Sony TV-Gerät mit defektem Bildpanel
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Geplante Obsoleszenz

Experte: TV-Geräte halten im Schnitt fünf Jahre

Hersteller moderner TV-Geräte locken Jahr für Jahr mit höheren Auflösungen. Doch während die Auflösung steigt, scheint die Lebensdauer der Produkte immer geringer zu werden. Ein Wiener kaufte im Jahr 2016 zwei Fernseher von Sony. Kostenpunkt: 2.000 Euro pro Gerät. Nach weniger als drei Jahren traten Bildstörungen auf. Der Verdacht geplanter Obsoleszenz steht im Raum. Sony bestreitet das.

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Bunt sind Fernsehbilder schon lange. Mittlerweile werden sie auch Jahr für Jahr hochauflösender. Ob HD-Ready, Full HD oder UHD, das Rennen um zusätzliche Pixel scheint keine Grenzen zu kennen. Doch während sich die Auflösung fortlaufend erhöht, scheint die Lebensdauer der Geräte immer geringer zu werden. Ein Konsument aus Wien kaufte im Jahr 2016 bei Media Markt zwei Fernseher von Sony. Inklusive Lieferung und Montage bezahlte der Kunde 2.288 Euro pro Gerät.

„Totalschaden“ nach nur drei Jahren

Nach einer Betriebsdauer von weniger als drei Jahren traten massive Probleme auf. Eines der beiden Geräte hatte einen kompletten Bildausfall, bei dem zweiten zog sich ein Störstreifen quer über den Bildschirm. Der Wiener wandte sich an den Reparaturservice von Media Markt. Dort wurde ein defektes Bildpanel diagnostiziert. Ersatzteile gebe es keine mehr, dem Konsumenten wurde ein Totalschaden verkündet.

Sony-TV-Gerät mit Störstreifen
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Ein quer über den Bildschirm laufender Störstreifen trübt das Fernsehvergnügen erheblich

Von Sony erfuhr der verärgerte Kunde, dass defekte Flachbildschirme nicht erneuert würden, sondern in solchen Fällen das komplette Gerät getauscht werde. Ein Austausch war aber nicht mehr möglich, da sowohl die zweijährige Herstellergarantie als auch die gesetzlich geregelte Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen waren. Der Kunde vermutet, dass hier ein Fall von geplanter Obsoleszenz vorliegt.

Experte: Längere Lebensdauer wäre problemlos machbar

Unter dem etwas sperrigen Begriff „Geplante Obsoleszenz“ versteht man einen Vorgang, bei dem ein Hersteller die Produktion seiner Produkte bewusst so gestaltet, dass diese eine kürzere Lebensdauer aufweisen als nötig. In der Regel könnten die Hersteller eine wesentlich längere Haltbarkeit erzielen, ohne, dass die Produktion dadurch teurer würde, erklärt Stefan Schridde, Experte für geplante Obsoleszenz und Gründer der Initiative „Murks? Nein danke!“.

Im konkreten Fall könne man sehr wohl von geplanter Obsoleszenz ausgehen, meint Schridde. Technisch wäre es ein leichtes, TV-Geräte zu bauen, die zehn oder sogar zwanzig Jahre halten, ohne dass Mehrkosten beim Herstellungsprozess entstehen. Wenn ein TV-Gerät bereits im dritten Jahr den Geist aufgebe, sei das ein eindeutiger Hinweis darauf, dass das Produkt auf eine kurze Lebensdauer von etwa drei bis fünf Jahren ausgelegt war, so der Experte.

Fünf Jahre Haltbarkeit als Branchenstandard

In diesem Zusammenhang sei erschreckend, dass mittlerweile auch teure Geräte bekannter Markenhersteller eine derart kurze Lebensdauer aufweisen können. Der bekannte Name sei hier oft nur noch Hülse, sagt Schridde, eine Lebensdauer von zehn oder mehr Jahren mehr oder minder reine Glückssache.

Das decke sich auch mit den Erkenntnissen, die die Initiative „Murks? Nein danke!" gewonnen habe, als man sich im Rahmen eines Projekts mit dem Thema „Haltbarkeit von TV-Geräten“ beschäftigte. Es habe sich mittlerweile ein Branchenstandard herausgebildet, nach dem die Hersteller die Haltbarkeit ihrer Produkte auf etwa fünf Jahre beschränken. Dies habe nicht unbedingt mit Absprachen, sehr wohl aber mit Wettbewerbsbeobachtungen zu tun, so Schridde. Die Produzenten orientieren sich an der Konkurrenz und passen den eigenen Herstellungsprozess entsprechend an.

Sony bestreitet geplante Obsoleszenz

Gegenüber help.ORF.at bestreitet Sony, dass geplante Obsoleszenz bei der Produktion eine Rolle spiele. Auf die Frage, welche Lebensdauer man sich von Geräten der Marke Sony erwarten könne, macht das Unternehmen aber keine genauen Angaben. Diese übersteige im Normalfall die Herstellergarantie sowie die von Sony angebotene Zusatzgarantie, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Sony bietet eine Herstellergarantie von zwei Jahren und eine optionale Zusatzgarantie von bis zu drei Jahren. Macht in Summe genau fünf Jahre.

Geplante Obsoleszenz belastet nicht nur die Geldbörsen der Kundinnen und Kunden sondern auch die Umwelt. In Deutschland stünden pro Jahr 40 Millionen Stellplätze für den Verkauf von Fernsehern zur Verfügung, so Schridde. Acht Millionen Geräte würden jedes Jahr entsorgt. Bildschirmprobleme wie im aktuellen Fall gehören zu den häufigsten Schäden moderner Flachbildfernseher. Oft seien nur kleine Baufehler dafür verantwortlich, wie etwa eine falsch platzierte Kühlung.

Unabhängige Reparaturwerkstätte kann helfen

Beim Neukauf sollten Konsumentinnen und Konsumenten sich daher über die Kühlung informieren. Außerdem sollte man sich nach der Verfügbarkeit von Ersatzteilen und der Reparierbarkeit des Geräts erkundigen. Denn auch bei Bildschirmdefekten könne es sich häufig lohnen, eine freie Reparaturwerkstätte oder ein RepairCafe aufzusuchen, sagt Schridde: „Es ist erstaunlich, was diese Menschen dann reparieren können, wo vorher die vermeintlichen Experten scheinbar scheitern.“

Um geplante Obsoleszenz einzudämmen, sieht Schridde auch den Handel in der Pflicht. Die Händler müssten die Beschwerden ihrer Kunden ernst nehmen und sollten auffällige Produkte nicht mehr anbieten, meint der Experte. Darüber hinaus sei die Politik gefordert. Die Europäische Kommission habe mittlerweile eingeräumt, dass geplante Obsoleszenz tatsächlich existiere. Im Rahmen des Green New Deal habe EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) Maßnahmen gegen das Phänomen angekündigt, nun sei es Zeit für die Politik zu handeln, so Schridde.