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Der VKI und das Geld: Wie es weitergehen soll(te)

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI), die wichtigste und älteste Verbraucherschutzorganisation des Landes, wird heuer 60 Jahre alt – und kämpft nach wie vor ums finanzielle Überleben. Vorhaben und Versprechen vergangener Regierungen, den VKI solide auszustatten, verliefen im Sand. Auch im Programm von Türkis-Grün ist die Rede von dauerhafter Finanzierung des VKI, umgesetzt ist das jedoch noch nicht. Wie soll, bzw. sollte es weitergehen? Ein Rundruf bei allen Parteien im Nationalrat.

Der VKI feiert seinen runden Geburtstag in bescheidenem Zustand. Seit Jahren muss der Verein, der nicht nur testet und berät, sondern auch Klagen im Namen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Österreich etabliert hat, um sein finanzielles Überleben kämpfen. Der Verein ist fast kaputtgespart. Rettungsvorhaben der Vergangenheit, etwa Kartellstrafgelder für den Konsumentenschutz, verliefen im Sand. Dabei geht es nicht einmal um vollständige Finanzierung, gut zwei Drittel seines Budgets kann der Verein selbst erwirtschaften.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1 und als Podcast.

Im Programm der Türkis-Grünen Regierung wird der VKI in zwei Absätzen erwähnt. Das klingt nach wenig, ist aber mehr, als in den Programmen der zwei Vorgängerregierungen zu finden war. Die Rede ist diesmal von Evaluierung seiner Tätigkeit und dauerhafter Finanzierung des VKI über 2020 hinaus. Soweit ist es jedoch noch nicht. Das gegenwärtige VKI-Finanzierungsgesetz reicht, wie schon das letzte, nur bis Jahresende. Es sieht fünf Millionen Euro öffentlicher Mittel für 2021 vor. Das entspricht zwar dem von der neuen VKI-Geschäftsführung ermittelten jährlichen Mindestbedarf, kann aber längst nicht als dauerhaft bezeichnet werden. Help.ORF.at hat die die zuständigen Bereichssprecherinnen und -sprecher aller Parteien im Nationalrat gefragt, wie es mit dem VKI weitergehen soll.

ÖVP: Balance zwischen Wirtschafts- und Konsumentinneninteressen

Peter Weidinger, Konsumentensprecher der ÖVP, spricht von notwendiger Balance zwischen den Interessen der Wirtschaft und jenen von Konsumenten und Konsumentinnen. Notwendig sei zuerst die Evaluierung von Struktur und Tätigkeit des VKI, man befinde sich „in Gesprächen mit dem Koalitionspartner um diese Evaluierung gemeinsam umzusetzen.“ Zur anvisierten Höhe der im Regierungsprogramm erwähnten dauerhaften Finanzierung sagt der ÖVP-Konsumentensprecher, man werde sich mit dem Koalitionspartner auf eine Summe einigen, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Das soll im laufenden Jahr geschehen.

Was die zukünftigen Aufgaben des VKI angeht, so steht für Weidinger weiterhin Information und Beratung im Vordergrund. Und die Klagstätigkeit? „Auch dieser Bereich ist Gegenstand der Evaluierung und hier möchte ich nicht den Ergebnissen der Evaluierung vorgreifen“, so Weidinger.

Grüne: Fünf Millionen Untergrenze

Ulrike Fischer, Bereichssprecherin Konsumentenschutz der Grünen, rechnet mit Umsetzung des Regierungsvorhabens noch im laufenden Jahr. Auf die Frage nach der Höhe der zukünftigen Finanzierung wird Fischer konkreter als der Koalitionspartner: „Die Aufgabenbereiche werden mehr und ich denke, dass fünf Millionen Euro eher die Untergrenze sein werden.“ Sie rechnet damit, dass die Evaluierung einen höheren Bedarf ergeben wird.

Zusätzliche Aufgaben sieht Fischer durch die Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie auf den VKI zukommen. Hier werde es mehr Ressourcen benötigen, und nicht nur für den VKI: Man werde schauen, „wo es vielleicht Kooperationen geben kann, oder wo auch Platz für andere Vereine sein soll“, zum Beispiel für den Verbraucherschutzverein, der seit seiner Gründung 2018 die Befugnis zur Sammelklage fordert. Ziel sei, „dass man bewusst gegen schwarze Schafe vorgeht, dass der österreichische Markt nicht dazu einlädt, dass man schummelt, sondern, dass der VKI und andere Verbraucherschutzorganisationen dafür sorgen, dass es sich lohnt, redlich zu sein“, so Fischer.

Im Herbst 2019 schlugen SPÖ und FPÖ im Konsumentenschutzausschuss des Nationalrats vor, den VKI auf fünf Jahre mit knapp fünf Millionen Euro jährlich auszustatten – der Antrag fiel durch, Türkis und Grün waren dagegen. Auf die Frage warum, sagt Peter Weidinger von der ÖVP, dass es zuerst einer Evaluierung bedurfte; Ulrike Fischer von den Grünen erklärt die Ablehnung damit, dass fünf Jahre zu kurz, und knapp fünf Millionen Euro zu wenig gewesen seien.

SPÖ: Unkündbare Förderverträge, mehr Jugendarbeit

Christian Drobits, SPÖ, hält die Bedarfseinschätzung der VKI-Geschäftsführung von fünf Millionen für vernünftig, er habe jedenfalls nicht gehört, dass die Forderung zu hoch sei. Seine Vorstellung einer dauerhaften Finanzierung: „Ein unkündbarer Fördervertrag bis Ende 2025 und danach, wenn kein Anlass besteht ihn zu beenden, automatische Verlängerungen auf jeweils zehn Jahre.“ In jedem Fall dürfe nicht länger gewartet werden, mit der Evaluierung reiche es langsam: „Ein Jahr und ein paar Monate reichen wohl aus, um zu sagen, was der VKI leisten kann und welche Strukturen bestehen“, so Drobits.

Die Klagsbefugnisse des VKI müssen ausgebaut und die Klagstätigkeit gestärkt werden, so Drobits. Neue Aufgaben für den Verein ergäben sich durch angestiegenen digitalen Konsum und verbraucherrechtliche Fragen, die sich dadurch ergeben. Nicht nur beim klassisches Onlineshopping, auch durch vermeintlich kostenlose Dienste und das „Bezahlen mit Daten“. Konkret wünscht sich Drobits vom VKI, jüngere Zielgruppen durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit zu erreichen.

FPÖ: Aufrüstung gegen digitale Goliaths

Peter Wurm, FPÖ, nennt fünf Millionen Euro jährliche Förderung ebenfalls als angemessen, auch um die veraltete Infrastruktur und die stellenweise bröckelnden Räumlichkeiten des VKI zu sanieren. Die Summe schaffe in den kommenden Jahren Sicherheit für den VKI, „damit er nicht von Jahr zu Jahr ums Überleben bangen müssen.“

FPÖ-Konsumentensprecher Wurm fordert bessere Finanzierung für den VKI bereits seit 2015 – vor allem, wenn seine Partei in Opposition ist. Auf die Frage, warum dann unter blauer Regierungsbeteiligung keine Finanzierung zustanden gekommen ist, sagt er, dass sie zwar vom Parlament beschlossen worden, aber „in der Umsetzung an den Untiefen von Ibiza“ hängengeblieben sei. Diese Entschließung vom Jänner 2019 beinhaltete allerdings keine konkrete Förderhöhe und wurde von der damaligen Opposition vor allem als Versuch gewertet, der Regierung Zugriff auf den VKI zu ermöglichen: Im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ war die Rede von Justiz- und Sozialministerien als zukünftige ordentliche Mitglieder des Vereins.

Auf die Aufgaben des VKI angesprochen sagt Wurm, dass die klassischen Felder Produkttests und Beratung zwei zentrale Bereiche seien. Der dritte seien Prozesse im Namen der Verbraucherinnen und Verbraucher, „dass ich kleiner Konsument die Möglichkeit habe, im Rahmen einer Sammelklage mich da anzuhängen, damit das David-gegen- Goliath-Spiel irgendwann ganz dramatisch wird“, so Wurm. Potentielle Goliaths sind seiner Ansicht nach Google, Facebook, Amazon und Co.

Neos: VKI muss unabhängiger werden

Auch Neos-Konsumentensprecher Felix Eypeltauer stimmt dem Vorhaben einer langfristigen Finanzierung des VKI zu – ergänzt durch die Forderung nach mehr Unabhängigkeit. „Wenn von den ursprünglichen Mitgliedern des VKI nur mehr die AK übrig ist, dann kann man natürlich nicht von einer Unabhängigkeit sprechen, wie wir sie uns eigentlich beim Konsumentenschutz uns wünschen würden“, so Eypeltauer. Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer und ÖGB hatten den VKI bereits vor Jahren verlassen.

Ob der VKI Verein bleibt, oder künftig als gemeinnützige Stiftung oder öffentliche GmbH organisiert wird, ist für Eypeltauer Gegenstand einer Diskussion, die es noch zu führen gelte. Auf die Frage, was seiner Ansicht nach eine angemessene staatliche Förderung für den VKI darstellt, sagt er: Man sei gespannt, wie die zukünftige Struktur im Detail aussehen werde, aber „sie wird sich natürlich im Bereich von fünf Millionen Euro bewegen.“

Neben den klassischen Aufgaben Warentest und Beratung sieht der Neos-Konsumentensprecher ebenfalls die Klagstätigkeit des VKI als zentral. „Ich halte es für wichtig, dass er im Bereich der Gruppen- und Sammelklagen stärker aktiv sein kann, aber eben als unabhängige Institution. Und nicht, so wie wir es beim VW-Dieselskandal gesehen haben, durch Zurufe aus der Politik, oder vielleicht sogar Einflussnahme aus der Politik, gezügelt wird“, so Eypeltauer.