Dubiose Vermittlung von Notdiensten

Zu hohe Rechnungen, nicht auffindbare Firmen, verschwundene Anzahlungen – in Österreich kassiert ein Netzwerk an dubiosen Installateurnotdiensten ab. Die Hintermänner sitzen im Ausland und „vermitteln“ die Handwerker nur. Dabei verstecken sie sich hinter wechselnden Webseiten, Telefonnummern und Firmennamen. Betroffene in Wien und Graz wurden um tausende Euro gebracht.

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Ausgerechnet am 24.12. machte eine Grazerin eine unliebsame Entdeckung: Die WC-Spülung in ihrer Wohnung hörte nicht auf zu rinnen. Da sie am nächsten Tag auf Weihnachtsurlaub fahren wollte, musste rasch ein Installateur her.

630 Euro für verkalkten Spülkasten

„Ich habe im Internet nach ‚Notdienst Installateur Lendplatz Graz‘ gesucht und bin zu der Seite schmidt-24.at und zu einem deutschen Callcenter gekommen“, so die Konsumentin. Eine halbe Stunde später sei ein Monteur gekommen und habe festgestellt, dass der Spülkasten verkalkt sei. Man einigte sich auf knapp 300 Euro für die Reparatur.

Screenshot Webseite Installateur

schmidt-24.at

Anbieter wie dieser haben keine Gewerberechtigung

Als es ans Zahlen ging verlangte der Mann plötzlich mehr als das Doppelte: 630 Euro. Die Steierin zahlte zähneknirschend per Bankomat. Erst nachher bemerkte sie, dass die auf der Auftragsbestätigung genannte Firma gar nicht existiert. Sie wandte sich an die Polizei. „Der Polizist hat mir erzählt, dass es derzeit viele Probleme mit angeblichen Handwerkern über deutsche Firmen gibt“, so die Konsumentin.

In der Rauchpause mit 3.000 Euro verschwunden

Auch eine Wienerin landete bei dem deutschen Callcenter, als sie nach einem Installateurnotdienst googelte, weil die Therme in der Wohnung ihrer betagten Mutter plötzlich seltsame Geräusche machte. Zwei Monteure kamen, zerlegten die Therme und rieten ihr sofort zu einem neuen Gerät. Man einigte sich auf ein Modell um 5.000 Euro, 3.000 Euro davon als Anzahlung in bar.

Screenshot Webseite Installateur

sanitär24-h.at

Der „Installateur vor Ort“ sitzt in Wahrheit in Essen in Deutschland

Als sich die Konsumentin Stunden später bei ihrer Mutter nach dem Stand der Arbeiten erkundigte fiel sie aus allen Wolken. Die Handwerker hatten sich in einer Rauchpause mit ihrem Geld aus dem Staub gemacht. „Erst da bemerkte ich, dass auf der Auftragsbestätigung als Firma handschriftlich ‚Firma Attensam‘ und eine falsche Adresse angegeben waren“, so die Frau.

Um es kurz zu machen: Die Firma Attensam – eine Unternehmensgruppe, die Wohnhäuser betreut – hat nichts damit zu tun. Die falschen Installateure hatten den Namen bloß von einem Attensam-Firmenwagen vor dem Haus abgeschrieben. Die Wienerin erstattete ebenfalls Anzeige bei der Polizei.

Keine Haftung für Arbeiten der „Partnerfirmen“

Die beiden Konsumentinnen hatten bei der Suche nach Notdiensten im Internet die zuoberst gereihten Anzeigen ausgewählt. Da fanden sie auch die Rufnummer - 0800 900 553 – für das deutsche Callcenter. Es gehört zur Webseite sanitär24-h.at. Diese Seite wirbt mit einem Rund-um-die-Uhr-Service vom „Installateur vor Ort“. Der Firmensitz ist laut Impressum jedoch in Essen in Deutschland.

Im Impressum steht auch kleingedruckt, dass es sich nur um eine „Vermittlungstätigkeit“ handle: „Die Aufträge werden an kompetente und ausgewählte Firmen weitervermittelt. Diesbezüglich haften wir nicht für die Preise, die Ausführung, die Schnelligkeit und die Qualität unserer Partnerfirmen.“ Haftungsansprüche seien direkt an den Partner vor Ort zu stellen.

„Mafiöse, betrügerische Netzwerke“

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hält so eine Klausel für unzulässig und wird das rechtlich überprüfen lassen. Für VKI-Juristin Maria Ecker ist jedoch klar: Die beiden Konsumentinnen sind auf Gauner hereingefallen – ihr Geld sind sie los.

„Das sind mafiöse, betrügerische Firmennetzwerke, die sehr, sehr viele Webseiten betreiben und ‚Handwerker‘ schicken, die keine sind“, so Ecker. Die vermittelten „Notdienste“ haben keine Gewerbeberechtigung. Die auf den Auftragsbestätigungen genannten „Firmen“ existieren nicht, wie auch die beiden Fälle zeigen. Von den „Vermittlern“ darf man sich keine Unterstützung erhoffen. Die auf der Webseite sanitär24-h.at angegebene E-Mail-Adresse führt jedenfalls ins Leere. Auch die Anfrage von help.ORF.at blieb deshalb unbeantwortet.

Betroffene sollen Anzeige erstatten

Von der Innung der Installateure in der Wirtschaftskammer (WKO) heißt es, man kämpfe hier gegen Windmühlen. Ständig tauchten neue Webseiten mit Scheinfirmen auf. Die Betrugsfälle würden zwar der Finanzpolizei gemeldet; faktisch sei es jedoch kaum möglich, an die Hintermänner im Ausland heranzukommen. Trotzdem rät die Innung Betroffenen zu einer Anzeige bei der Polizei.

Laut Bundeskriminalamt (BK) gehen die Betrüger stets nach dem gleichen Muster vor. „Die Arbeiter führen entweder extrem minderwertige Arbeiten durch und verlangen überteuerte Preise, oder verlangen nach Besichtigung der Baustelle eine Anzahlung. Danach verlassen sie die Baustelle mit einem Vorwand (Werkzeug holen) und kommen nicht wieder“, so BK-Sprecher Vinzenz Kriegs-Au gegenüber help.ORF.at. Oft würden die Täter Rechnungen ausstellen, die das gleiche Layout haben. Nach Angaben des BK wurden bereits mehrere Verdächtige in Österreich wegen Betrugs und Sachwuchers verhaftet. Die deutschen Behörden ermitteln ebenfalls.

Dubiose Notdienste erkennen

Braucht man wirklich einen Notdienst, heißt es kühlen Kopf zu bewahren. Muss die Reparatur sofort durchgeführt werden oder kann es doch bis zur regulären Geschäftszeit warten? Ein Tipp wäre, sich bereits im Vorfeld Telefonnummern seriöser Handwerksbetriebe in der Nähe zu notieren. Weiters empfiehlt der VKI den Installateurfinder, wo seriöse Unternehmen mit Gewerbeberechtigung gelistet sind.

Vor teuren Fallen kann man sich schützen, wenn man weiß, dass dubiose Notdienste bei der Suche im Internet als bezahlte Anzeige ganz oben auftauchen und mit sehr günstigen Preisen locken. Auf den Webseiten fehlen meist Impressum und Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Auch zu den Zahlungsmodalitäten gibt es keine Angaben. Links führen ins Leere. Die „Firmen“ sind nur über eine 0 800-er Nummer erreichbar und die Bewertungen durchwegs positiv. Die abgebildeten „Monteure“ sind Fotomodelle oder von anderen Webseiten kopiert. Mitunter wird sogar das Logo der WKO gefälscht. „Finger weg von solchen Angeboten, das ist unseriös“, so VKI-Juristin Ecker.

Karin Fischer, help.ORF.at

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