Gebrauchtes Plastikgeschirr liegt auf einem Mistkübel
APA/dpa/Alexander Heinl
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Einwegverpackungen könnten giftiger sein als gedacht

In Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff steckt mehr, als man denken könnte – und sogar mehr, als selbst die Hersteller wissen. Die Stoffe sind nicht deklariert, finden sich auf keiner Liste erlaubter Zusätze, und es ist völlig unklar, wie und wann sie in die Verpackungen kommen. Zelltests gaben Hinweise darauf, dass dieser Chemikalienmix toxisch ist – und er kann in die verpackten Lebensmittel wandern.

Was steckt da eigentlich drin – das könnte man sich fragen, wenn man wieder einmal vor Take-away-Containern sitzt. Die Rede ist nicht vom Essen, sondern von der Verpackung. Warum diese Frage berechtigt ist, hat ein Projekt der Forschungsgruppe PlastX gezeigt: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben alltägliche Kunststoffprodukte vom Joghurtbecher über Folien bis zum Wegwerfbesteck auf ihre Zusammensetzung untersucht – und Erstaunliches festgestellt.

Tausende Stoffe in einem Produkt

„In der chemischen Analyse haben wir gesehen, dass in einem Produkt Tausende Substanzen stecken können“, sagt die Biologin Lisa Zimmermann von der Goethe Universität Frankfurt gegenüber help.ORF.at, sie gehört zur Forschungsgruppe. Gefunden wurden nicht nur erwartbare Additive wie Weichmacher, Farbstoffe und Flammschutzmittel, sondern auch Substanzen, die unabsichtlich in die Produkte gelangen. „Das können Reaktionsprodukte, Nebenprodukte, oder irgendwelche Verunreinigungen sein“, so Zimmermann.

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Zellen reagieren negativ auf Chemiemix

Was genau gefunden wurde, konnten die Wissenschaftler nicht sagen – die Stoffe sind zu einem guten Teil unbekannt: „Auch die Hersteller wissen nicht, worum es sich handelt. Die Substanzen sind weder beschrieben, noch ist ihre Toxizität getestet.“

In Zelltests der Forschungsgruppe habe sich jedoch gezeigt, dass sich der Chemiemix in den Verpackungen negativ auf Zellen auswirkt, sagt Zimmermann. „Zum Beispiel durch hormonähnliche Wirkung, oder dadurch, dass sie eine Art Stress in der Zelle hervorrufen.“ Das traf auf zwei Drittel der untersuchten Produkte zu.

Substanzen wandern in Lebensmittel

Die Substanzen in den Verpackungen gehen auch auf die Lebensmittel über. Noch ist unklar, welche Konsequenzen das für den menschlichen Organismus bedeutet. Klar ist derzeit nur eines: Die Substanzen in den Kunststoffen sind sehr leicht löslich. „Da geht sehr viel in unser Essen“, so Zimmermann.

Zusätze für Kunststoffe, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, sind reguliert. Wie kann es sein, dass trotzdem offensichtlich bedenkliche und unbekannte Stoffe in den Verpackungen stecken? Das liege an der Art, wie die Zulassungstests durchgeführt werden, sagt Zimmermann. Vorgeschrieben ist nämlich nur, dass jedes Additiv für sich alleine geprüft wird.

„Was dabei aber nicht untersucht wird ist die Mischung, die im Endprodukt enthalten ist. Im Gemisch wirken die Substanzen oft anders als alleine. Deswegen müsste man eher die gesamte Mischung testen, wie wir das auch in unserer Studie gemacht haben. Erst dann kann man eine Aussage treffen“, kritisiert Zimmermann. Hier seien bessere Vorschriften gefragt.

Bioplastik ist nicht besser

Biokunststoffe, die oft als ökologisch verträglichere Alternative genannt werden, schnitten übrigens nicht besser ab als herkömmliches Plastik. Selbst Verpackungen aus Papier und Pappe sind, wenn beschichtet, nicht unverdächtig.

Den problematischen Substanzen aus dem Weg zu gehen ist dementsprechend schwierig. Produzenten wissen nicht genau, was drinnen steckt, Händler und Restaurantbetreiber noch weniger. In den Untersuchungen habe sich gezeigt, dass Verpackungen aus PET oder PE etwas besser abschneiden, aber: Es gab zu viele Ausnahmen, um Empfehlungen auszusprechen. „Am besten bringe ich meine Glas- oder Edelstahlbox mit zum Take-away und versuche ansonsten, möglichst unverpackte Produkte zu kaufen“, empfiehlt Zimmermann.