Zwei Kreditkarten unter der Hand einer älteren Frau
help.ORF.at/Paul Urban Blaha
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Altersdiskriminierung: Keine Kreditkarte mehr ab 70

Seit Jahren beschweren sich Seniorinnen und Senioren, dass ihre Kreditkarte nicht verlängert wurde. Die Banken weigern sich häufig, an Personen ab 70 Jahren Kreditkarten auszugeben. Unabhängig von der Pensionshöhe und trotz ausreichender Bonität und Sicherheiten.

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Im Jahr 2018 meldete sich erstmals eine 72-jährige Pensionistin bei der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, mit der Beschwerde, dass ihr, seit sie 70 Jahre alt ist, die Kreditkarte nicht mehr verlängert wurde. Ein großes Problem für die Steirerin, die viel reist und ihre Hotels und Flüge stets über die Kreditkarte gebucht hatte. Um das auch weiterhin tun zu können, borgte sie sich die Visa-Karte ihrer Tochter aus.

Gefahr des Sterbens offenbar zu groß

Leider kein Einzelfall, sagt Juristin Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark. Immer wieder melden sich dort verärgerte Seniorinnen und Senioren, die ab ihrem 70. Lebensjahr von der Bank keine Kreditkarte mehr bekommen. Die Betroffenen berichten, dass ihnen schon beim Eintritt in die Pension der Überziehungsrahmen ihres Kontos gestrichen wird.

Als Beispiel nennt Grabovac den Fall einer 82-Jährigen mit einer Pension von 1.400 Euro. Beim Einzahlen von Erlagscheinen hatte die Frau manchmal zu wenig Geld auf dem Konto, weshalb sie in der Folge Mahnungen erhielt. Um das zu verhindern, habe sie ihre Bank gebeten, ihr einen Überziehungsrahmen von 200 Euro einzurichten. Daraufhin verlangte die Bank eine Bürgschaft von ihrem Sohn für die 200 Euro. Immerhin könne sie jederzeit sterben, dann würde man auf den 200 Euro sitzen bleiben, so die Bank.

Kein Rechtsmittel gegen Altersdiskriminierung durch Banken

Gestrichen werde der Überziehungsrahmen aber auch bei Seniorinnen und Senioren mit deutlichen höheren Pensionen, unabhängig davon, wie viel Geld am Konto liegt, so Grabovac. So bemerkte etwa ein pensionierter Bankdirektor mit 5.000 Euro Pension erst auf seinem Kontoauszug, dass man seinen Überziehungsrahmen auf null gestellt hatte. Auf Nachfrage bei der Bank antwortete man ihm, ihnen sei ein Fehler im Computersystem unterlaufen, den man umgehend bereinigen werde.

Über 100 solcher Fälle sind bei der Antidiskriminierungsstelle Steiermark eingegangen. Juristin Grabovac sieht darin ein deutliches diskriminierendes Muster. Rechtlich könne man gegen Altersdiskriminierung im Bank- und Versicherungswesen in Österreich nicht vorgehen, so die Juristin. Anders als in mehr als 30 Staaten Europas, darunter Italien, Frankreich, England und Schweden.

Dennoch ist es Grabovac ein paar Mal gelungen, erfolgreich bei den Banken zu intervenieren. In diesen Fällen wurde den Kundinnen und Kunden wieder ihr früherer Überziehungsrahmen gewährt. Kreditkarten wurden aber in keinem einzigen Fall ausgestellt.

Kritik von Pensionistenverband

Diese Geschäftspolitik der Banken wird auch vom Österreichischen Pensionistenverband kritisiert und als „entwürdigend“ und „zutiefst diskriminierend“ verurteilt. Derzeit habe man den Eindruck, als Bankkunde eigentlich nicht erwünscht zu sein, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber help.ORF.at.

Die Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich wehrt sich gegen den Vorwurf der Altersdiskriminierung: Das Kriterium für die Vergabe einer Kreditkarte seien in erster Linie regelmäßige Gehalts- oder Pensionseingänge. Bei der Beurteilung des Einbringlichkeitsrisikos spiele das Lebensalter und die damit verbundenen Ein-kommenseinschränkungen zwar eine Rolle, allein aufgrund des Alters würde jedoch kein Kunde abgelehnt.

Aufruf an Betroffene: Diskriminierung melden

Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle Steiermark rät jedenfalls jedem Betroffenen, der sich aufgrund seiner Alters diskriminiert fühlt, dagegen vorzugehen. Am besten, man beschwere sich bei der Bank oder beim Kreditkarteninstitut. Zudem solle man sich aber auch an eine Antidiskriminierungsstelle oder eine Konsumentenschutzeinrichtung wenden.

„Nur wenn wir viele Fälle haben, können wir nachweisen, dass es nicht am Einzelnen und seiner Bonität liegt, sondern dass das System und Muster hat“, so Grabovac. Sie hofft, dass die Banken eines Tages Lösungen anbieten werden, mit denen man älteren Menschen gerecht wird, die genauso an der Gesellschaft teilnehmen wollen wie alle anderen auch, so Grabovac.