Verschiedene Kindergeschirr-Sets
VKI
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Hohe Schadstoffbelastung bei Kindergeschirr

Leichtes und stabiles Geschirr ist für Kinder praktisch. Produkte aus Melaminharz und solche mit Bambusanteil sind beliebt, da sie als bruchfest und umweltfreundlich beworben werden. Die neun untersuchten Teller, Schüsseln und Sets schnitten aber schlecht ab. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) vergab nur Fünfer, da die Produkte zu viele Schadstoffe abgeben.

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Das bunte Geschirr im Test besteht aus Melaminharz, einem festen Kunststoff aus Melamin und Formaldehyd. Zum Teil wird als Material auch schlichtweg Bambus angeführt, auch wenn Kunstharze und Füllstoffe nötig sind, damit ein fester Teller daraus wird. Aus welchem Material das Geschirr genau besteht oder was neben Bambusfasern enthalten ist, wird oft nicht angeführt.

Alle Produkte rasseln im Test durch

„Der Test ist sehr schlecht ausgefallen“, fasste Birgit Schiller vom VKI zusammen. „Wir konnten nämlich keinem Produkt eine bessere Note als einen Fünfer geben, also es sind alle durchgefallen.“ Der Hauptgrund ist die chemische Prüfung, bei der festgestellt wurde, dass die Grenzwerte für Melamin und Formaldehyd überschritten wurden. „Die schlechtesten Produkte haben diesen Wert um das 100-Fache überschritten“, so die Projektleiterin für die Bereiche Chemie und Kosmetik.

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Die Motive mögen kindergerecht sein, die abgegebenen Schadstoffe sind es nicht

Laut dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung wurde bei Tierversuchen eine Schädigung der Blase und der Nieren durch Melamin festgestellt. Formaldehyd wird als krebserregend eingestuft, wenn es über einen längeren Zeitraum aufgenommen wird. „Akut kann es Schleimhäute reizen und Allergien auslösen. Also beide Stoffe sollten einfach nicht für Kinder verwendet werden“, so Schiller.

Warnhinweise fehlen häufig

Gerade bei Kindergeschirr will man genau wissen, woraus es besteht. Schließlich wird auf Bechern und Besteck auch einmal herumgekaut. Das wird Eltern aber gar nicht leicht gemacht. Manche Hersteller seien bei der Informationspflicht nicht sehr sorgfältig, bemängelte Schiller. Nicht einmal die Angabe, dass das Geschirr aus Melamin besteht, war überall zu finden.

„Produkte aus Melamin oder Mischungen mit einem anderen Stoff müssen klar gekennzeichnet sein und müssen Warnhinweise tragen, dass sie zum Beispiel nicht für die Mikrowelle geeignet sind“, so Schiller. Melamingeschirr ist generell nicht für heiße Speisen über 70 Grad geeignet. Auch das sei oft nicht ersichtlich, und so landen der Brei und die Suppe brennheiß zum Auskühlen in den Schüsseln. Bei säurehaltigen Speisen und Getränken ist ebenso Vorsicht geboten, da auch hier die Schadstoffe in die Lebensmittel übergehen können.

Nicht ganz so bruchfest

Bei Keksen und Brot könne man von einer niedrigeren Schadstoffabgabe ausgehen, aber bedenkenlos zu empfehlen sei dennoch keines der Produkte, hielt die Chemikerin fest. Eltern greifen häufig zu Melamingeschirr und anderen Kunststoffen, weil die Produkte als bruchfest beworben werden. Das konnte nicht bei allen Herstellern bestätigt werden.

„Wenn man sich die Testtabelle ansieht, merkt man, manche Produkte splittern schnell, andere schaffen vielleicht den Fall auf einen härteren Boden. Wir konnten eben nicht feststellen, dass der Großteil der Produkte da bruchfest ist“, sagte Schiller. Die meisten Produkte schnitten immerhin bei der Farbechtheit gut ab. Auch nach mehrmaliger Reinigung blieben die bunten Muster erhalten.

Grüner Anstrich als Marketingmasche

Die Hersteller Babylove, Fillikid und Sebra bewerben ihre Produkte als umweltfreundlich. Co Eco behauptet sogar, die Kinderteller seien „biologisch abbaubar“. Das sei mitnichten der Fall, so Schiller vom VKI. Selbst wenn das Geschirr Bambus oder andere natürliche Rohstoffe enthält, sind Kunstharze und Zusatzstoffe bei der Verarbeitung nötig.

Solche Mischungen mit Bambusfasern sind außerdem laut EU-Kunststoffverordnung gar nicht für Produkte zugelassen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. Holz zählt zu den Lebensmittelkontaktmaterialen, Bambus aber nicht, da er genau genommen zu den Süßgräsern zählt.

Produkte bestehen mildere Tests

Die meisten Teller und Geschirrsets werden in China hergestellt, und bei der Einfuhr muss ein Prüfbericht vorgelegt werden. Der bescheinigt, dass die Formaldehydabgabe unter den EU-Grenzwerten liegt. Produkte, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, müssen geprüft werden. Hersteller würden sich dabei häufig auf Verfahren mit milderen Testkriterien berufen, so Schiller. Da werde das Geschirr etwa nur wenige Male gewaschen und nicht mit ganz so warmen Speisen befüllt.

Daher habe man sich beim VKI für eine besonders genaue und strenge Prüfung entschieden. Das Geschirr wurde neu und nach 20 Waschgängen im Geschirrspüler getestet, und die Speisen blieben länger auf den Tellern liegen. Wer bei Kindergeschirr ganz auf Plastik verzichten möchte, kann beim Campingzubehör fündig werden. Teller und Schüsseln aus Edelstahl sind ebenfalls leicht und kommen mit ein paar Dellen davon, wenn sie einmal vom Tisch fallen.