Frau mit Maske am Strand
Reuters/Borja Suarez
Reuters/Borja Suarez

Pro und Kontra: Urlaub trotz Coronavirus

Die Tourismusindustrie bewirbt Urlaubsreisen bereits intensiv, etliche Vergünstigungen und kurzfristige Stornomöglichkeiten inklusive. Aber sollte man angesichts der nach wie vor angespannten Coronavirus-Situation tatsächlich eine Reise buchen? Verbraucherschützer Peter Kolba ist skeptisch.

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„Wer im Lockdown Reisen bucht … dem ist nicht zu helfen“, postete der Obmann des Verbraucherschutzvereins, Kolba, auf Instagram. Vor einem Jahr habe man früh gebuchte Urlaubsreisen noch verhältnismäßig einfach stornieren können. Da die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie noch nicht absehbar waren, habe man mit dem juristischen Argument des „Wegfalls der Vertragsgrundlage“ kostenfrei zurücktreten können, und die entstandenen Kosten seien in der Regel erstattet worden.

Viruskrise kein Grund für kostenloses Storno

Mit dieser Argumentation werde man im Jahr 2021 nur noch schwer durchdringen, so Kolba gegenüber help.ORF.at. Die Umstände der Coronavirus-Krise und auch die Maßnahmen zu deren Bekämpfung seien mittlerweile allgemein bekannt. Wer eine gebuchte Reise nun nicht antreten könne, weil etwa ein Impftermin zum fraglichen Zeitpunkt im Weg steht oder verpflichtende Coronavirus-Tests notwendig sind, könne diese Gegebenheiten nicht mehr anführen, um einen kostenfreien Rücktritt zu erreichen, so Kolba.

Der Verbraucherschützer rät daher, momentan keine Reisebuchungen vorzunehmen, sondern zu warten, bis sich die Pandemiesituation wieder entspannt hat.

Frau am Urlaubsstrand mit MNS-Maske
Instagram/Peter Kolba
Verbraucherschützer Peter Kolba hat für Reiselustige in Zeiten der Pandemie kein Verständnis

„Kurzfristige Stornomöglichkeit gegen geringen Aufpreis“

Den Aufruf, Reisebuchungen zu unterlassen, hält Phillies Ramberger, Präsidentin des Österreichischen Vereins für Touristik (ÖVT) und Inhaberin des Reisebüros Pur Touristik für maßlos überzogen. Man habe derzeit die Möglichkeit, eine gebuchte Pauschalreise bis 14 Tage vor Antritt kostenfrei umzubuchen oder zu stornieren, so Ramberger. Entsprechende Tarife würden gegen einen Preisaufschlag zwischen 28 Euro und 100 Euro angeboten.

Pauschalreise momentan die sicherere Wahl

Generell raten sowohl Touristiker als auch Konsumentenschützer, von Individualbuchungen momentan Abstand zu nehmen und zur Pauschalreise zu greifen. Anders als beispielsweise Fluglinien verfügen Pauschalreiseveranstalter über eine Insolvenzversicherung, das Geld der Verbraucherinnen und Verbraucher sei daher im Fall einer Pleite jedenfalls abgesichert, so Ramberger.

Die Insolvenzabsicherung funktioniere bei österreichischen Anbietern zwar gut, habe aber ihre Tücken, warnt hingegen Kolba. Kundinnen und Kunden, die in einem österreichischen Reisebüro buchen, würden nicht selten ohne ihr Wissen einen Vertrag mit einem ausländischen Reiseveranstalter abschließen. So würde etwa TUI Austria auch Reisen anbieten, die in Wahrheit über TUI Deutschland abgewickelt werden. In Deutschland sei die Pauschalreiserichtlinie aber nicht ausreichend umgesetzt, so Kolba.

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Opodo Deutschland
Risiko Flugbuchung: Airlines müssen nach wie vor keine Insolvenzversicherung abschließen

„Vorsicht bei der Wahl des Reiseveranstalters“

Im Fall des insolventen Reiseveranstalters Thomas Cook hätten Konsumentinnen und Konsumenten, die ihre Reise über TUI Deutschland gebucht hätten, zunächst nur 17,5 Prozent der Reisekosten aus der Insolvenzabsicherung erhalten sollen, so Kolba, da die Erstattungen in Deutschland per Gesetz gedeckelt seien. Letztlich sei der deutsche Staat eingesprungen und habe den Betroffenen die Reisekosten zur Gänze „in Kulanz“ erstattet.

Das sei unter anderem auch deshalb erfolgt, weil der Verbraucherschutzverein die Bundesrepublik Deutschland auf Staatshaftung geklagt habe. Sollte ein großer Reiseveranstalter wie etwa TUI im Zuge der Coronavirus-Krise Insolvenz anmelden müssen, stünde man vor demselben Problem. Österreichische Kundinnen und Kunden sollten daher auf jeden Fall darauf achten, dass sie den Vertrag mit einem österreichischen Reiseveranstalter abschließen, so Kolba. Dann habe man keine Probleme zu erwarten. Dennoch sei es aber auch hier empfehlenswert, das Kleingedruckte vor Vertragsabschluss genau zu studieren.

Touristikerin: 2020 war absolutes Ausnahmejahr

Das Jahr 2020 hat bei Urlauberinnen und Urlaubern nicht selten für eine Menge Frust gesorgt. Im Postfach der Ö1-Konsumentenredaktion finden sich nach wie vor Beschwerden über ausbleibende Kostenerstattungen, etwa für abgesagte Flüge.

Ein gebrauchter Mundschutz mit Resten von Lippenstift liegt am Strand vor der Strandpromenade von Westerland auf Sylt.
APA/dpa/Christian Charisius
Sorgenkind Tourismus: Die Covid-19-Pandemie sorgte nicht selten für leere Strände

Das vergangene Jahr war für die Reisebranche eine enorme Herausforderung, sagt ÖVT-Präsidentin Ramberger. Von einem Tag auf den anderen befand man sich im Lockdowon, überall auf der Welt wurden faktisch alle Reisen storniert. Es sei eine weltweit einzigartige Situation gewesen, die bedauerlicherweise auch zu Verzögerungen bei der Bearbeitung von Erstattungen geführt habe. Das das geschehen ist, sei der Pandemie geschuldet, zweifellos habe es aber auch ein paar „schwarze Schafe“ gegeben, so Ramberger.

„Bashing gegen österreichische Reiseindustrie“

Man neige nun aber dazu, „alle Betriebe in einen Topf zu werfen“. Das sei schlicht „unfair“ und ein „Bashing gegenüber einer österreichischen Reiseindustrie“, die wirklich bemüht sei, in einer schwierigen Lage ihr Bestes zu geben. Individualbuchungen seien derzeit mit Risiken behaftet, auch von der Buchung über eine Onlineplattform rät die Expertin ab. Die österreichischen Reisebüros würden sich aber jederzeit kompetent um ihre Kundinnen und Kunden bemühen.

„Alle Stornokosten auf Buchungsbestätigung vermerkt“

Alle Informationen würden den Interessenten zur Verfügung gestellt, eventuell anfallende Stornokosten seien auf der Buchungsbestätigung in jedem Fall vermerkt. Man müsse kein Jurist sein, um die Vertragsbedingungen zu verstehen. Die Buchung über das Reisebüro sei dank der dort angebotenen fachlichen Unterstützung in jedem Fall übersichtlicher, als wenn man über eine Onlineplattform buche, so Ramberger. Das individuelle Risiko gehe gegen null.

Kolba verweist darauf, dass auch das Reisebüro in der Regel machtlos sei, wenn ein Reiseveranstalter nach einem Reiserücktritt die Kostenerstattung verweigere – dass die Kundenbetreuung gut sei und es generell kaum zu Problemen komme, wenn man in einem österreichischen Reisebüro buche, räumt der Verbraucherschützer aber ein.