Das Symbol eines Einkaufskorbs leuchtet auf einer Computertastatur (gestelltes Foto).
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Fake-Bewertungen auf Amazon und Co.

Kundenbewertungen sind wichtige Entscheidungskriterien, wenn man online einkauft. Manche Firmen nutzen daher auch illegale Strategien, um an die begehrte Fünf-Stern-Bewertung zu gelangen. Firmenagenten ködern in Messanger-Diensten Testkäufer, die gegen Geld Topbewertungen verteilen und auf Onlineplattformen wie Amazon veröffentlichen.

Anfang Oktober wurde der deutsche Heise-Verlag auf einen Ordner mit über 14.000 Screenshots aufmerksam gemacht, der im Internet zugänglich war. Es handelte sich um Bilder von Amazon-Bestellbestätigungen und gefälschten Rezensionen. Der Onlineordner enthielt ausnahmslos Fünf-Stern-Bewertungen, vorwiegend für No-Name-Produkte chinesischer Hersteller.

Firmen erstatten Kaufpreis für Fünf-Stern-Bewertung

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Dahinter stecke ein ausgeklügeltes System, das seinen Ursprung auf Kommunikationsplattformen wie den Messanger-Diensten WhatsApp und Telegram hat, erklärt Heise-Redakteur Christian Wölbert. Dort würden Firmenagenten in speziellen Chatgruppen nach selbsternannten Produkttestern Ausschau halten, diese auffordern, bestimmte Produkte auf Amazon zu bestellen und mit fünf Sternen zu bewerten. Wenn eine solche Bewertung nachgewiesen wird, erhalten die Rezensenten als Belohnung den Kaufpreis über Zahlungsdienste wie PayPal erstattet.

Kaufempfehlung aufgrund gefälschter Bewertungen

Die angesprochenen „Produkttester“ bezahlen die Ware also ganz regulär über das Amazon-System und bekommen das Geld im Anschluss zurück. Der Onlinehändler bekommt von diesem Vorgang nichts mit, und die Top-Bewertung habe in der Folge einen Einfluss darauf, wie prominent das Produkt bei dem Onlinehändler platziert werde, so Wölbert.

Amazon Paket mit Gutscheinen
Hartmut Gieselmann/c’t
Wer eine Fake-Bewertung verfasst wird auch mit Gutscheinen belohnt

Gut bewertete Produkte, die darüber hinaus zu einem attraktiven Preis gehandelt werden, können daher auch die Auszeichnung „Amazons Choice“ erhalten. Da die Produkte, die mit gekauften Rezensionen gepusht werden, auch tatsächlich über Amazon bestellt wurden, können die gekauften Kundenbewertungen zusätzlich den Vermerk „Verifizierter Kauf“ tragen. Ein Hinweis, der der Rezension natürlich eine besondere Glaubwürdigkeit verleiht.

Amazon prüft Bewertungen und geht mit Klagen vor

Unsere Teams arbeiten mit Sozialen Medien, Instant Messaging- und Online-Zahlungs-Diensten zusammen, damit sie Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen können, die diesen Missbrauch in Gruppen und Chats außerhalb unserer Stores etablieren, wir haben weltweit Tausende von ihnen geklagt, so ein Amazon-Sprecher gegenüber help.ORF.at. Außerdem setze man Software und Prüfteams ein, um wöchentlich zehn Millionen Rezensionen zu analysieren und gegebenenfalls zu löschen, bevor sie veröffentlicht werden.

Man rate Kunden, die an der Glaubwürdigkeit der bei einem Produkt hinterlassenen Rezensionen zweifeln, den Link „Missbrauch melden“ zu klicken, der unterhalb jeder Bewertung verfügbar sei: „Auf diese Weise können wir nachforschen und notwendige Maßnahmen ergreifen.“, so Amazon. Der Heise-Experte meint, dass der Konzern hier aber noch konsequenter vorgehen müsste. Man sollte manuelle Prüfungen intensivieren und dafür sorgen, dass zusätzliches Personal die Bewertungen auf ihre Glaubwürdigkeit untersucht, so Wölbert.

Experte: Nutzerprofile der Rezensenten überprüfen

Dasselbe empfiehlt der Heise-Redakteur auch Konsumentinnen und Konsumenten. Man solle im Zweifelsfall das Nutzerprofil der Rezensenten prüfen, also derjenigen, die eine Bewertung abgegeben haben. Sollten dort auffällig viele Fünf-Stern-Bewertungen aufscheinen, sei Skepsis angebracht. Vor allem dann, wenn diese Bewertungen in auffällig kurzer Zeit abgegeben wurden.

Ob Onlineshops, Hotels, Handwerker oder Ärzte: Sterne vergeben kann man heute für fast alles. Für die Nutzer sind diese Dienste meist kostenlos, Onlineplattformen, die Bewertungen ermöglichen, verdienen eigentlich an denjenigen, die bewertet werden. Beispielsweise durch Provisionszahlungen, wenn ein Produkt über die Plattform gekauft oder eine angebotene Dienstleistung gebucht worden ist. Es gibt aber auch Anbieter, die den Kunden ganz bewusst spezielle Werbeschaltungen zur Verfügung stellen.

Auf bezahlte Werbung achten

Dies werde von Verbraucherorganisationen auch immer wieder kritisiert, sagt Wölbert, da in manchen Rankings nicht immer klar ersichtlich sei, warum ein bestimmter Anbieter eine Topplatzierung erhält. Ob das aufgrund der abgegebenen Bewertungen, der spezifischen Suchanfrage oder eben aufgrund einer gezielten Werbeschaltung erfolgt sei. Es sei aber in der Praxis doch üblich, dass seriöse Portale solche Werbeplätze kennzeichnen, so Wölbert.

Vermerke wie „Gesponsert“ oder „Bestseller“ sind Hinweise auf bezahlte Werbung. Auf eben solche Kennzeichnungen sollte man achten, rät Wölbert. Außerdem sollte man sich natürlich bewusst sein, dass es sich bei Kundenbewertungen um rein subjektive Wahrnehmungen handelt, die nicht zwangsläufig eine realistische Beschreibung des Produkts oder der bewerteten Leistung abgeben müssen. Wirklich getestet, wie das Verbraucherorganisationen machen können, werde hier schließlich nicht.

Viele Bewertungen können objektives Gesamtbild ergeben

Der Heise-Experte hofft jedoch, dass diese Tatsache den meisten Anwenderinnen und Anwendern bewusst ist. Vergleichsportale böten in jedem Fall den Vorteil, dass viele solcher subjektiven Bewertungen gesammelt würden, und auf diese Weise ein durchaus objektives Gesamtbild entstehen könne: „Ich würde das Bewertungssystem daher nicht rundum verteufeln wollen“, so Wölbert.

Ein Konsument, der sich an die Ö1-Konsumentenredaktion gewandt hat, meinte Hinweise darauf gefunden zu haben, dass eine österreichische Onlineplattform selbst Bewertungen für ihre Kundinnen und Kunden fälscht. Für derartige Praktiken gebe es generell aber keine Hinweise, sagt Wölbert. Dass Rankings verfälscht werden können – etwa in dem man sich selbst in großer Zahl Jubelbewertungen schreibt – könne man zwar nicht völlig ausschließen, der Experte geht aber davon aus, dass seriöse Vergleichsportale mittlerweile technische Vorkehrungen getroffen haben, um eine solche Vorgehensweise zumindest erheblich zu erschweren.