Der Schriftzug „Cancelled“ auf de Anzeigetafel des Flughafens Frankfurt
APA/dpa/Silas Stein
APA/dpa/Silas Stein

Kritik an schleppender Flugticketerstattung

Die Erstattung von Flügen, die coronavirusbedingt abgesagt wurden, erweist sich als Geduldsprobe für Passagiere. Viele warten bereits monatelang auf ihr Geld. Besonders lange dauert es, wenn Flüge nicht direkt bei der Airline, sondern über Onlineplattformen gebucht wurden. Fluggäste würden hier oft im Kreis geschickt, kritisieren Verbraucherschützer.

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Bei der Telefonhotline des Europäischen Verbraucherzentrums Österreich (EVZ) im Verein für Konsumenteninformation (VKI) reißen die Beschwerden über Probleme bei der Rückerstattung annullierter Flüge nicht ab. „Das Telefon hört nicht auf zu läuten, dabei sehen wir nur die Spitze des Eisbergs“, so Andreas Herrmann, Jurist beim EVZ.

„Firmen informieren zu wenig“

„Wir haben immer noch Anfragen von Leuten, die seit April auf die Rückerstattung oder sogar auf eine erste Rückmeldung warten“, so Herrmann. Viele Konsumenten hätten auch Verständnis für die schwierige Situation. Doch manche Unternehmen seien seit Wochen „auf Tauchstation“. Firmen sollten ihre Kundinnen und Kunden zumindest darüber informieren, ob ihr Fall bearbeitet wird und wann das Geld zu erwarten ist. „Aber genau das passiert nicht.“

Ein Passagier mit Gesichtsmaske in einem AUA-Flugzeug
APA/HELMUT FOHRINGER
Die Zwangspause der AUA dauerte fast drei Monate

Auch die Verbraucherschützer wissen um die schwierige wirtschaftliche Lage der Reisebranche. Niemand erwarte, dass die Airlines derzeit das Geld für abgesagte Flüge innerhalb von sieben Tagen erstatten, so wie es vorgeschrieben ist. Es dauert bei allen deutlich länger – mit wenigen Ausnahmen.

Wizz-Air-Kunden kommen rascher zum Geld

„Die ungarische Billigfluglinie Wizz Air, die uns sonst öfter negativ auffällt, war eine der Airlines, die das Geld am schnellsten erstattet hat“, so Herrmann. Die heimische AUA sei hingegen unter jenen Fluglinien, die länger brauchen. Die AUA teilte auf Anfrage von help.ORF.at mit, dass mit Anfang Juli etwa 40 Prozent der Anträge bearbeitet worden seien, bei Reisebürobuchungen seien es 70 Prozent. Bis Ende August werde man den Rückstau abgearbeitet haben.

Lange Wartezeiten bei Buchungsplattformen

Besonders holprig läuft es laut EVZ derzeit bei der Erstattung von Flügen, die über Vermittler wie Opodo, Expedia, Kiwi und andere Onlineplattformen gebucht wurden. Konsumenten würden bei einigen nicht nur lange warten, sondern oft auch noch im Kreis geschickt.

Das EVZ vertritt die Rechtsansicht, dass Airlines das Geld direkt an die Konsumenten erstatten müssen. „Die Fluglinien sehen das leider anders und erstatten nur an den Vermittler, weil dieser die Buchung bezahlt hat“, so der EVZ-Jurist. Für Konsumenten sei das extrem mühsam, weil Vermittler meist schwerer zu erreichen seien und manche die Kunden wieder an die Airline zurückverweisen. Ein Gerichtsurteil, dass Fluglinien das Geld selbst an die Passagiere zu erstatten haben und sich nicht auf Vermittler ausreden dürfen, gibt es nicht.

Viele Beschwerden über Opodo

Besonders negativ sei das Reiseportal Opodo aufgefallen. Das EVZ kritisiert, dass E-Mail-Adressen oft nicht funktionieren würden, selbst eingeschriebene Briefe unbeantwortet blieben und die Telefone heillos überlastet seien. Die Folge: Konsumenten kämen monatelang nicht zu ihrem Geld.

Opodo verweist gegenüber help.ORF.at auf die vielen Anfragen und meint, Kunden könnten sich sowohl über die Webseite als auch über die Hotline informieren. Das Geld könne man aber erst dann auszahlen, wenn man es von der Airline bekommen habe. Wie lange das dauert, kann Opodo nicht sagen.

Passagier mit zwei Koffern auf dem Flughafen Wien-Schwechat
APA/ROBERT JAEGER
Mit dem Ausbruch des Coronavirus ist das Passagieraufkommen am Wiener Flughafen massiv eingebrochen

Kiss&Fly gibt das Geld nicht weiter

Sogar wenn die Fluglinie die Ticketkosten an den Vermittler überwiesen hat, heißt das noch lange nicht, dass das Geld auch zu den Konsumenten kommt. Beim EVZ gibt es einige Fälle, wo Konsumenten beim Vermittler nachgefragten und die Auskunft bekamen, dass die Airlines das Geld noch nicht überwiesen hätten.

Konsumenten, die sich nach ein, zwei Monaten selber bei der Airline erkundigten, erfuhren dann, dass die Ticketkosten längst an den Vermittler erstattet worden seien. „Das ist uns in letzter Zeit verstärkt bei der Firma TTN GmbH mit Sitz in Wien aufgefallen, die die Webseite Kiss&Fly betreibt“, so Herrmann.

Help.ORF.at wollte von Kiss&Fly wissen, warum das Geld der Kunden einbehalten wurde und, ob die Firma damit ihren laufenden Betrieb finanziert. Auch auf Nachfrage gab es dazu keine Auskunft. In einer automatisierten Nachricht weist die Firma nur auf längere Wartezeiten hin und, dass das Geld innerhalb von zehn Werktagen gutgeschrieben werde, sobald es die Fluglinie freigibt. Warum das trotzdem nicht passierte, blieb unbeantwortet.

Fragwürdige Bearbeitungsgebühren

Konsumentinnen und Konsumenten müssen sich wohl auf längere Wartezeiten einstellen. Kein Vermittler, kein Reisebüro werde derzeit eigenes Geld vorstrecken, um Ticketerstattungen zu finanzieren, so Herrmann. Manche Buchungsplattformen verlangen für die Bearbeitung von Erstattungen zusätzlich eine Gebühr, meist um die 30 Euro. Auch 50 Euro wurden schon einbehalten. Ob das überhaupt rechtens ist, werde erst ein Gericht klären können.

Wie man doch noch zum Geld kommt

Sind Firmen wochenlang auf Tauchstation sollte man ihnen schriftlich eine Frist von zwei Wochen setzen, um das Geld zu überweisen. Oft müsse man hartnäckig sein, regelmäßig nachfragen und notfalls eine neue Frist setzen, so der Jurist. Verbraucherorganisationen und die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (Apf) können helfen, wenn gar nichts weitergeht. Aber auch hier gibt es wegen der vielen Anfragen längere Wartezeiten.

Wer einen Flug mit Kreditkarte bezahlt hat, kann auch versuchen, das Geld über die Kreditkartenfirma mittels Chargeback zurückzuholen. Sehr lange sollte man nicht zuwarten. Bei reinen Flugbuchungen ist man nicht abgesichert, wenn die Firma pleitegeht. Und dann ist das Geld weg.