Honig unter Top Ten der gefälschten Lebensmittel

2019 war ein schlechtes Jahr für den Honig. Wetterbedingt ging die heimische Ernte um bis zu 50 Prozent zurück. Um den Bedarf zu decken, wird verstärkt auf Importware, etwa aus China, zurückgegriffen. Doch gerade importierter Honig stellte sich öfter als verfälscht heraus. Dem Lebensmittelschwindel auf die Spur zu kommen, ist schwierig.

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Beinahe jede Blüte produziert Nektar, der von Bienen gesammelt und zu Honig umgewandelt wird. Je nachdem, welche Blüten die Bienen anfliegen, entstehen reine Sortenhonige oder komplexe Blütenhonige mit einzigartigem Geschmack. Aus dem Honigtau der Nadelbäume - den zuckerhaltigen Ausscheidungen pflanzensaugender Insekten - gewinnen die Bienen den dunklen Waldhonig.

Honig von Kirschblüten, Löwenzahn und Alpenrosen

„Es gibt Honigsorten, die sind etwas ganz Besonderes“, so Hildegard Burgstaller, Imkerin, Botanikerin und Gründungsmitglied des Vereins Landschaftshonig Österreich. Zum Beispiel sortenreiner Himbeerhonig, Kirschblütenhonig und Alpenrosenhonig. „Der Alpenrosenhonig ist ein sehr heller Honig. Ein sehr feiner Honig, der sich überhaupt nicht in den Vordergrund drängt.“

diverse Honigsorten in Gläsern

help.ORF.at/Karin Fischer

In Österreich werden pro Kopf 1,2 kg Honig jährlich verbraucht

Edelkastanienhonig ist eine weitere Spezialität. Er ist dunkel, herb und hat dank des hohen Mineralstoffanteils eine hohe Leitfähigkeit. „Er ist ein sehr selbstbewußter Honig, den manche schätzen, andere gar nicht“, so die Imkerin. Auch der seltene Löwenzahnhonig, der nicht blumig, sondern leicht nach Käse schmeckt, scheidet die Geister.

Begehrter Manuka-Honig aus Neuseeland

Solche Liebhabersorten haben ihren Preis. Die teuerste Rarität ist der neuseeländische Manuka-Honig. Er wird aus dem Blütennektar der Südseemyrte (Manuka) erzeugt. Ein Kilogramm kostet laut Burgstaller bis zu 700 Euro. Neben dem besonderen Geschmack ist er für seine entzündungshemmende, antibakterielle Wirkung als Naturheilmittel bekannt.

Die große Nachfrage nach Manuka-Honig hat ihre Schattenseiten. „Es ist bekannt, dass mehr Manuka-Honig verkauft als produziert wird“, so Ingrid Kiefer, Leiterin der Risikokommunikation bei der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Höchstens 2.000 Tonnen Manuka-Honig würden pro Jahr produziert, verkauft würden jedoch rund 10.000 Tonnen. „Da muss irgendetwas verfälscht werden“, so Kiefer.

40 Prozent der Honigimporte aus China

Mit 80.000 Tonnen ist China das Herkunftsland Nummer eins von Honig, den die Europäische Union aus dem EU-Ausland importiert. Die EU hat importierte Honige schon länger im Visier. Tests ergaben, dass jede fünfte Honigprobe, die bei Importeuren oder an der EU-Außengrenze gezogen wurde, nicht den EU-Standards entspricht. Diese besagen, dass dem Honig nichts zugesetzt, aber auch nichts weggenommen werden darf. Trotzdem wird fleißig getrickst.

Ein Imker zeigt eine Bienenwabe

APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Honig gilt als Naturprodukt - nur trifft das nicht immer zu

2018 waren laut AGES 20 Prozent der in Österreich gezogenen Honigproben falsch gekennzeichnet, bei 16 Prozent war der Inhalt verfälscht. Das geschieht, wenn beispielsweise ein Honig verwendet wird, der nichts mit der ausgewiesenen Honigsorte zu tun hat. Oder der Honig wird mit Sirupen „verwässert“.

Honig mit Reissirup gestreckt

Vor allem bei Honig aus China wird Reissirup so geschickt zugesetzt, dass es immer schwieriger nachzuweisen ist, dass der Honig gestreckt wurde. Chinesischer Honig wird zudem oft unreif geerntet, wenn der Wassergehalt noch sehr hoch ist. Statt der Bienen übernehmen Maschinen das Trocknen. Wertvolle Inhaltsstoffe gehen verloren.

Auch der im Honig enthaltene Pollen, der so etwas wie einen Fingerabdruck der Sorte darstellt, wird zur Gänze entfernt. Damit wird die Pollenanalyse unter dem Mikroskop ausgetrickst, mit der man üblicherweise feststellen kann, woher der Honig stammt. Andere Verfahren für den Nachweis von Fälschungen wie die NMR-Spektroskopie sind aufwändiger und teurer und kommen deshalb seltener zum Einsatz. Den Behörden gelingt es kaum, mit den Fälschern Schritt zu halten. „Deren Methoden werden immer raffinierter. Das ist wie beim Doping“, so Kiefer.

Bessere Kennzeichung für Honig gefordert

16 EU-Länder verlangen inzwischen, dass nach Europa importierter Honig genauer gekennzeichnet werden soll, um hiesige Imker vor Billigkonkurrenz zu schützen. Derzeit gilt für die Kennzeichnung: Wird Honig aus der EU mit Importhonig etwa aus China vermengt, muss das nur allgemein auf der Verpackung angegeben sein und zwar als „Mischung von Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern“.

diverse Honigsorten in Bechern

help.ORF.at/Karin Fischer

Von Akazie bis Weißtanne: Es gibt unzählige Honigsorten

Theoretisch könnten so kleine Mengen EU-Honig mit einem Großteil billiger Importe vermischt werden, ohne dass Konsumenten das nachvollziehen können. Chinesischer Billighonig wird auch über Drittländer wie die Ukraine und Argentinien in die EU importiert. „Wir sehen, dass diese Honige aus Nicht-EU-Ländern häufiger verfälscht sind als österreichischer Honig“, so Kiefer. Die Empfehlung der AGES lautet daher, vorzugsweise Honig aus österreichischer Erzeugung zu kaufen.

7.000 Blütenbesuche für einen Kaffeelöffel Honig

Guter Honig lässt sich weder an der Sorte noch an der Herkunft oder dem Preis eindeutig erkennen. Imkerin Hildegard Burgstaller rät, verschiedene Honige zu verkosten und sich an den Geschmack seltener Sorten heranzutasten. Mit 14 Euro für ein Kilogramm Honig müsse man beim Kauf vom Imker schon rechnen. Supermarkthonig sei per se aber nicht schlecht.

Die niedrigen Einkaufspreise der Handelsketten seien für Imker jedoch eine Existenzfrage. „Wenn man denkt, dass ein Kaffeelöffel Honig 5.000 bis 7.000 Blütenbesuche bedeuten, dazu kommt noch die Arbeit des Imkers. Das kann sich überhaupt nicht rechnen“, so Burgstaller. Ihrer Ansicht nach ist es auch eine auch Missachtung: „Weder die Arbeit des Imkers noch jene der Bienen wird damit geschätzt“.

Karin Fischer, help.ORF.at

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