Screenshot von silvercare.de vom 3. Juli 2020
Screenshot silvercare.de
Screenshot silvercare.de

Schutzmaskenhersteller beschimpft reklamierende Kundin

Mund-Nasen-Schutz wird mittlerweile fast an jeder Ecke angeboten, doch nicht alle Angebote sind seriös. Auch mit Gewährleistungspflichten nimmt es nicht jedes Unternehmen genau. Im Fall einer Firma aus Oberösterreich wurde eine Kundin nach einer Reklamation sogar wüst beschimpft. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) prüft rechtliche Schritte wegen der unbelegten Behauptung, die Masken würden Schutz vor Viren bieten.

Mit Schutzmasken lässt sich gegenwärtig Geld verdienen. Dabei hält sich nicht jeder Anbieter von sich aus an gesetzliche Regeln, wie eine Kundin der Linzer Firma Silvercare feststellen musste. Sie bestellte dort Mund-Nasen-Schutzmasken im Dreier-Pack um 66 Euro. Silvercare vertreibt vor allem Putztücher aus Mikrofaser mit Silberanteil, die mit antibakterieller Wirkung beworben werden. Aus diesem Material sind auch die Masken.

Sie werden vom Hersteller als wasch- und wiederverwendbar beworben. Nach einmaligem Waschen waren die Bänder jedoch ausgeleiert und an einer Maske löste sich zusätzlich die Naht – die Kundin reklamierte. Die Antwort von Silvercare im Wortlaut: „Sie sind der erste Kunde [sic], der diese hochwertigen Masken nicht lobt. Leider ist es uns nicht möglich, aus hygienischen Gründen, die Masken zurückzunehmen (wie bei Unterwäsche).“

Bei eine wiederverwendbaren  Schutzmaske, hergestellt von der Firma Silvercare, löste sich nach einmaligem Masche die Naht
Privat/help.ORF.at
Mangelhaft: Nach einmaligem Waschen löste sich die Naht

Rat an Kundin: „Freiwillig in die Psychiatrie?“

Weiter hieß es im Schreiben der Firma: „Vielleicht schenken Sie diese revolutionären Masken Freunden oder Bekannten, die den Wert dieser Masken zu schätzen wissen!“ Daraufhin wurde der Ton sarkastischer: „Verwenden Sie einfach weiter chemieverseuchte China-Wegwerfprodudukte, wenn Sie sich dabei besser fühlen! Wir wünschen Ihnen gute Gesundheit!“

Die Kundin antwortet darauf, dass sie die Antwort reichlich unprofessionell fände und die Firma nicht weiterempfehlen werde. Das kam bei Silvercare nicht gut an: „Gott sei Dank sind wir auf Menschen wie Ihnen [sic] nicht angewiesen. Bitte suchen Sie sich in Zukunft andere Menschen zum terrorisieren.“ Dann kippte der Ton. Ein Auszug: „Freunde, die Sie ertragen, haben Sie nicht (vielleicht hilft Tinder? Nein auch dort will Sie niemand). Guter Rat: Freiwillig in die Geschlossene Psychiatrie?“ Kein Wort von Gewährleistung für die offensichtlich mangelhafte Schutzmaske (siehe Bild).

Firma behauptet, Kundin habe zuerst beschimpft

Auf Anfrage von help.ORF.at, wie man bei Silvercare dazu kommt, einer Kundin gegenüber derart ausfällig zu werden und warum man sich nicht an die gesetzlich vorgeschriebenen Gewährleistungspflichten hält – das Unternehmen ist in diesem Fall nicht nur Hersteller, sondern auch Händler – behauptete man bei Silvercare, die Kundin hätte zuerst Beschimpfungen geäußert. Davon findet sich in dem Schriftverkehr, der help.ORF.at vorliegt, keine Spur. Das sei telefonisch geschehen, hieß es daraufhin.

Allerdings räumte man bei Silvercare ein, die Nerven verloren zu haben: „Es war aber natürlich trotzdem falsch, dieser Dame dieses Mail zu senden. Dafür entschuldige ich mich auch im Namen unseres Unternehmens,“ schrieb Geschäftsführer Manfred Fixl. Erst auf neuerlicher Nachfrage sicherte er auch zu, seinen Gewährleistungspflichten als Händler nachzukommen und den Kaufpreis zu erstatten.

Screenshot von silvercare.de vom 3. Juli 2020
Screenshot silvercare.de
Screenshot von silvercare.de vom 3.7.2020 (Ausschnitt): „Schutz vor Viren“

„Schutz vor Viren“: VKI prüft rechtliche Schritte

Beim VKI gingen in den vergangenen Wochen mehrere Beschwerden zu verschiedenen Unternehmen ein, die Mund-Nasen-Schutz anbieten. Darunter seien viele fragwürdige Produkte, sagt VKI-Juristin Barbara Bauer gegenüber help.ORF.at. Hier werde die Notlage der Menschen ausgenutzt. Im Fall der Kundin von Silvercare sei die Lage eindeutig, so Bauer: „Natürlich haben Konsumentinnen und Konsumenten bei mangelhaften Waren Anspruch auf Gewährleistung. Das gilt auch, wenn ein Rücktritt nach Fernabsatzgesetz ausgeschlossen ist.“ Bei Hygieneartikeln, die nicht mehr versiegelt sind, gilt das übliche Rücktrittsrecht innerhalb von 14 Tagen nicht – diesbezüglich hatte Silvercare Recht. Die Gewährleistung bleibt davon jedoch in jedem Fall unberührt.

Der VKI prüft nun rechtliche Schritte gegen das Unternehmen. Nicht wegen der Gewährleistungsverweigerung, sondern wegen der Produktwerbung auf der Website der Firma. „Uns sind diese Schutzmasken auch deshalb aufgefallen, weil unserer Meinung nach der Eindruck erweckt wird, sie würden auch Schutz gegen Viren bieten“, sagt VKI-Juristin Bauer gegenüber help.ORF.at. „Damit wird sehr präsent geworben. Allerdings fehlt dafür jede wissenschaftliche Evidenz.“

Screenshot von silvercare.de mit dem Logo der AGES vom 8. Juni 2020
Screenshot silvercare.de
Screenshot von silvercare.de vom 8.6.2020 (Ausschnitt), unter anderem mit dem Logo der AGES

Unerlaubte Werbung mit AGES-Logo

Silvercare warb bis vor wenigen Wochen unter anderem mit dem Logo der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und einem Gutachten, dass zumindest die antibakterielle Wirkung des Materials belegen soll (siehe Screenshot). Das fand man bei der AGES höchst interessant. Nachdem sich die Rechtsabteilung der Agentur einschaltete, verschwand das Logo von der Silvercare-Website.

Das Gutachten ist dagegen weiterhin abrufbar. Es wurde tatsächlich von einem Labor der AGES erstellt – im Jänner 2012. Damals wurde jedoch nicht das Material der Mikrofaserputztücher geprüft, sondern lediglich das Bakterienwachstum auf einer Oberfläche, die mit den Putzlappen gereinigt wurde. Zu Viren sei kein Bezug hergestellt worden – und auf Schutzmasken ließe sich das Gutachten laut AGES gar nicht umlegen.