Ein Schild weist darauf hin, dass Fußgänger links die Stufen und Menschen mit Rollstuhl rechts eine Auffahrtsrampe benutzen können.
APA/dpa/Fredrik von Erichsen
Andi Weiland | www.gesellschaftsbilder.de

Urlaub mit Rollstuhl bleibt Herausforderung

Trotz entsprechender Gesetze ist Barrierefreiheit in heimischen Hotels noch immer nicht selbstverständlich. Für Menschen, die einen Rollstuhl benutzen, ist die Planung einer Urlaubsreise mit erheblichem Rechercheaufwand verbunden. Denn passende Zimmer sind rar. Dabei ist das barrierefreie Reisen ein lukrativer Markt.

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Im Jahr 2006 ist das Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz in Österreich in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Alle Lebensbereiche sollen ohne fremde Hilfe nutzbar sein. Das gilt auch für den Urlaub.

Nur ungenaue Angaben zu barrierefreien Zimmern auf Hotel-Websites

Doch auch 14 Jahre später ist Barrierefreiheit im Tourismus noch immer nicht selbstverständlich. „Die Probleme beginnen bereits bei der Buchung, denn oft ist es nicht gleich ersichtlich, wie barrierefrei ein Urlaubsort oder ein Hotel überhaupt ist“, so Markus Ladstätter vom Verein BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, der selbst einen Elektrorollstuhl nutzt.

Während 100 Prozent der Standard-Zimmer bequem über das Internet gebucht werden können, ist das bei barrierefreien Zimmern – sollte es überhaupt welche geben – gerade einmal in einem Viertel der Fälle möglich. Dies ergab eine Untersuchung von Comfort4all aus dem Jahr 2017, einem Wiener Beratungsunternehmen mit dem Schwerpunkt Barrierefreiheit.

Ein Rollstuhlnutzer steuert eine Rampe in einem modernen Gebäude an
Visit Frankfurt, Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de

Schwierige Onlinesuche und -buchung

Zwar bieten große Buchungsplattformen wie Booking.com auch die Suche nach Barrierefrei-Kriterien an, doch die Angaben werden nicht überprüft, sondern kommen von den Hotels selbst. Eine genaue Nachfrage vor der Buchung ist weiter nötig.

Genauere Infos finden sich auf speziellen Websites wie Roomchooser.com und Reisen-für-Alle.de. Hier können Personen mit Einschränkungen genau angeben, welche Ausstattung sie benötigen und so geeignete Hotelzimmer filtern. Doch noch ist die Zahl der gelisteten Hotels überschaubar.

Selbst vermeintlich barrierefreie Zimmer oft mit Hürden

Für Betroffene bedeutet die Urlaubsplanung also vor allem eines: Herumtelefonieren, um herauszufinden, ob entsprechende Zimmer vorhanden sind und wie diese ausgestattet sind. Ist schließlich ein passendes Hotel gefunden, schaut es bei der Ankunft vor Ort dann oft wieder ganz anders aus. Denn gut gemeint, heißt noch lange nicht gut gemacht.

„Häufig mangelt es schlicht an Manövrierraum, man kann sich mit dem Rollstuhl etwa schon im Eingangsbereich des Zimmers nicht gut bewegen. Auch neben dem Bett und im Badezimmer fehlt es oft an ausreichend Platz“, so Ladstätter. „Es gibt leider sehr wenige Zimmer, die wirklich ohne Mängel konstruiert sind.“

Und das obwohl eine ÖNORM genau angibt, wie viel Platz barrierefreie Zimmer für Rollstuhlfahrer aufweisen sollten. Kontrolliert wird die Einhaltung dieser ÖNORM aber nicht, sie ist nur eine Empfehlung an die Hoteliers.

Ein Mann im Rollstuhl nutzt den barrierefreien Zugang in ein Museum in Frankfurt
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Auch manche Ausstattung ist nicht durchdacht

Und selbst wenn genug Platz vorhanden ist, ist die Ausstattung der vermeintlich barrierefreien Räume oft unzureichend ausgeführt. So kommt es vor, dass im Bad zwar eine bodengleiche Dusche das Hineinfahren mit dem Rollstuhl erlaubt und auch ein Sitz in der Dusche vorhanden ist, aber die Bedienelemente wie Duschkopf und Warm- und Kaltwasser so weit entfernt sind, dass sie vom Sitz nicht erreicht werden können. „Dann sitzt man zwar in der Dusche, aber kommt nicht zum Wasserhahn,“ so Ladstätter.

Auch fehlende Haltegriffe und zu hoch montierte Garderobehaken können Rollstuhlnutzern den Urlaub unnötig erschweren. Wer auf derartige Barrieren stößt, muss selbst aktiv werden und den Hotelier auf die Mängel aufmerksam machen.

Betroffene müssen Initiative ergreifen und Hoteliers auf Mängel hinweisen

Ladstätter rät Betroffenen, sich am besten gleich vor Ort über eventuelle Hürden zu beschweren, so dass der Mangel im besten Fall noch während des Aufenthalts beseitigt werden kann. Denn oft wird Barrierefreiheit keineswegs absichtlich oder bewusst ignoriert, sondern ist das Fehlen einzig durch Unwissenheit begründet.

Ist eine Beseitigung der Hürde nicht sofort möglich, sollte man sich noch im Nachhinein an die Geschäftsführung wenden, um das Problem anzusprechen. „Ist auf Seiten des Hotels keine Einsicht vorhanden, können Betroffene nach dem Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz ihrem Recht nachgehen und mithilfe einer Schlichtung eine Änderung herbeiführen“ so Ladstätter.

Zwei Drittel der Schlichtungen enden mit Einigung

Eine solche Schlichtung ist kostenlos und wird vom Sozialministeriumservice durchgeführt. Das Unternehmen wird dabei von der Behörde dazu aufgefordert, bei einem gemeinsamen Gespräch eine Lösung für die diskriminierende Situation zu finden. Pro Jahr werden im Schnitt 110 Schlichtungen nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz durchgeführt, in etwa zwei Drittel der Fälle kann eine Einigung erzielt werden.

Ein Instrument, das Betroffene durchaus öfter in Anspruch nehmen sollten, so Ladstätter. Derzeit würden viele Menschen, die diskriminiert werden, den Aufwand scheuen und ihr Recht nicht weiterverfolgen und keine Schlichtung einleiten. „Es wäre gut, wenn behinderte Menschen ihr Recht einfordern, weil sonst wird sich leider wenig ändern“, so Ladstätter.

Eine Frau mit Rollstuhl vor verschiedenen Marktständen
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Kein Recht auf Entfernung der Barriere

Ein Recht auf Beseitigung der Barriere haben betroffene Privatpersonen nämlich nicht. Stellt sich der Unternehmer stur, kann man zwar klagen und etwaigen Schadenersatz zugesprochen bekommen. Die Barriere muss im Anschluss allerdings nicht entfernt werden. Ein Umbau ist nicht verpflichtend.

„Es gibt Hoteliers, die sind da sehr einsichtig und versuchen möglichst rasch eine Verbesserung herbeizuführen, andere wiederum sehen überhaupt keinen Handlungsbedarf,“ so Ladstätter. Diese würden ihr fehlendes Barrierefrei-Engagement oft damit begründen, dass sie keine Gäste mit Rollstuhl hätten. „Das ist ein Henne-Ei-Problem, weil wenn es nicht barrierefrei ist, dann wird man dort auch nicht hinfahren.“

Manche Hotels erkennen Potenzial

Doch es geht auch anders. Manche Tourismusbetriebe haben das Potenzial der großen Gruppe an Menschen mit Beeinträchtigungen erkannt und setzen gezielt barrierefreie Angebote. Denn Zielgruppe sind nicht nur Menschen mit Rollstuhl und ihre Familien, sondern auch ältere Personen oder solche mit Sportverletzungen und vorübergehenden Mobilitätseinschränkungen. Und auch Familien mit Kleinkindern im Kinderwagen profitieren von den barrierefreien Maßnahmen.