Das Problem überladener Reisemobile ist seit Jahren bekannt, sagt ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl gegenüber help.ORF.at: „Wenn das Eigengewicht mit allen Einbauten schon 3.2 Tonnen oder mehr beträgt, dann gehen sich eigentlich nur noch zwei Erwachsene und ein voller Tank aus. Ein Koffer oder ein Fahrrad mehr, und schon ist das Fahrzeug überladen.“ Überladen deswegen, weil das zulässige Gesamtgewicht der meisten Reisemobile und Campingbusse auf Kastenwagenbasis bei 3.5 Tonnen liegt. Mehr geht mit der Führerscheinklasse B nicht.
Hohe Strafen für Überlast
Vor allem Anfänger und jene, die ein Wohnmobil ausleihen, würden oft nicht an die Beladung denken, sagt Kerbl. Dabei reichten ein voller Trinkwassertank, eine Reservegasflasche, Geschirr und Ferienzubehör für ein paar Wochen schon aus, um illegal unterwegs zu sein. Das kann unangenehme Folgen haben, vor allem in beliebten Urlaubsländern. In Italien können etwa bis zu 1.700 Euro für Überlast fällig werden, „und zwar real“, so Kerbl. Die österreichische Höchststrafe von 5.000 Euro sei dagegen ein eher theoretischer Wert.
„Dazu kommt in vielen Ländern: Entweder wird das Fahrzeug entladen, bis das Gewicht stimmt, oder man darf nicht weiterfahren. Oft ist auch der Führerschein weg,“ mahnt Kerbl. Die Toleranzen sind häufig gering. Frankreich beispielsweise untersagt eine Weiterfahrt schon dann, wenn das Höchstgewicht um fünf Prozent überschritten wird.
Versicherungen schauen genau hin
Ein weiteres Problem ist die Versicherung. Die Haftpflichtversicherung wird bei einem verschuldeten Unfall zwar in jedem Fall einspringen. Es kann jedoch damit gerechnet werden, dass die Versicherungen genauer hinsehen. „Bei einem Wohnmobil ist dann der Gedanke sofort da: Wie war denn dieses Fahrzeug beladen. War es zu schwer, war möglicherweise die Bremsleistung nicht ausreichend“, gibt ÖAMTC-Techniker Kerbl zu bedenken. Kommen die Sachverständigen zu dem Schluss, dass man überladen unterwegs war, kann es passieren, dass die Versicherung sich das Geld zurückholt. Bei größeren Schäden ist das existenzbedrohend.
Hersteller produzieren hart am Limit
Den Wohnmobilherstellern ist das Gewichtsproblem ihrer Produkte offenbar bewusst. Einem Bericht des „Spiegel“ zufolge wolle man es in der Branche jedoch nicht offen ansprechen, aus Angst vor Umsatzeinbußen. Die B-Führerscheintaugliche Grenze von 3.5 Tonnen einzuhalten und dennoch den Komfort eines besser ausgestatteten Einfamilienhauses zu bieten, sei schlicht unmöglich. Im Kleingedruckten finden sich daher teilweise großzügige Fertigungstoleranzen ab Werk. Manche Händler rieten laut „Spiegel“ ihren Kunden auch, das neue Fahrzeug möglichst leer bei den Behörden vorzuführen und schwere Ausrüstung erst danach einbauen zu lassen.
Steffan Kerbl vom ÖAMTC rät allen Wohnmobilreisenden, eine Radlastwaage anzuschaffen. Unabhängig davon, ob das Fahrzeug gekauft, oder gemietet wird. Mit solchen Waagen kann die Last auf jedem Rad gemessen werden, sie sind leicht verstaubar und mit rund 100 Euro für bessere Modelle ein vergleichsweise günstiger Ausrüstungsgegenstand.
Workaround Anhängerführerschein
„Wer wirklich vor hat, sich ein Reisemobil zu kaufen, sollte sich auf jeden Fall überlegen, ob man nicht den Führerschein E zu B macht“, rät Kerbl weiter. Damit ist das Gewichtsproblem gelöst: Mit dem Führerschein E zu B zählt das Gewicht des Anhängers nicht zum Gesamtgewicht des Zugfahrzeugs. Fahrschulen verlangen dafür drei bis vierhundert Euro.
Wer ein Reisemobil lediglich ausborgt, sollte sich erkundigen, was bereits alles an Bord ist und wie viel das Auto mit allem Zubehör wiegt. So könne man zusätzliches Gepäck anpassen. Wichtig sei auch, dass die Ladung richtig gesichert und gleichmäßig verteilt wird: „Diese Fahrzeuge sind schwerer zu beherrschen und wenn ich wirklich Notbremsungen oder plötzliche Fahrmanöver machen muss, hat das nichts mehr mit Pkw-Fahrverhalten zu tun“, so Kerbl.