Screenshot aus Folder: Zürich Safe Invest
Screenshot: Zürich-Versicherung
Screenshot: Zürich-Versicherung

Wertlose Garantie bei Lebensversicherungen: Kunden können klagen

Um fondsgebundene Lebensversicherungen zu verkaufen, wurden von Fondsanbietern und Versicherungen hochtrabende Kapitalgarantien abgegeben. Für Verluste würde man aufkommen, wurde suggeriert. Im Zuge der Finanzkrise wurden die Fonds geschlossen, die Versicherten mussten auf Fonds ohne Kapitalgarantie ausweichen. Der Verbraucherschutzverein (VSV) sammelt Betroffene und überlegt, zu klagen.

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„Auch wenn die Kurse nach unten gehen. Ihr Vermögen bleibt.“ Dieses Versprechen findet sich in einem Werbefolder der Zürich-Versicherung mit dem Titel „Zürich Safe Invest“. Geworben wurde mit einer Höchststands- beziehungsweise Kapitalgarantie. Anleger sollten am Ende der Vertragslaufzeit optimalerweise die maximal erzielten Kapitalgewinne – mindestens aber das einbezahlte Kapital – in jedem Fall ausgezahlt bekommen. Auf diese Weise wollte man sicherheitsbewusste Kunden anwerben, sagt der Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV) Peter Kolba.

Kapitalgarantie gab es nur im Hochglanzfolder

Mit der Finanzkrise 2008 rasselten die Zinsen zu Boden, die Performance der Fonds blieb weit hinter den Erwartungen. Die Fonds wurden geschlossen, und die Versicherungen wollten von einer „Kapitalgarantie trotz fallender Kurse“ nichts mehr wissen. Die Unternehmen hatten sich für solche Fälle jedoch abgesichert, sagt Kolba. In „intransparenten und völlig unlesbaren Klauseln“, die im Kleingedruckten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verborgen waren, habe man vermerkt, dass Fonds mit Kapitalgarantie eingestellt werden können und die entsprechenden Garantien damit wegfallen.

Versicherung: Wir hatten keinen Einfluss

Auf eben solche AGB-Klauseln berufen sich nun Versicherungen. Beim österreichischen Versicherungsverband (VVO) wollte man zu dem Thema keine Stellungnahme abgeben, da es sich „um ein Versicherungsprodukt handle", wie es hieß. Seitens der beim VSV ins Visier geratenen Zürich-Versicherung heißt es gegenüber help.ORF.at: “Die Zürich-Versicherung hat selbst keine Garantie abgegeben. Grundlage der fondsgebundenen Lebensversicherungen waren Fonds von Drittanbietern, die eine Ertrags- und Höchststandsgarantie beinhalteten. Diese Drittanbieter haben die Fonds angesichts der laufenden Niedrigzinsphase im Interesse der Kunden beendet. Wir hatten darauf keinen Einfluss.“

Aus einem Folder der Zürich-Versicherung zum Thema Lebensversicherungen mit Kapitalgarantie
Screenshot: Zürich-Versicherung
In Werbebroschüren wurde absolute Sicherheit garantiert – in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sah das anders aus

Peter Kolba: Klauseln für Kunden undurchschaubar

An sich richtig, sagt Kolba, die Garantien wurden von den Fonds-Anbietern abgegeben und nicht von den Versicherungen. Nichts desto trotz hätten die Versicherungsunternehmen diese Produkte in einer Art und Weise angeboten, dass für Verbraucherinnen und Verbraucher in keiner Weise erkennbar war, dass Drittunternehmen involviert sind, von denen es abhängig ist, ob das investierte Kapital abgesichert ist oder nicht. Daher müssten die Versicherungen für die nicht eingehaltenen Zusagen nun auch geradestehen, so Kolba.

Als die Fonds mit Kapitalgarantie geschlossen wurden, haben die Versicherungen ihre Kundinnen und Kunden vor die Wahl gestellt. Sie konnten selbst einen neuen Fonds auswählen oder wurden von den Unternehmen auf andere Anlageprodukte umgestellt. Ohne Höchststands- oder Kapitalgarantie. Wer diese Bedingungen akzeptiere, könne zwar durchaus vom freien Kapitalmarkt profitieren, sagt Kolba, er gehe aber davon aus, dass sich die Zugewinne in Grenzen halten dürften.

Gerichte haben AGB-Klauseln für unzulässig erklärt

AGB-Klauseln, die es Versicherern einräumen, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern, wurden von gerichtlicher Seite bereits mehrfach für nichtig erklärt, sagt Kolba. Der Jurist verweist auf ein Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs (OGH) aus dem Jahr 2007. Dieser habe in einem ähnlich gelagerten Fall eine solche Vertragsklausel für intransparent und daher unzulässig erklärt.

Peter Kolba
APA/HERBERT NEUBAUER
Peter Kolba, der Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV) will mit den Versicherungen verhandeln oder im Zweifelsfall klagen

In einer Klage des VSV gegen die Zürich-Versicherung habe sich das Handelsgericht (HG) Wien dieser OGH-Entscheidung angeschlossen. Das Urteil sei rechtskräftig, da die Zürich-Versicherung nicht in Revision gegangen sei, um ein Verfahren vor dem OGH zu meiden, so Kolba.

Zürich-Versicherung: Kunden können andere Fonds wählen

Der VSV-Obmann ist der Auffassung, dass die Versicherungsverträge daher unwirksam sind. Die Kapitalgarantie sei ein wesentlicher Bestandteil der Vereinbarung gewesen, den die Versicherungen nun nicht mehr einhalten könnten.

Bei der Zürich-Versicherung sieht man das anders. Gegenüber help.ORF.at heißt es: „Eine fondsgebundene Lebensversicherung, bei der Kunden andere Fonds wählen können, ist weiterhin durchführbar und grundsätzlich auch für die Kunden sinnvoll, denn: Einen seit langem laufenden Vertrag, bei dem die anfänglichen Kosten bereits getilgt sind, zu beenden, ist wirtschaftlich grundsätzlich nicht empfehlenswert.“

Kolba: Versicherungsverträge sind ungültig

Bei einem Rückkauf von Versicherungsprämien erhalten Kundinnen und Kunden in der Regel weniger zurück als sie einbezahlt haben. Anders wäre das aber, wenn der Versicherungsvertrag rechtsunwirksam wäre, weil die vereinbarte Garantie nicht eingehalten werden konnte. In so einem Fall erhalte man erheblich mehr zurück als den gesetzlich geregelten Rückkaufwert, so Kolba. Die Versicherungen müssten die Prämien, die während der bisherigen Laufzeit angesammelt wurden, nämlich mit vier Prozent verzinsen. Für Betroffene wäre eine solche Situation in jedem Fall finanziell lohnenswert, meint der Konsumentenanwalt.

Betroffene können sich an den VSV wenden

Betroffene, die sich gegen ihre Versicherung zur Wehr setzen möchten, können sich an den Verbraucherschutzverein wenden. Dieser werde zunächst versuchen, mit der Zürich und anderen Versicherungen im Interesse der Kundinnen und Kunden zu verhandeln. Sollten die Verhandlungen scheitern, werde man klagen, so Kolba. Ein Prozessfinanzierer sei vorhanden, für die Einzelnen bestehe kein finanzielles Risiko. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine Mitgliedschaft beim aus Mitgliedsbeiträgen finanzierten unabhängigen Verbraucherschutzverein, diese kostet 30 Euro im Jahr.