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APA/zb/Monika Skolimowska
APA/zb/Monika Skolimowska

Altersdiskriminierung: Kein Kredit für 49-jährige Lehrerin

Eine 49-jährige Steirerin beantragte bei der Bank einen Kredit. Gegen Auszug ihres Pensionskontos und einer Bürgschaft wurde dieser schriftlich gewährt. Vier Monate später lehnte die Bank die Kundin plötzlich als kreditunwürdig ab. Aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle und des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) ein klarer Fall von Altersdiskriminierung.

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Im Frühjahr vergangen Jahres wollte sich eine 49-jährige Gymnasiallehrerin und Gerichtsdolmetscherin eine Genossenschaftswohnung in der Umgebung von Graz kaufen. Sie suchte dafür bei der Bank um einen Kredit an. Nach Vorlage eines Auszugs aus ihrem Pensionskonto und einer von ihrem Bruder unterschriebenen Bürgschaft, wurde ihr das Darlehen schriftlich zugesagt, mit einer Laufzeit von 25 Jahren.

Bank machte plötzlich einen Rückzieher

Der letzten zehn Jahre der prognostizierten Laufzeit würde sich die Kundin also bereits im Ruhestand befinden. Sie wolle aber auch in der Pension weiterhin als Gerichtsdolmetscherin tätig sein und auf diese Weise über ein zusätzliches Einkommen verfügen, versicherte die Konsumentin ihrer Bank. Die Steirerin unterschrieb den Kaufvertrag, überwies die vereinbarte Anzahlung von 12.000 Euro auf ein Treuhandkonto und bezahlte den Notar. Insgesamt investierte sie 18.000 Euro.

Vier Monate später erhielt sie ein Schreiben der Bank, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass man sie nun doch als „nicht kreditwürdig“ eingestuft habe. Aus Sicht von Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, ein klarer Fall von Altersdiskriminierung. Dass Alter ein Risiko sei und Konsumentinnen und Konsumenten in Pension weniger Geld bekommen würden als im Erwerbsleben, dürfe bei der Berechnung des Kredites eine Rolle spielen, so die Juristin. Es sei aber „nicht in Ordnung“, jemanden aufgrund seines Alters von der Kreditvergabe auszuschließen.

Expertin: Regeln der Banken sind diskriminierend

Grabovac kritisiert vor allem, dass die Bank die beabsichtige Erwerbstätigkeit als Gerichtsdolmetscherin während der Pensionsjahre nicht berücksichtigt hat. Die Unterlagen dazu seien nicht herangezogen worden: „Das heißt, dass die Bank per se diskriminierend denkt und Pensionistinnen und Pensionisten als zum alten Eisen gehörig und weg vom Arbeitsmarkt sieht“, sagt Grabovac. Grundlage der Bonitätsprüfung sei im konkreten Fall ausschließlich die Pension gewesen, kritisiert die Anzidiskriminierungsexpertin. Darin würde sich das diskriminierende Muster der Bank zeigen.

Erst nachdem die Steirerin über einen Anwalt bei der Bank interveniert hatte, wurden ihr 12.000 Euro wieder auf das Treukonto zurückgebucht. Zudem wurden ihr 2.500 Euro Schadenersatz zugesprochen. Auf 3.500 Euro Kaufnebenkosten blieb sie aber sitzen. Die AK Steiermark prüft deswegen rechtliche Schritte.

Österreich säumig bei Altersdiskriminierung

Ob hier tatsächlich mit Altersdiskriminierung argumentiert werden kann, ist fraglich. Gegen Altersdiskriminierung kann man in Österreich zwar seit dem Jahr 2004 rechtlich vorgehen, allerdings nur im Arbeitsleben. In anderen Bereichen, wie etwa der Kreditvergabe nicht. Grabovac sieht hier den Gesetzgeber gefordert. Derzeit sei das ein rechtsfreier Raum, so die Juristin. Damit sei Altersdiskriminierung im Bank- und Versicherungswesen gewissermaßen erlaubt. Ohne gesetzliche Regelung, würden Banken und Versicherungen nicht umdenken“, ist Grabovac überzeugt.

In 31 Staaten Europas ist Altersdiskriminierung bei der Vergabe von Krediten bereits untersagt. In Österreich ist man sich hingegen noch nicht einmal drüber einig, welches Regierungsressort dafür zuständig wäre. Nach einer Bitte um Stellungnahme durch help.ORF.at schickte uns das Justizministerium zum Sozialministerium, dieses verwies auf die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Dort war man wiederum davon überzeugt, dass das Arbeitsministerium zuständig wäre. Bis Redaktionsschluss konnten wir keine Stellungnahme ergattern.

VKI: Bei Ablehnung nicht entmutigen lassen

Der VKI beobachtet Altersdiskriminierung im Finanzbereich bereits seit mehr als zehn Jahren, sagt Walter Hager, Volkswirt und Finanzexperte beim VKI. Das gelte für Privatkredite ebenso wie für Konsumentinnen und Konsumenten, die zuhause umbauen, sich eine Wohnung kaufen oder ein Haus bauen wollen. Vor zwei Jahren testete der VKI zwölf österreichische Banken. Zwei 66-jährige Probanden hatten die Aufgabe, eine Kreditanfrage für einen Wohnungsumbau zu stellen. Kredite wurden zwar gewährt, aber die Konsumenten hätten die Darlehen meist bis zum 75. Lebensjahr zurückzahlen müssen – nach nur neun Jahren. Anderenfalls sei keine Kreditvergabe möglich, so die Banken.

Wer als älterer Mensch zu einem Kredit kommen möchte, dem empfiehlt Konsumentenschützer Hager, sich nicht von der ersten Ablehnung entmutigen zu lassen. Man solle mehrere Banken aufsuchen und die Ergebnisse miteinander vergleichen. Hager warnt aber davor, die Konditionen nicht genau zu prüfen. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass höhere Zinssätze anfallen als notwendig wäre.