Screenshot: TikTok
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Europäische Verbraucherschützer kritisieren Jugendschutz bei TikTok

Der europäische Verbraucherschutzverband (BEUC) kritisiert in einem aktuellen Bericht, dass Verbraucherrechte auf TikTok deutlich zu kurz kämen. Vor allem beim Jugendschutz gebe es viel Nachholbedarf, aber auch die Nutzungsbedingungen seien unklar formuliert und würden Konsumentinnen und Konsumenten unfair behandeln.

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Das zum chinesischen Konzern Bytedance gehörige TikTok ist das am schnellsten wachsende soziale Medium der Welt. Rund zwei Milliarden Mal wurde die App schon heruntergeladen. Offiziell muss man mindestens 13 Jahre alt sein, um sich auf der Plattform anmelden zu können.

TikTok würde das Alter seiner Nutzerinnen und Nutzer aber nicht ausreichend kontrollieren, kritisiert der BEUC in einem aktuellen Bericht. So würde in Frankreich bereits die Hälfte der unter 13-Jährigen TikTok nutzen: „Das ist eine Tatsache, die auch TikTok bekannt sein müsste – entsprechend auch unser Vorwurf, dass bestimmten Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen wird, um hier die Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu schützen“, sagt BEUC-Sprecher Johannes Kleist gegenüber help.ORF.at.

Versteckte Werbung an Kinder

Vor allem was Werbung betrifft, sei TikTok im Jugendschutz nachlässig. Während in traditionellen Medien wie Fernsehen und Radio strenge Kriterien für Werbeeinschaltungen an Kinder gelten, seien TikToks Richtlinien zahnlos, heißt es in dem Bericht. In den Nutzungsbedingen der App sei Werbung an Minderjährige zwar nicht vorgesehen, dennoch könnten Werbekunden die Zielgruppe der 13 bis 17-jährigen beim Schalten von Anzeigen auswählen: „Wenn man sich die Werbeinhalte anschaut, dann sieht man, dass der Inhalt oft ganz gezielt auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet ist, kritisiert Kleist. Hier widerspreche die Realität den Behauptungen von TikTok.

Eine Untersuchung des Catalan Audiovisual Council (CAC) habe gezeigt, dass bezahlte Anzeigen auf TikTok schwer von nicht bezahlten Videos unterscheidbar seien, heißt es im Bericht. Nur wenige Werbungen seien als solche gekennzeichnet. „Hier und da gab es schon einen Hashtag wie #promoted oder #advertising, aber das war sehr versteckt und undeutlich“, bemängelt Kleist. Dabei enthielten über 90 Prozent der untersuchten Inhalte von Influencern versteckte Werbebotschaften für Fastfood, zuckerhaltige Getränke, Kosmetikprodukte, Kleidung oder Videospiele.

Der BEUC-Bericht entlarvt auch sogenannte gebrandete Challenges als Schleichwerbung. Dabei animieren Unternehmen Nutzerinnen und Nutzer dazu, Aufgaben mit ihren Produkten zu erfüllen und sich dabei zu filmen. Dadurch werde man fast zum Werbeplakat für ein Unternehmen, ohne dass man sich darüber richtig im Klaren sei, so Kleist.

Unfaire und unklare Nutzungsbedingungen

Fehlende Transparenz ortet der BEUC auch bei den Nutzungsbedingungen von TikTok. In einigen europäischen Ländern wie Litauen oder Kroatien seien die Dokumente nur auf Englisch verfügbar, nicht englischsprachige Nutzerinnen und Nutzer könnten sich vor der Anmeldung nicht richtig über die Plattformen informieren. Die deutschsprachige Version der Nutzungsbedingungen habe ebenfalls einige Mängel. Sie sei so kompliziert formuliert, dass Kinder und Jugendliche sie nicht richtig verstehen könnten. Vielen sei dadurch nicht klar, welche Daten TikTok sammelt und an wen sie weitergegeben werden.

„Es geht ja auch zum Teil um sehr sensible Inhalte von Kindern und Jugendlichen. Man muss auf jeden Fall verhindern, dass die in die Hände von Partnern gelangt, die möglicherweise weniger respektvoll mit Verbraucherschutz und Datenschutz umgehen“, warnt Kleist. Dass TikTok laut seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auch Videos von Nutzerinnen und Nutzern für Eigenwerbung verwendet und an Dritte weitergeben darf, findet der BEUC verbraucherrechtlich bedenklich. Man habe eigentlich keine Kontrolle mehr über die Inhalte, die man hochlädt. TikTok könne damit weltweit machen, was es möchte, so Kleist.

Nicht alle Inhalte für Kinder geeignet

Der BEUC bemängelt in seinem Bericht nicht nur versteckte Werbung, sondern auch andere Inhalte der App. Nicht alles, was Kinder auf TikTok zu sehen bekommen, sei jugendfrei. Für ein Experiment registrierten sich Mitarbeiter der BEUC als 13-jährige Nutzer und analysierten die Inhalte, die ausgespielt wurden: "Es hat nur wenige Minuten gedauert, bis wir Videos gesehen haben, die sexuelle oder rassistische Inhalte hatten“, sagt Kleist.

TikTok hat mittlerweile auf den Bericht des BEUC reagiert und zeigt sich gesprächsbereit. Wie genau und wann die App die Kritik umsetzt, sei aber noch unklar. Bis dahin rät Konsumentenschützer Kleist: „Eltern sollen sich von ihren Kindern zeigen lassen, was sie auf TikTok machen.“