Kein Coronavirus-Rabatt für ÖBB-Jahreskartenbesitzer

Aufgrund der Coronavirus-Sperren konnten die öffentlichen Verkehrsmittel wochenlang nur eingeschränkt bzw. gar nicht genutzt werden. Das sorgt vor allem bei Nutzern der knapp 2.000 Euro teuren Österreichcard der ÖBB für Frust. Sie bekommen kein Geld retour – egal ob sie ihre Jahreskarte verwenden konnten oder nicht.

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In Beschwerdemails an die Help.ORF.at-Redaktion machen derzeit viele Nutzer der ÖBB-Österreichcard ihrem Ärger Luft. Sie fühlen sich als Stammkunden benachteiligt.

Denn während bereits gekaufte Bahntickets (auch Sparschiene) für März und April kundenfreundlich bei den ÖBB zurückgegeben werden konnten, - mehr dazu in ÖBB bieten Kulanzregelung für Tickets - schauen ausgerechnet die treuesten Fahrgäste durch die Finger und bekommen kein Geld zurück.

Eine Frau mit Atemschutzmaske geht vor einem Zug der ÖBB am Hauptbahnhof in München entlang

APA/dpa/Lino Mirgeler

In öffentlichen Verkehrsmitteln müssen derzeit Mund und Nase bedeckt werden

Bei Verträgen gilt grundsätzlich: Wer keine Leistung bekommt, muss auch nichts bezahlen. So darf etwa ein Fitnesscenter für die Wochen der Coronasperre keinen Mitgliedsbeitrag verrechnen - mehr dazu in Fitnesscenter: So gibt es Geld zurück.

Solange Bahn und Bus fahren, gibt es kein Geld zurück

Anders ist die Lage bei den Verkehrsbetrieben: „Da sie ihre Leistungen weiter zur Verfügung gestellt haben, besteht kein Rückerstattungsanspruch,“ so Doris Artner-Severin, Referentin der Abteilung Umwelt und Verkehr in der Arbeiterkammer (AK) Wien. Laut ÖBB wurden die nationalen Verbindungen in Österreich während der Krise aufrecht gehalten, auch wenn in den Zügen 80 bis 90 Prozent weniger Fahrgäste unterwegs waren als sonst.

In einer Stellungnahme an uns zeigen die ÖBB Verständnis für ihre Kunden. Es sei ihnen durchaus bewusst, dass viele Fahrgäste wegen veränderter Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten das Angebot nicht im gewohnten Umfang wahrnehmen konnten. Eine finanzielle Entschädigung könne man derzeit aber nicht anbieten.

Wunsch: Gültigkeitsdauer der Karten verlängern

Abgesehen von einer anteiligen Geldrückerstattung sehen Konsumentenschützer noch andere Möglichkeiten, wie man den Kunden in Kulanz entgegenkommen könnte. „Die ÖBB und andere Verkehrsbetriebe könnten die Gültigkeitsdauer der Jahreskarten einfach um die Zeit der Coronasperre verlängern. Das wäre wahrscheinlich eine Lösung, die zur Zufriedenheit der Kunden wäre,“ so Verkehrsexpertin Artner-Severin von der AK.

Wr. Linien planen „Dankeschön“, ohne zu verraten was

So geschehen etwa bei den Studenten-Semestertickets der Wiener Linien. Die Gültigkeit wurde kurzerhand von Ende Juni auf Ende September verlängert. Die regulären Jahreskarten der Wiener Linien allerdings nicht. Für die treuen Jahreskarten-Kunden plane man ein kleines Dankeschön, so die Wiener Linien gegenüber help.ORF.at. Verraten, um was es sich handelt, könne man uns allerdings noch nicht.

Ein Zugpassagier vor einem ÖBB-Nightjet am Hauptbahnhof in Wien

APA/Herbert Neubauer

ÖBB-Österreichcard-Nutzer bekommen einen Nightjet-Gutschein

ÖBB-Nightjet-Gutschein wohl nicht für alle attraktiv

Bei den ÖBB hat man für seine Stammkunden auch etwas vorbereitet. Man werde sich bei den Besitzern der Österreichcard mit einem Dankesbrief und einem Gutschein für eine Fahrt mit dem ÖBB-Nightjet für ihre Treue bedanken, so der Konzern. Die Höhe des Gutscheins richte sich nach Kartentyp und Klasse der Österreichcard und liege bei 60 bis maximal 100 Euro.

Das sei zwar durchaus ein positives Zeichen an die Kunden und ein guter erster Schritt. Zur finanziellen Entlastung der Kunden, die aufgrund der Coronavirus-Krise eventuell auch Einkommenseinbußen hinnehmen musste, trage der Gutschein allerdings nicht bei, so Artner-Severin.

Mögliche Mehrkosten bei Gutscheinnutzung

Außerdem sei ein Nightjet-Gutschein wohl nicht für alle Kunden attraktiv und helfe vor allem auch den ÖBB, die Auslastung der Nightjet-Züge zu verbessern. Und auf den Kunden könnten auch noch Mehrkosten zukommen, etwa wenn der Gutscheinbetrag nicht für die Hin - und Rückfahrt reiche, und die Kunden dadurch etwas aufzahlen müssen.

Zeitlich limitiert und personalisiert

Auch führe die zeitliche Limitierung - eingelöst werden kann der Nightjet-Gutschein im Zeitraum Jänner bis Juni 2021 - dazu, dass viele Kunden da vielleicht garnicht reisen können oder wollen. Und ein Teil der Jahreskartennutzer sei an Nightjet-Reisen vermutlich schlicht garnicht interessiert, sondern nutze die Bahn nur für Arbeitswege, so die Konsumentenschützerin.

Zudem sei der Gutschein personalisiert, dh. er könne zum Beispiel nicht an andere Familienmitglieder weitergegeben werden, sondern würde bei Nichtnutzung verfallen. „Ich würde sagen, da müssen noch weitere Schritte bzw. Alternativangebote der ÖBB folgen,“ so Artner-Severin.

Vorzeitige Kündigung in Härtefällen

In so genannten Härtefällen, wenn etwa das Einkommen stark eingeschränkt oder ganz weggefallen ist oder, wenn ein Fahrgast seine Arbeitsstelle wegen der Ausgangsbeschränkungen nicht mehr erreichen konnte, räumten die ÖBB zur Zeit der Coronasperre betroffenen Kunden ein Corona-Sonderkündigungsrecht ein. Sie konnten ihre Österreichcard vorzeitig zurückgeben. Strittiger Punkt sei aber die Bearbeitungsgebühr von 157 Euro, die von den ÖBB in manchen Fällen verlangt wurde, in anderen Fällen nicht, so die AK-Verkehrsexpertin.

AK und APF unterstützen Konsumenten

Wer sich ebenfalls als Härtefall einordnet, aber bisher nichts von der erleichterten Kündigungsmöglichkeit gewusst hat oder bei der Kundenhotline mit seinem Anliegen abgeblitzt ist, kann durchaus auch jetzt noch versuchen, dieses Sonderkündigungsrecht zu bekommen, so Artner-Severin von der AK Wien.

„Ich würde empfehlen, hartnäckig zu bleiben, gerade wenn man ein Härtefall ist. Am besten wenden sich Betroffene an die Arbeiterkammer oder die Agentur für Passagier und Fahrgastrechte (APF), wir versuchen dann zu unterstützen und eine gute Lösung zu finden.“

Beate Macura, help.ORF.at

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