Die Statue der Justitia am Obersten Gerichtshof (OGH),
APA/ROLAND SCHLAGER
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OGH kippt zwölf Klauseln der Merkur Versicherung

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) war mit einer Unterlassungsklage gegen die Merkur Versicherung erfolgreich. Der Oberste Gerichtshof (OGH) erklärte zwölf Vertragsklauseln der Merkur für gesetzwidrig. Der Großteil davon betrifft die private Unfallversicherung.

Für gesetzwidrig erkannte der OGH eine Klausel, wonach sich die Versicherungssummen in der Unfallversicherung ab dem auf die Vollendung des 70. Lebensjahres folgenden Versicherungsjahr um 30 Prozent reduzieren. Das Einziehen einer willkürlichen Altersgrenze in Versicherungsbedingungen, die eine erhebliche Reduktion der Versicherungssumme bewirkt, ist unzulässig. Die Klausel führte beispielsweise bei einer 77-jährigen Pensionistin aus Linz zur Kürzung der Invaliditätsleistung nach einem Unfall von 7.664 Euro auf 5.365 Euro.

OGH setzt Zeichen gegen „Altersdiskriminierung“

Ebenfalls unzulässig ist laut OGH eine branchenübliche Klausel, die vorsieht, dass bei Unfällen ab Vollendung des 75. Lebensjahres für eine unfallbedingt verbliebene dauernde Invalidität anstelle der Kapitalleistung eine Rente ausbezahlt wird. Die Bestimmung weicht von den Erwartungen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers erheblich ab. Dieser rechne nicht damit, dass von einer in der Polizze konkret vereinbarten Kapitalleistung in den Allgemeinen Bedingungen – allein aufgrund des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze – abgegangen wird.

Versicherungsnehmer, die jahrelang Prämien einbezahlt haben, würden gemäß dieser nun unzulässigen Klausel nicht die erwartete Kapitalleistung, sondern bloß eine Rente bis zum Eintritt des Todes erhalten, wodurch vom vereinbarten Leistungsumfang überraschend abgewichen werde. Diese Klausel führte bei der Pensionistin aus Linz dazu, dass sie die gekürzte Leistung von 5.365 Euro nicht als Kapital sondern als monatliche Rente von 41 Euro erhalten sollte. Der wegen des Unfalls erforderliche Wohnungsumbau wäre damit nicht möglich gewesen.

Konsumenteninnen und Konsumenten, die aufgrund dieser Klausen eine Leistungskürzung erfahren haben oder eine Rente akzeptieren mussten, können jetzt die Nachzahlung von 30 Prozent beziehungsweise eine Kapitalleistung statt Rente verlangen, so die Verbraucherschützer in einer Presseaussendung.

Keine Kündigung im Schadensfall durch Versicherung

Das Gesetz sieht nach einem Schadensfall nur in wenigen Versicherungssparten ein Kündigungsrecht für beide Vertragspartner vor, zum Beispiel in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Die Versicherer haben dieses Kündigungsrecht auch auf andere Versicherungssparten ausgedehnt, wie etwa auf die Unfallversicherung. Für Versicherte kann es schwierig sein, nach einer Kündigung wieder einen Versicherungsschutz zu vergleichbaren Konditionen zu erlangen. Der OGH beurteilt die branchenübliche Kündigungsklausel als gröblich benachteiligend, da sie dem Versicherer eine völlig unkonkrete Kündigungsmöglichkeit beim ersten – noch so kleinen – Versicherungsfall einräumt.

Versicherungsverträge sehen oftmals eine Laufzeit von zehn Jahren vor. Allerdings räumt das Gesetz Konsumenten ab dem dritten Jahr ein jährliches Kündigungsrecht ein. Die Versicherung beanspruchte in einer weiteren Klausel dieses Kündigungsrecht auch für sich. Das ist, so der OGH, aber nicht zulässig. Die Versicherung darf sich nicht mehr darauf berufen, um ein Vertragsverhältnis vorzeitig aufzukündigen.