Zwei Kreditkarten der Firmen Mastercard (l) und Visacard
APA/dpa/Boris Roessler
APA/dpa/Boris Roessler

Diskriminierung: Keine Kreditkarte in der Karenz

Anfang September wurde einer jungen Mutter vom Kreditkartenanbieter Card Complete die Kreditkarte gekündigt. Ohne Angabe von Gründen. Auf ihre Anfrage hin antwortete man ihr, sie solle „nach ihrer Karenz“ wieder einen Antrag stellen. Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark sieht im Vorgehen des Kreditkarteninstituts einen klaren Fall von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

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Anfang September wandte sich eine junge Steirerin an die Antidiskriminierungsstelle Steiermark. In einem Schreiben ihres Kreditkarteninstitutes sei ihr mitgeteilt worden, man würde ihr die Kreditkarte kündigen. Und das obwohl die Konsumentin als Juristin in einem größeren Konzern 2.500 Euro Gehalt bezog.

„Diskriminierung aufgrund des Geschlechts“

Zum Zeitpunkt des Schreibens war die Frau seit zehn Monaten in Karenz. Mit Kinderbetreungsgeld und Familienbeihilfe kam sie auf knapp 2.200 Euro, rund 300 Euro weniger als davor. Auf ihre Nachfrage beim Kreditkartenabieter Card Complete Service Bank AG antwortete man ihr, sie könne gerne „nach ihrer Karenz“ wieder eine Antrag stellen.

Aus Sicht von Daniela Grabovac, Juristin und Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts der Konsumentin. Begründbar damit, dass deutlich mehr Frauen in Karenz gehen als Männer. „Damit suggeriert die Bank, eine Frau in Karenz würde künftig ohnehin nicht mehr arbeiten“, so Grabovac.

Card Complete verweist auf Kreditrisiko

Gegen „Geschlechtliche Ungleichbehandlung“ kann man in Österreich seit dem Jahr 2004 gesetzlich vorgehen. Bei Gericht könnte der Konsumentin damit ein Schadensersatz von mindestens 1.000 Euro zugesprochen werden, so die Juristin.

Help.ORF.at gegenüber weist Card Complete diesen Vorwurf aber in einer schriftlichen Stellungnahme zurück. Die Entscheidung, ob ein Kreditrisiko eingegangen werden könne, betreffe ausschließlich die Absicherung des Kreditrisikos. Sonstige Erwägungen würden keine Rolle spielen. Sobald sich die persönliche Einkommenssituation ändere, empfehle man, die Bank zu kontaktieren und die neuen Umstände zu besprechen.

Antidiskiminierungsstelle rät zu Klage

Eine Argumentation, die Daniela Grabovac anstelle der Konsumentin nicht davon abhalten würde, die Bank zu klagen. Im Gegenteil sei die Beweislage aufgrund des schriftliche Verkehrs sehr gut. Die Juristin kritisiert außerdem die Aufforderung der Bank, ihr Einkommen beweisen zu müssen.

„Bei einer Karenz ist für mich fraglich, warum man der Bank überhaupt etwas mitteilen muss“, so Grabovac. Ihr sei kein weiterer Fall bekannt, in dem eine Bank fordert, das proaktiv zu melden. „Damit wird den Kunden das Gefühl vermittelt, man habe etwas Falsches gemacht und sich Schuld aufgebürdet“, sagt Daniela Grabovac.

Kreditkartenanbieter lenkt ein

Vergangenen Mittwoch lenkte Card Complete dann doch ein und hob die Kreditkartenkündigung der Konsumentin auf. Auf die Frage von help.ORF.at, warum es dafür offenbar eines Schreibens der Konsumentenredaktion bedurfte, antwortete Card Complete nur ausweichend. Entscheidend sei, dass man gemeinsam mit der Kundin eine passende Lösung finden habe können.

Sammelklage denkbar

Der Schadenersatzanspruch für die Konsumentin ist damit aber nicht aufgehoben, so die Juristin. Sollten sich künftig mehr Betroffene melden, wäre auch eine Sammelklage bei einer Konsumentenschutzeinrichtung denkbar. „Dann könnte man die Systematik dahinter beweisen und diese diskriminierenden Praktiken im Rahmen eines Gerichtsverfahrens abstellen“, so Grabovac.