Maturareisen trotz CoV: Scharfe Kritik an Veranstalter

Viele Eltern haben für ihre Töchter und Söhne im Herbst 2019 beim Veranstalter DocLX für Juni und Juli Maturareisen nach Kroatien gebucht: Poolpartys, Disco und Alkohol inklusive. Mitte April, als klar war, dass die Reise nicht oder nicht wie geplant stattfinden wird, bot DocLX eine vergünstigte Stornierung an. Konsumentenschützer werfen dem Veranstalter vor, Betroffene in ein kostenpflichtiges Storno zu locken.

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Vergangenen Herbst buchte ein Oberösterreicher für seine Tochter eine Maturareise nach Kroatien. Die Wahl fiel auf den Veranstalter DocLX. Von den 1.000 Euro Gesamtpreis überwies er eine Anzahlung von 350 Euro.

350 Euro Anzahlung einbehalten

In der Hochphase der Coronavirus-Pandemie Anfang April forderte DocLX den Vater schriftlich dazu auf, die verbleibenden 650 Euro unmittelbar zu überweisen. Der Konsument schrieb zurück, er wolle zwar an der Buchung festhalten, derzeit aber keine weiteren Zahlungen leisten, da er die Situation aufgrund des Virus für hochgradig unsicher halte.

Anstatt einer Antwort teilte ihm DocLX mit, man habe die Reise gegen seinen Willen storniert. Das Unternehmen rechnete ihm eine Stornoleistung von 350 Euro vor, was zufällig exakt dem Betrag der Anzahlung entsprach. „Dass uns die Möglichkeit genommen wurde, abzuwarten, empfinden wir als unverschämt“, so der Oberösterreicher.

Viele Anfragen besorgter Eltern

Jurist Peter Kolba, Obmann des Wiener Verbraucherschutzvereins (VSV), sieht als Problem dieser Maturareisen, dass sie einen Eventcharakter versprechen. Derlei Veranstaltungen seien im Rahmen der in Österreich geltenden Covid-19-Gesetze bis Ende August aus gutem Grund verboten. Gerade beim engen Kontakt auf Partys bestehe ein hohes Ansteckungsrisiko. „Das wissen wir in Österreich sehr gut aus den Ereignissen in Ischgl“, so Peter Kolba.

Jugendliche auf Maturareise

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Diese Art, die Matura zu feiern, ist in Coronavirus-Zeiten nicht vorstellbar

Seit Mitte April erreichten den Verbraucherschutzverein zahlreiche Anfragen besorgter Eltern. Vielen von ihnen bot DocLX an, von der Reise bis Anfang Mai zu „günstigen Stornogebühren“ von 30 Prozent zurückzutreten. „DocLX hat die Angst vor der Pandemie ausgenutzt, um die Leute in ein kostenpflichtiges Storno zu locken“, so der Jurist. Denn entweder würde die Reise abgesagt, oder sie finde ganz anders statt, als sie gebucht wurde. In beiden Fällen hätten Konsumentinnen und Konsumenten den Anspruch, ihr Geld vollständig zurückzubekommen.

„Keinen neuen Hotspot durch Maturareisen“

Sollte die Maturareise mit Mundschutz im Speisesaal und einem Meter Abstand im Freien stattfinden, sieht Kolba eine Leistungsänderung des Vertrages gegeben. Deshalb könne man kostenlos zurücktreten. Wer bereits einen Teilbetrag oder Stornogebühren überwiesen hat, dem bliebe nichts anderes übrig, als DocLX wegen Irreführung zu klagen, so Kolba.

Viele Unternehmer würden jedoch bereits überwiesenes Geld nicht mehr zurückgeben. Problematisch sei außerdem, dass Rechtsschutzversicherungen in Österreich bei einer Pandemie keine Leistung erbringen würden. Aufgrund einer Ausschlussklausel, die der Jurist für gesetzwidrig hält. Wer klagt, müsse das deshalb auf eigene Kosten tun. „Daher mein Appell, wir wollen keinen neuen Hotspot durch Maturareisen. Das gehört vonseiten der Regierung geregelt. Und zwar rasch“, so Kolba.

Ministerium sieht „erhebliches Gesundheitsrisiko“

Vom Gesundheitsministerium heißt es gegenüber help.ORF.at, dass sich Schülerinnen und Schüler bei einer Maturareise, wie DocLX sie anbietet, einem erheblichen Gesundheitsrisiko aussetzen würden. Von Großveranstaltungen mit über 1.000 Personen werde ausdrücklich abgeraten.

In Kroatien sind derzeit nur Veranstaltungen mit bis zu 40 Personen erlaubt, mit Abstand und Mundschutz. Bei der Rückkehr nach Österreich muss man sich weiterhin einer 14-tägigen Quarantäne unterziehen oder einen negativen SARS-CoV-2-Test vorlegen (Stand 22.5.2020). Über mögliche Lockerungen ab Juni wird verhandelt.

Konsument wird klagen

DocLX verteidigt sich gegenüber help.ORF.at mit dem Argument, dass eine Einreise nach Kroatien mit Vorlage einer Hotelbestätigung erlaubt sei, weshalb man eine kostenlose Stornierung der Maturareise derzeit nicht anbieten könne. Auf Kulanzbasis habe man nun aber die Stornogebühren von 30 Prozent auf 21 Prozent herabgesetzt. Der Veranstalter von „Summer Splash“, der zweiten großen Eventmaturareise, die heuer in Süditalien hätte stattfinden sollen, sagte übrigens ab. Bereits überwiesene Anzahlungen werden rückerstattet.

Der oberösterreichische Vater übergab seinen Fall jedenfalls einem Anwalt. Sei DocLX nicht bereit, ihm seine 350 Euro Anzahlung zurückzuüberweisen, werde er Klage einreichen.

Jonathan Scheucher, help.ORF.at

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