Diverse Handhygieneprodukte
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Viele Handhygienemittel nutzen kaum gegen CoV

Die Hände rasch zwischendurch reinigen, wenn man unterwegs ist – das klappt nur mit geeigneten Mitteln und genügend langer Einwirkzeit. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat 22 Handhygieneprodukte untersucht und teils gravierende Mängel festgestellt. Überdies sei schlecht erkennbar, welche Produkte überhaupt gegen Coronaviren wirken.

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Produkte für die Handhygiene im Alltag sind fast überall erhältlich. Lebensmittelgeschäfte, Drogerie- und Baumärkte, selbst der Buchhandel und Handyshops bieten die praktischen, kleinen Fläschchen an.

Durcheinander im Verkaufsregal

Oft sind die diversen Mittel knapp vor der Kassa positioniert, um noch rasch mitgenommen zu werden. In den Regalen finden sich Desinfektionsmittel, die tatsächlich gegen Coronaviren wirken, neben Kosmetika, die nur die Hände reinigen und pflegen.

„Für Konsumentinnen und Konsumenten ist es in dem kunterbunten Durcheinander schwierig, den Überblick zu behalten“, so Birgit Schiller, Biochemikerin und Projektleiterin beim VKI, gegenüber help.ORF.at. Vielen sei auch der Unterschied zwischen Produkten zur Reinigung und Produkten zu Desinfektion gar nicht bekannt. Aufgrund unzureichender Deklaration sei er oft auch nur schwer zu erkennen.

„Begrenzt viruzide“ Desinfektionsmittel

Der VKI untersuchte die Zusammensetzung und den Alkoholgehalt der Produkte sowie deren Deklaration. Die Wirksamkeit hängt unter anderem von der Menge des enthaltenen Alkohols ab.

Zur wirksamen Bekämpfung von Viren müssen die Produkte mindestens 80 Prozent Volumsanteil Ethanol oder 70 Prozent Volumsanteil 2-Propanol (Isopropanol) enthalten. Drei Milliliter 30 Sekunden lang auf den Händen verrieben sollten dafür genügen. Diese Mittel sind „begrenzt viruzid“, das heißt sie töten behüllte Viren wie den Erreger SARS-CoV-2 ab.

Ein Etikett wird auf eine Flasche mit Desinfektionsmittel geklebt
APA/dpa/Christian Charisius
Auf der Verpackung muss „begrenzt viruzid“ oder „viruzid“ stehen

Andere Produkte mit einem Alkoholgehalt zwischen 62 und 75 Prozent können zwar auch gegen Viren wirken. „Man braucht für einen Desinfektionsdurchgang aber deutlich mehr davon und muss die Flüssigkeit oder das Gel auch länger einwirken lassen“, so die Chemikerin. Ein Spritzer, der schnell verrieben wird, bevor die Hände zum Trocknen geschüttelt werden, wird kaum einen Effekt gegen die Viren haben.

Vier von 22 Mitteln können gegen SARS-CoV-2 wirken

Der VKI kaufte 22 im Handel angebotene Handhygieneprodukte. Viele Produkte bekannter Desinfektionsmittelhersteller waren allerdings nicht inkludiert. Von den Mitteln in der Erhebung sei nur bei vier Produkten überhaupt eine Wirksamkeit gegen Viren wie SARS-CoV-2 zu erwarten, so das Ergebnis. Der VKI überprüfte im Labor aber nicht, ob sie tatsächlich gegen diese Erreger wirkten.

Das Desinfektionsmittel von Certainly, das Clean & Fresh Desinfektions-Gel der Joh. Alex. Niernsee KG, das Reinigungs-Handgel von CF und die Handhygienelotion von Brüder Unterweger enthielten genügend Alkohol, um behüllte Viren wie Coronaviren innerhalb von 30 Sekunden unschädlich zu machen.

Viele Produkte wenig alltagstauglich

Bei weiteren 14 Produkten ergab der Test, dass sie nur dann wirksam gegen Viren sein können, wenn man sie mehrere Minuten lang einwirken lässt. Ihr Alkoholgehalt lag zwischen 62 und 75 Prozent.

„Für unterwegs sind diese Produkte nicht geeignet“, so Schiller. Zum einen sei die erforderliche Einwirkdauer zu lang, zum anderen benötige man eine viel zu große Menge des Mittels für jeden Desinfektionsvorgang. „Niemand verreibt eine große Menge Handhygienemittel zwei Minuten lang, wenn unterwegs rasch die Hände desinfiziert werden sollen.“ Vier Handhygieneprodukte lassen laut VKI eine „begrenzt viruzide“ Wirkung unter Alltagsumständen gar nicht erwarten.

Mängel bei der Deklaration

Viele Produkte waren überdies nicht korrekt deklariert. Kosmetika zur Handreinigung bzw. -pflege dürfen nicht damit werben, dass sie gegen Bakterien oder Viren wirken. Trotzdem fanden sich Bezeichnungen wie „antibakteriell“ auf den Verpackungen. Damit wären diese Produkte aber Biozide und dürften nicht als Kosmetika verkauft werden.

Andererseits waren einige Mittel zwar als Kosmetika zur Handreinigung gekennzeichnet, eine Analyse ergab aber, dass sie so viel Alkohol enthielten, dass auch eine biozide Wirkung zu erwarten ist. „Weil Angaben zum Alkoholgehalt und zur Einwirkdauer fehlen, ist das für Konsumentinnen und Konsumenten aber nicht zu erkennen“, so Schiller.

Diverse Handhygieneprodukte
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19 von 22 Produkten waren nicht ausreichend deklariert

Keine Impulskäufe

Wie so oft kann man sich am Preis nicht orientieren. Die getesteten Handhygieneprodukte kosteten zwischen 1,90 Euro und 26,30 Euro pro 100 ml. „Ein teures Mittel ist nicht unbedingt wirksamer gegen Viren. Auch günstige Mittel können Viren abtöten, wenn sie wirklich ein Biozid sind.“ Das gegen Coronaviren wirksame Desinfektionsmittel des österreichischen Herstellers Certainly kostete beispielsweise 2,50 Euro pro 100 ml.

Der VKI rät zu überlegen, wann der Einsatz von Handdesinfektionsmitteln überhaupt sinnvoll ist. „Es ist wichtiger, Abstand zu halten und daheim gründlich die Hände zu waschen, als sich unterwegs ständig die Hände zu desinfizieren“, so Schiller. Im schlimmsten Fall schaffe das nämlich ein falsches Gefühl der Sicherheit. Von Impulskäufen rät sie ab. „Nicht noch schnell bei der Kassa ein Produkt mitnehmen, sondern sich in Ruhe informieren, auf Kennzeichnung und Anwendungshinweise achten und schon vorher überlegen, wie man sich und seine Mitmenschen schützen kann.“