Wie man Reisen kostenlos stornieren kann

Die Reisebranche steht nach wie vor still. In vielen Fällen haben Verbraucherinnen und Verbraucher aber auch weiterhin Anspruch auf kostenfreie Stornos oder Kostenersatz. Bei Gutscheinen, die von Reiseveranstaltern und Fluglinien angeboten werden, ist Vorsicht geboten.

Das Coronavirus hält Politik, Medien und Bürger weiterhin in Atem. Beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) und dem Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) gehen nach wie vor zahlreiche Anfragen ein. Die meisten erkundigen sich, ob eine Möglichkeit besteht, ihre bereits gebuchte Reise kostenlos zu stornieren, sagt EVZ-Jurist Andreas Hermann.

Pauschalreisen: Reiseveranstalter kontaktieren

Im Fall einer Pauschalreise, bei der Anfahrt und Hotel inkludiert ist, kann man aus Sicht des EVZ kostenlos vom Vertrag zurücktreten, sofern sich das Reiseziel im Gefahrengebiet befindet. Ein kostenloser Rücktritt ist außerdem dann möglich, wenn man in das Land aufgrund eines Einreisestopps nicht einreisen darf, der Flughafen geschlossen ist oder nicht angeflogen wird.

Darüber hinaus könne man natürlich kostenlos stornieren, wenn man nach einer Einreise zwingend in Quarantäne kommen würde, so EVZ-Jurist Herrmann. Wichtig sei allerdings, dass die Reise unmittelbar bevorsteht und nicht erst in einigen Wochen stattfindet.

Sieben Tage vor Reiseantritt kostenfrei stornieren

Sollte der Reiseantritt innerhalb der kommenden sieben Tage stattfinden, ist ein kostenloser Reiserücktritt möglich. Darüber hinaus müsse die Pauschalreise vor Bekanntwerden der Epidemie gebucht worden sein. Eine Reisewarnung des Außenministeriums sei jedoch nicht zwingend erforderlich, so Hermann.

Touristen mit Atemschutzmasken vor dem Trevi-Brunnen in Rom

APA/AFP/Alberto PIZZOLI

Das Coronavirus macht internationale Reisen de facto unmöglich

Wenn diese Punkte zutreffen und seriöse Medienberichte auf eine Unzumutbarkeit der Reise schließen lassen, sollten Verbraucherinnen und Verbraucher unverzüglich den Reiseveranstalter kontaktieren. Die Konsumentenschützer bieten dafür einen Musterbrief an.

Gutscheine im Insolvenzfall meist wertlos

Viele Reiseveranstalter bieten ihren Kundinnen und Kunden verstärkt Gutscheine anstelle einer Kostenrückerstattung an. Airlines und Reiseveranstalter befinden sich angesichts der jüngsten Entwicklungen in einer teils existenzbedrohenden Situation. Kostenrückerstattungen seien daher ökonomisch derzeit nicht zu verkraften, heißt es seitens der Reisebranche.

Bei Reisegutscheinen ist dennoch Vorsicht geboten. Reiseveranstalter von Pauschalreisen verfügen in der Regel über eine Insolvenzabsicherung. Gutscheine sind von dieser aber meist nicht umfasst. Darüber hinaus verfügen Airlines generell über keine Insolvenzversicherung. Reisegutscheine sind im Insolvenzfall also in den meisten Fällen wertlos. Kundinnen und Kunden könnten sich zwar am Insolvenzverfahren beteiligen, wo aber bestenfalls ein Bruchteil der verlorenen Summe erstattet wird, da die Reisenden hier erst als Nachranggläubiger zum Zug kommen.

Gutschein muss nicht akzeptiert werden

Konsumentinnen und Konsumenten, die überlegen, anstelle einer Kostenerstattung einen Gutschein zu akzeptieren, sollten sich derweil aber in jedem Fall beim Versicherer erkundigen, ob dieser im Fall einer Unternehmenspleite ersetzt wird, rät die AK. Gemäß der derzeitigen Gesetzeslage gilt aber grundsätzlich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auf einen vollen Kostenersatz bestehen können, wenn die Reise vom Veranstalter abgesagt wird. Gutscheine dürfen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Kundinnen und Kunden vergeben werden.

Individualreisende müssen verhandeln

Wenn bei einer Individualreise Verkehrsmittel und Unterkunft selbst und direkt gebucht wurden, werde es mit dem Storno schwieriger, so EVZ-Jurist Hermann. Fluglinien, Busreiseanbieter, Eisenbahnen und Hotels verzichten auf Stornokosten nur dann, wenn sie selbst die Leistungen nicht erbringen können oder der Zielort von Behörden gesperrt wurde.

Trotzdem sollten Individualreisende versuchen, mit den Anbietern Kontakt aufzunehmen, um einen kostenlosen Rücktritt zu erreichen. Eventuell gelingt eine einvernehmliche Lösung, wie etwa ein Wertgutschein, eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt oder Ähnliches. Dabei kann man auch auf besondere Gründe wie fortgeschrittenes Alter oder Vorerkrankungen verweisen. Bei Hotelbuchungen im Internet gibt es ohnehin oft kurzfristige kostenlose Stornofristen bis 24 Stunden vor der Ankunft.

Strategisch überlegen: Stornieren oder abwarten

Ist ein kostenloser Rücktritt von einer Pauschalreise aus irgendeinem Grund nicht möglich oder wird dieser vom Veranstalter nicht akzeptiert, könne man die Reise auch stornieren. Dabei fallen allerdings Stornogebühren an, deren Höhe sich nach den Stornobedingungen im Vertrag und dem Zeitpunkt der Stornierung richtet. Je näher die Reise rückt, desto teurer wird es. Reisende sollten daher gegebenenfalls die Vertragsbedingungen des Reiseveranstalters prüfen.

Bei Stornogebühren gibt es gestaffelte Tarife der Veranstalter. Bis 30 Tage vor Beginn der Reise lägen diese in der Regel bei 20 bis 30 Prozent, so EVZ-Jurist Hermann. Kurz vor Reisebeginn können die Stornokosten bis zu 90 Prozent betragen. Sollte sich die Gefahrensituation bis kurz vor Reiseantritt verschlimmern, dann können die Betroffenen jedoch auch auf einen kostenlosen Reiserücktritt bestehen und mit dem Wegfall der Vertragsgrundlage aufgrund der veränderten Situation argumentieren, so Hermann. Das gelte natürlich auch, wenn der Flughafen gesperrt ist, die Flüge ausfallen oder man in Quarantäne müsste, sollte man einreisen.

Paul Urban Blaha / Karin Fischer, help.ORF.at

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