Frau mit Maske am Strand
Reuters/Borja Suarez
APA/dpa/Christoph Soeder
Reiseprobleme

Lange Wartezeiten bei Konsumentenschützern

Wenn Pauschalreisen abgesagt oder Flüge storniert werden, haben Konsumenten oft Anspruch auf Kostenerstattung. Reiseveranstalter und Airlines verweigern oder verzögern Rückzahlungen momentan jedoch. Der Kampf ums Geld kann zum Spießrutenlauf werden. Konsumentenschutzeinrichtungen werden mit entsprechenden Beschwerden überhäuft und sind überlastet. Lange Wartezeiten sind die Folge.

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Egal ob Reiseveranstalter, Hoteliers oder Fluglinien: Viele Touristikunternehmen hören das Wort Kostenerstattung momentan nicht sehr gerne. Angesichts der anhaltenden Coronaviruspandemie und damit verbundenen Insolvenzängsten mag das zwar nachvollziehbar sein, die Leidtragenden sind in solchen Fällen jedoch auch immer die betroffenen Kundinnen und Kunden.

„Kundinnen und Kunden werden im Kreis geschickt“

Manche Unternehmen versuchen sich gänzlich aus der Verantwortung zu stehlen, bei anderen kann der Kampf ums Geld zu einem Spießrutenlauf werden, der lange dauert und Nerven kostet.

Häufig sei es so, dass die Konsumentinnen und Konsumenten im Kreis geschickt würden, sagt der Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ), Georg Mentschl. So spielen sich etwa Reiseveranstalter und Airlines gerne gegenseitig den Ball zu, wenn es um Rückzahlungen geht. Im EVZ, das Konsumentinnen und Konsumenten in Reiserechtsfragen auch persönlich berät, glühen zurzeit nicht selten die Telefonleitungen, und der E-Mail-Posteingang quillt über.

Mit Wartezeit von 12 Wochen muss gerechnet werden

Diese Situation führe dazu, dass es aufgrund mangelnder Ressourcen zu längeren Bearbeitungszeiten komme. Man sei bemüht, alle Anfragen der Reihe nach abzuarbeiten, aber das dauere momentan natürlich seine Zeit, so Mentschl. Derzeit sei mit einer Bearbeitungszeit von 12 Wochen zu rechnen, heißt es auf der Webseite des EVZ. Bis vor kurzem war dort zu lesen, dass im Moment überhaupt keine neuen Fälle übernommen werden können.

Auf Nachfrage durch help.ORF.at beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hieß es, dass es sich dabei um einen „leider unglücklich formulierten Warnhinweis“ gehandelt habe. Der Hinweis wurde mittlerweile gelöscht. EVZ-Leiter Georg Mentschl versichert, dass man bemüht sei, die Konsumentinnen und Konsumenten "nach bestem Wissen und Gewissen zu informieren und zu unterstützen.“

Corona-Reiserechts-Hotline eingestellt

Anfang März hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI), zu dem auch das EVZ gehört, eine kostenlose Corona-Reiserechts-Hotline eingerichtet. Über 50.000 Anfragen konnten seitdem über diese Hotline bearbeitet werden, sagt Mentschl. Auf der Homepage des EVZ finde man außerdem zahlreiche Musterbriefe und FAQs zu Reiserechtsfragen und Corona, um Verbraucherinnen und Verbrauchern das notwendige Rüstzeug zur Selbsthilfe in die Hand zu geben.

Die im Auftrag des Sozialministeriums etablierte Telefonberatung musste jedoch am 31. Juli eingestellt werden. Der Vertrag sei ausgelaufen, sagt der EVZ-Chef. Bedarf nach qualifizierter Information sei sicherlich nach wie vor vorhanden, die Entscheidung, ob die Hotline wieder in Betrieb gehen wird, liege jedoch nicht beim EVZ.

„Wäre schön, wenn Hotline weitergeführt würde“

Das Ministerium verweist darauf, dass die Anfragen mittlerweile stark zurückgegangen seien. Sollte der Andrang wieder stärker werden, werde man eine Wiederaufnahme prüfen. Die Hotline verzeichnete im März knapp 19.000 Anfragen. Diese Zahl sei tatsächlich gesunken, so Mentschl. Allerdings stand die Telefonberatung ab Mai nur noch drei Stunden pro Tag zur Verfügung, davor waren es sechs Stunden.

Im Juli seien immer noch über 4.000 Anrufe eingegangen, die erledigt werden konnten. Es wäre schön, wenn wir dieses Service weiterhin anbieten könnten, meint EVZ-Leiter Mentschl.

EVZ bietet weiterhin persönliche Beratung an

Insgesamt haben im Juli 4.171 Personen die Reiserechts-Hotline kontaktiert. Im Schnitt haben also 134 Personen täglich telefonisch um Rat gefragt. 134 Konsumentinnen und Konsumenten, die entweder Ärger mit Reiseveranstaltern, Hoteliers oder Airlines hatten, oder die beispielsweise wissen wollten, unter welchen Bedingungen man Reisen stornieren kann und wie hoch Zusatzkosten für COVID-19-Tests ausfallen dürfen.

Hinzu kamen 800 Rückrufe von VKI-Mitarbeitern als Back-Up-Service für die Corona-Hotline und etwa 5.000 Corona-bezogene E-Mail-Beantwortungen. Natürlich sei das Thema Reisen „ein sehr heißes Thema“, und man rechne damit, dass die Beschwerden nicht nachlassen werden, sagt Mentschl. Sowohl VKI als auch EVZ bieten weiterhin Termine für persönliche Gespräche an, sollte man mit komplexen Reisefragen befasst sein und nicht weiterwissen. Die Wartezeit für einen Termin betrage derzeit zwei Wochen, so der EVZ-Chef.

Liste mit alternativen Anlaufstellen im Netz

Doch wohin können sich Konsumentinnen und Konsumenten sonst noch wenden? Das Ministerium hat auf seiner Webseite eine Liste mit alternativen Anlaufstellen bei Reisefragen publiziert. Darunter befindet sich neben den Arbeiterkammern (AK) und dem ÖAMTC auch die Tourismus-Servicestelle. Eine Schlichtungsstelle, die im Landwirtschaftsministerium (BMLRT) angesiedelt ist und für Probleme bei Inlandsreisen zuständig ist.

Telefonisch ist aber auch dort momentan niemand zu erreichen. „Aufgrund der Komplexität der Anfragen und beschränkter Ressourcen“ könne die Kontaktaufnahme nur schriftlich per Mail erfolgen, heißt es seitens des BMLRT.

Keine Budgeterhöhung für Konsumentenschutz

Der Staat investiert momentan eine Menge Geld, um die Folgen der Krise abzufedern. Auch im Tourismusbereich, etwa für Coronatests in Hotels. Für den Konsumentenschutz sei eine Budgetaufstockung aber derzeit kein Thema, heißt es von Seiten des Sozialministeriums. Man sei aber mit dem VKI laufend in Gesprächen und werde die Lage weiterhin beobachten und evaluieren.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das allerdings, dass sie sich bei Reisebuchungen eines gewissen Risikos bewusst sein sollten. Bei Problemen könnte es momentan schwierig werden, bestehende Konsumentenrechte auch durchzusetzen. Auf jeden Fall dürfte es länger dauern.