Post: Kundenberatung gehört nicht zum Geschäft

Asthmasprays darf die Post nicht so ohne Weiteres transportieren. Das Medikament wird als Gefahrgut eingestuft, weil die Behälter unter Druck stehen. Eine Kundin wurde über diesen Beförderungsausschluss nicht informiert. Das müsse der Mitarbeiter am Schalter auch nicht tun, argumentiert die Post. Das hätte die Kundin selbst wissen müssen. Trotz EMS-Versands um 50 Euro kam das Paket retour.

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„Unsere Beförderungsbedingungen müssen wir nicht kennen. Das müssen schon unsere Kunden tun.“ Diesen Standpunkt vertrat die österreichische Post gegenüber einer Kundin, die ein Asthmaspray an ihren Vater nach Thailand schicken wollte. Da dieser es dringend benötigte, riet man ihr bei der Post, das Paket per Express-Mail-Service (EMS) zu versenden, so die betroffene Post-Kundin gegenüber help.ORF.at.

EMS-Paket wurde nicht versendet

Das Medikament hätte binnen weniger Tage in Thailand ankommen sollen. Am sechsten Tag überprüfte die Kundin den aktuellen Status in der Sendungsverfolgung. Sie musste feststellen, dass das Paket Österreich zu keinem Zeitpunkt verlassen hatte. Es war lediglich vom Aufgabeort Mödling nach Wien und wieder retour nach Mödling gebracht worden. Im Postkasten fand sie gleich darauf eine Benachrichtigung, dass sie das EMS-Paket wieder abholen solle.

EMS-Paket

Post.at

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Asthmaspray als Gefahrgut klassifiziert

In einem beiliegenden Dokument wurde die Kundin darüber informiert, dass es sich bei einem Asthmaspray um Gefahrgut handle und dass dieses daher nicht so ohne weiteres transportiert werden dürfe. Tatsächlich gelten Sprayflaschen als Gefahrgut, da die Behälter unter Druck stehen. Bei der Aufgabe am Postschalter hatte die Konsumentin den Asthmaspray aber ordnungsgemäß deklariert. Bei EMS-Sendungen müssen der Inhalt sowie eine Kontakttelefonnummer angegeben werden. Angerufen wurde die Kundin aber von niemandem.

Post: „Müssen Beförderungsausschlüsse nicht prüfen“

Um zu erfahren, warum man sie nicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass man das Medikament gar nicht versenden könne, musste die Konsumentin mehrere Male nachfragen. Schließlich kam die Erklärung, dass die Post nicht dazu verpflichtet sei, ihre Kundinnen und Kunden dahingehend zu beraten. In der E-Mail des EMS-Customer-Service der Post heißt es konkret: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Postgeschäftsstellen sind nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen verpflichtet, dies ist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entsprechend angeführt.“

Diese Information bezieht sich aber nur auf den ersten Satz eines Absatzes in den Post-AGB. Weiters heißt es nämlich, dass die Post das Paket öffnen kann, wenn der Verdacht besteht, dass sie den Inhalt gar nicht befördern darf oder wenn der Inhalt möglicherweise falsch deklariert ist.

Help-Jurist: Haftungsausschluss wäre sittenwidrig

Dieser Zusammenhang blieb in dem Schreiben an die Konsumentin jedoch unerwähnt. Man verwies ausschließlich auf den ersten Satz, der eben besagt, dass die Post keine Beförderungsausschlüsse prüfen müsse. Ein Satz, der daher aus dem Zusammenhang gerissen sei, meint Help-Anwalt Sebastian Schumacher. Einen Haftungsausschluss kann der Jurist in diesem Teil der AGB keinen erkennen. Selbst wenn man diesen isolierten Teil als Haftungsausschluss interpretieren würde, so wäre er rechtswidrig, so Schumacher.

Die Kundin habe das Paket ordnungsgemäß als Asthmaspray deklariert. Ihr wurde dann von der Post empfohlen, das Paket per EMS zu verschicken. Sie habe also lediglich die Anweisungen der Post befolgt. Einer Kundin zunächst Handlungsanweisungen zu geben und dann die Verantwortung für diese Empfehlung nicht zu übernehmen, könne nicht angehen, so Schumacher. Ein derartiger Haftungsausschluss wäre sittenwidrig.

Postauto

ORF.at/Dominique Hammer

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Post räumt mittlerweile Beratungsfehler ein

Auch in einer Stellungnahme gegenüber help.ORF.at beruft sich die Post auf ihre AGB und schreibt: „Grundsätzlich besteht laut unseren AGB keine Beratungspflicht in unseren Post-Geschäftsstellen. Dies wurde der Kundin auch von unserer Fachabteilung mitgeteilt.“ Die Post steht demnach wohl grundsätzlich auf dem Standpunkt, dass es das Problem der Kunden sei, wenn sich diese nicht über Beförderungsausschlüsse informieren und dann ein Problem haben.

Erst nach Intervention von help.ORF.at räumt die Post ein: „In diesem speziellen Fall hat die Kundin extra gefragt, mit welcher Sendungsart sie den Asthmaspray versenden kann. Der Filialmitarbeiter hätte sich daraufhin erkundigen müssen. Leider hat er das nicht getan, sondern der Kundin zu EMS geraten. Somit liegt hier ein Beratungsfehler vor. Die Kundin kann die Transportkosten mit Angabe dieser Gründe im Zuge der Nachforschung reklamieren.“

Geld zurück gibt es nur mittels Nachforschungsauftrag

Die Kundin könne ihr Geld also mittels Nachforschungsauftrag zurückfordern. Auch das ist bei der Post so festgelegt. Für die Konsumentin bedeutet das einen weiteren Zeit- und Arbeitsaufwand.

Thomas Hirmke, Leiter der Rechtsabteilung im Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat dafür kein Verständnis. Ein Nachforschungsauftrag sei lediglich dann sinnvoll, wenn die zu befördernde Sendung verlorengegangen ist. Dass die Kundin einen Nachforschungsauftrag stellen muss, um das ihr zustehende Beförderungsentgeld zurück zu erhalten, könne er nicht nachvollziehen, so Hirmke: „Das spricht jetzt auch nicht für die Kompetenz der Post.“

VKI prüft Musterklage gegen die Post

Der VKI habe bereits die entsprechenden AGB geprüft und sei auf weitere fragwürdige Bestimmungen gestoßen, so Hirmke. Laut AGB müsse sogar der Kunde der Post gegenüber für Schäden haften, wenn er etwas falsch angibt. Das sei schon „ein starkes Stück“, meint der VKI-Jurist, da gerade im Falle eines Asthmasprays die Konsumentinnen und Konsumenten keine Möglichkeit hätten, einen Beförderungsausschluss aus den AGB herauszulesen. In diesem Punkt seien die entsprechenden Vermerke der Post nämlich ausgesprochen vage.

Der VKI prüft nun eine Klage gegen die Post. Unter Umständen ist auch eine Verbandsklage denkbar. Hirmke geht in diesem Fall davon aus, dass die AGB der Post überarbeitet werden müssen, sollte der VKI den Fall vor Gericht bringen.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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