Ein Finger zeigt auf ein Smartphone mit den Icons von Facebook, Twitter, Instagram, WhatsApp, Skype, Messenger, Pinterest, Snapchat, tumblr, YouTube, Flickr und Facetime.
APA/HELMUT FOHRINGER
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5G: Was es kann und wer es braucht

Die fünfte Generation des Mobilfunks (5G) steht in den Startlöchern. Smartphone-Hersteller haben ihre Produktpaletten entsprechend erweitert, auch das jüngst präsentierte iPhone 12 kann 5G. Was der Mobilfunkstandard für Konsumentinnen und Konsumenten bringt, ob 5G gefährlich ist und ob es sich jetzt schon lohnt, in ein 5G-taugliches Gerät zu investieren.

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„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1.

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Der Mobilfunkstandard 5G verspricht extrem hohe Datenübertragungsraten, zehn Gbit/s (10.000 Mbit) sollen theoretisch möglich sein. Das ist zehnmal so hoch wie die schnellsten Internetverbindungen, die momentan für den Privatbereich angeboten werden, und laut Statistik etwa 230-mal so viel wie die durchschnittliche Internetgeschwindigkeit, die Österreicherinnen und Österreicher derzeit nutzen können.

Datenraten bis zu zehn Gbit/s theoretisch möglich

Eine derart hohe Übertragungsrate sei etwa dann sinnvoll, wenn große Datenmengen übertragen bzw. Videos in Kinoqualität empfangen werden sollen, sagt Markus Rupp, Professor für Signalverarbeitung an der Technischen Universität (TU) Wien.

Nahezu alle aktuellen Smartphones unterstützen den Standard mittlerweile, auch die Mobilfunker haben entsprechende 5G-Tarife im Angebot. Von den erwähnten Spitzengeschwindigkeiten ist momentan aber keine Rede – von Werbeslogans wie „Giganetz“ einmal abgesehen. Im Mobilbereich bieten A1 und Magenta bis zu 300 Mbit/s Download an, bei „3“ sind es 500 Mbit/s, also nur ein Bruchteil der technisch grundsätzlich möglichen zehn Gigabit.

5G-Antenne
APA/dpa/Oliver Berg
Mobilfunkanbieter müssen die Infrastruktur erst ausbauen, um die technisch möglichen Datenraten anbieten zu können

Experte rechnet mit Vollausbau in fünf Jahren

Das liege daran, dass viele Spezifikationen, die von dem Mobilfunkstandard vorgegeben werden, technisch noch nicht umgesetzt sind, sagt Rupp. Klarerweise müsse die entsprechende Infrastruktur von den Anbietern erst auf- beziehungsweise ausgebaut werden. Der Experte rechnet damit, dass in etwa fünf Jahren ein Vollausbau von 5G Realität sein wird, sodass ein Großteil der Kundinnen und Kunden den neuen Mobilfunkstandard erst dann in vollem Umfang wird nutzen können.

Schnelles Internet nur für die Industrie?

Bei A1, Magenta und „3“ möchte man sich noch nicht festlegen, ob und wann Datenraten von zehn Gigabit für Privatanwender zur Verfügung stehen werden. Bei „3“ bezweifelt man, dass es überhaupt dazu kommen wird. Auf Anfrage durch help.ORF.at schrieb das Unternehmen: „Datenraten von 10 Gbit/s werden voraussichtlich nur für spezielle Anwendungen wie etwa Industrieanwendungen mit sehr hohen Anforderungen zur Verfügung gestellt. Dafür werden zusätzliche Frequenzbänder benötigt, die frühestens 2022 vergeben werden.“

5G soll Engpässe im Internet reduzieren

Hinsichtlich der erzielbaren Höchstgeschwindigkeit geben sich A1 und Magenta eher vage. Ebenso wie bei „3“ rechnet man aber damit, dass 5G auch für Privatkundinnen und Privatkunden bald schneller werden wird und außerdem die Kapazitäten der Mobilfunknetze durch die neue Technik generell steigern werden. A1 schreibt uns zu diesem Thema: „Zukünftig können viel mehr Geräte als bisher gleichzeitig in einer Mobilfunkzelle Daten senden und empfangen. Damit können beispielsweise bei Großveranstaltungen viel mehr Videos als bisher gleichzeitig übertragen werden. Wie alle vorhergehenden Mobilfunkgenerationen auch ist 5G jedoch ein geteiltes Medium, was heißt, dass die Kapazität auf alle Kunden in der gleichen Mobilfunkzelle aufgeteilt wird.“

Kabelbündel aus Glasfaser
APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas
Wenn Glasfaserleitungen bis in die Hauhalte verlegt würden, könnte man die Übertragungsraten enorm steigern

Mehr Leistung um dasselbe Geld?

Vorteile biete die Technologie in jedem Fall für beide Seiten, meinte Mobilfunkexperte Rupp von der TU-Wien. Für Mobilfunkanbieter ebenso wie für Verbraucherinnen und Verbraucher. Es habe sich nämlich gezeigt, dass die Kosten bei den verschiedenen Mobilfunktechnologien in etwa gleich bleiben oder zumindest nicht signifikant ansteigen. Die Leistungsfähigkeit steige aber enorm. Kundinnen und Kunden sollten daher schon bald mehr Leistung erwarten dürfen, ohne dass die monatlichen Internetkosten stark ansteigen, so Rupp.

Momentan sind 5G-Tarife teurer als 4G-Verträge. Über die zukünftige Preisgestaltung könne man derzeit noch nichts sagen, hieß es von Magenta und „3“. Auch A1 machte gegenüber help.ORF.at zu dem Thema keine genaueren Angaben.

Manche fürchten hohe Strahlenbelastung

Im Zuge des 5G-Ausbaus müssen zusätzliche Mobilfunkmasten errichtet werden. Das löst bei manchen Experten Besorgnis aus. Stefan Zbornik, IT-Berater und Präsident der IG Strahlungsfreies Kreuzlingen (Schweiz), befürchtet, dass dauerhafte Strahlenbelastung zu Organ- bzw. auch Gehirnschäden führen könnte. Laut WHO gibt es darauf jedoch derzeit keine konkreten Hinweise. WHO: Radiation – 5G mobile networks and health

Als Ingenieur könne er die gesundheitlichen Auswirkungen nicht im Detail beurteilen, meint TU-Experte Rupp. Er halte sich in diesem Zusammenhang an die Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), „die die Gefährdung durch Mobilfunkstrahlung in etwa mit der des Konsums von schwarzem Kaffee gleichsetzt“. Solange es keine seriöse Studie gebe, die glaubhaft Hinweise auf gefährliche Faktoren liefern könne, gehe er davon aus, dass die Einschätzung der WHO zutreffend sei, so Rupp.

Bundesregierung und Mobilfunkanbieter hoffen auf die fünfte Generation des Mobilfunks, wenn es darum geht, Breitbandtechnologie auch im ländlichen Raum zu etablieren. Während die Internetversorgung in Ballungszentren gut ausgebaut ist, steht die Landbevölkerung nicht selten auf dem Pannenstreifen der Datenautobahn. Dass auch dünn besiedelte Gebiete schon bald über adäquate Breitbandlösungen verfügen werden, bezweifelt der Experte allerdings.

Eine Frau in der U-Bahn schaut auf ihr Handy
AFP/Alain Jocard
5G soll auch unterwegs für stabile und schnelle Internetverbindungen sorgen

Ländlicher Raum bei Breitbandausbau im Nachteil?

Die mangelhafte Versorgung im ländlichen Raum habe vor allem demografische Gründe, meint Rupp. In dünn besiedelten Gebieten gebe es letztlich zu wenige potenzielle Kunden, um derartige Investitionen betriebswirtschaftlich rechtfertigen zu können. Klarerweise könne man die Netztarife auch nicht einseitig für die Landbevölkerung erhöhen, weswegen der Netzausbau auf dem Land wohl auch in Zukunft hinterherhinken werde, schätzt Rupp.

Dem widerspricht man bei „3“. In einer Reaktion auf unseren Artikel heißt es, dass man den Unternehmen vergünstigte in der vierten Auktionsphase der Frequenzvergabe vergünstigte Kaufpreise geboten habe, wenn „sie sich freiwillig dazu verpflichteten, selbst sehr entlegene ländliche Regionen mit schnellem High-Speed Internet zu versorgen.“ Insofern sei im Zuge des 5G Ausbaus eine wesentlich bessere Versorgung am Land in den kommenden Jahren zu erwarten, so „3“.

Eine Alternative zu 5G wäre ein konsequenter Ausbau des Glasfasernetzes. Vor allem dann, wenn die Glasfaserleitungen direkt bis in die Wohnungen und Häuser der Endkunden verlegt würden. Ein derartig weitgehender Ausbau, wie er in anderen Ländern durchaus üblich ist, ist in Österreich derzeit aber weder von den Telekommunikationsunternehmen noch vonseiten der Bundesregierung vorgesehen.

„5G-Smartphone zahlt sich derzeit nur bedingt aus“

Mittel- bis langfristig werde sich die 5G-Entwicklung aber jedenfalls lohnen und zahlreiche Technologiebereiche voranbringen, ist Mobilfunkexperte Rupp überzeugt. Ob die Anschaffung eines 5G-fähigen Smartphones schon zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll ist, müsse jeder für sich selbst entscheiden. Diese seien zurzeit teurer als herkömmliche Mobiltelefone, und auch die 5G-Tarifangebote seien kostspieliger als jene im 4G-Bereich. Etwas höhere Datenraten und stabilere Verbindungen könne man aber bereits jetzt erwarten.

Wer mobil im 4G-Netz surft, könne im Moment etwa 100 bis 200 Mbit erreichen, so Rupp. Bei 5G bieten Mobilfunker wie erwähnt zwischen 300 und 500 Mbit an. Rein technisch sollten aber bereits jetzt bis zu 1000 Mbit machbar sein, meint der Mobilfunkexperte. Das ist allerdings immer noch nur ein Zehntel des theoretischen Höchstwerts.