- Euro. Bei der Bestellung gab der Salzburger an, dass das Paket nur ihm persönlich übergeben werden darf. Um auf Nummer sicher zu gehen, nahm er sich für den Liefertag sogar frei und blieb daheim.

„Zugestellt“, aber unauffindbar

Das angekündigte Paket kam nicht, auch kein Verständigungszettel über eine Hinterlegung. Erst über sein Amazon-Konto fand der Konsument heraus, dass es als „zugestellt“ galt. Er reklamierte und wollte eine Ersatzlieferung oder sein Geld zurück.

Was dann geschah, beschreibt Andreas Herrmann, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum Österreich (EVZ) vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) so: „Amazon beginnt dann, Steine in den Weg zu legen“. Der Onlineriese verlangte zunächst eine Anzeige bei der Polizei.

Amazon haftet für korrekte Lieferung

„Aus rechtlicher Sicht ist Amazon bei einem Versendungskauf – wenn etwas zugeschickt wird – verpflichtet, das Paket auch bis zum Konsumenten zu liefern“, so der Jurist. Bis zur Übernahme durch den Konsumenten „reist das Paket auf Gefahr von Amazon“.

Wird das Paket beschädigt oder geht verloren, wäre Amazon dafür haftbar. Den Verbleib eines Pakets zu klären sei daher nicht Aufgabe der Konsumenten. „Das muss das Unternehmen mit dem Zusteller klären“, so der Verbraucherschützer.

Polizeianzeige und „Abschlussbericht“

Der Salzburger erstattete dennoch Anzeige. Sein Geld bekam er trotzdem nicht, denn Amazon verlangte auch noch einen Abschlussbericht der Polizei. So etwas gibt es in Österreich aber gar nicht. „Amazon bestand dann darauf, kein Geld zu erstatten und nicht neu zuzuschicken, weil der Konsument ja nicht jene Unterlagen und Dokumente geliefert habe, die das Unternehmen gerne hätte“, so Herrmann.

Das EVZ versucht gerade, mehrere ähnliche Beschwerden aus ganz Österreich zu klären. Allen gemeinsam ist, dass die Betroffenen Amazon keine Abstellgenehmigung erteilt hatten. Das Paket darf damit weder vor der Haustüre noch auf der Terrasse abgelegt oder einem Nachbarn übergeben werden. In jenen Fällen, die das EVZ bearbeitet, sei das Unternehmen Nachweise über eine ordnungsgemäße Zustellung jedenfalls schuldig geblieben. Eine Unterschrift etwa.

Offenbar genüge für Amazon schon die Zusicherung des Zustellers, dass alles korrekt abgelaufen sei, vermutet Herrmann. Die Beweise dafür seien aber schwammig: Dem EVZ gegenüber habe Amazon auf „zum Zeitpunkt der Lieferung gesammelte Informationen“ verwiesen wie Gewicht und Zustand des Pakets, auf „Photo on delivery“, also ein Foto vom Ablageort und auf einen nicht näher erklärten, ominösen „Geocode-Stempel“ am Zustellort wie im Fall des Salzburgers. Ohne Abstellgenehmigung reicht das nach Ansicht des EVZ aber alles als Nachweis nicht aus.

Keine Auskunft über Beschwerdefälle

Help.ORF.at gegenüber gab sich Amazon äußerst zugeknöpft. Schriftlich gab es nur allgemeine Informationen zur Zustellung und den Tipp für Betroffene, sich direkt an das Kundenservice zu wenden.

Das Unternehmen, das selbst von seinen Kunden umfangreichen Schriftverkehr wie offizielle Polizeiberichte verlangt, wollte sich lieber mündlich äußern. Was schließlich doch schriftlich zur Problematik mitgeteilt wurde, war wenig informativ: „Uns wurden keine ausreichenden Informationen zur Verfügung gestellt, um mögliche Fälle im Detail zu prüfen“.

Bürokratische Hürden für Konsumenten

Auch zur konkreten Beschwerde über das verschwundene Smartphone gab es keine Auskunft. Obwohl der Salzburger help.ORF.at sämtliche Daten zur Verfügung gestellt und sogar eine Vollmacht für die Redaktion unterschrieben hatte, wollte Amazon nichts dazu sagen. „Zu Ihrer Anfrage bitte ich um Verständnis, dass wir uns zu Details konkreter Kundenfälle aus Datenschutzgründen nicht äußern können“, so die Stellungnahme.

Für die Konsumentenschützer des EVZ bleibt der Verdacht im Raum stehen, Amazon baue hier bürokratische Hürden für Kunden auf, um nicht liefern zu müssen. Auch diesen Vorwurf ließ das Unternehmen unkommentiert.

Hartnäckig bleiben

Mit Hilfe des EVZ bekam zumindest der Salzburger schließlich doch noch sein Geld zurück. Betroffene sollten sich nicht zermürben lassen und im Kundenportal von Amazon schriftlich Einspruch erheben, rät der Jurist.

„Am besten erklärt man kurz, dass man das Paket nie erhalten und keine Abstellgenehmigung erteilt hat, weshalb es auch nirgends abgelegt werden darf.“ Dann ersucht man Amazon, entweder das Paket noch einmal zuzustellen oder das Geld zu erstatten.

Sollte das Unternehmen nicht einlenken empfiehlt sich ein weiterer schriftlicher Einspruch mit dem Verweis auf die Rechtslage. „Falls Amazon die Zustellung nicht beweisen kann, muss das Geld erstattet oder das Produkt noch einmal geschickt werden.“ Bringt auch das keinen Erfolg können sich Betroffene an das EVZ wenden. Die Schlichtungsstelle bietet kostenlos außergerichtlich Unterstützung an.