Dieselskandal: VW verhandelt in Deutschland über Vergleich

Volkswagen hat im Streit um mögliche Entschädigungen für hunderttausende Dieselfahrer Vergleichsgespräche mit dem deutschen Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) gestartet. An dem Musterprozess haben sich auch österreichische VW-Kundinnen und -Kunden beteiligt.

Damit erhöhen sich die Chancen der rund 444.000 teilnehmenden Klägerinnen und Kläger in dem Verfahren am Braunschweiger Oberlandesgericht (Niedersachsen), Ansprüche gegen VW wegen des Wertverlusts ihrer Autos im Abgasskandal durchzusetzen.

Der Prozess behandelt eine Grundsatzfrage: Haben die Kläger wegen eines Wertverlusts ihrer Autos in Folge der Abgasmanipulationen Anspruch auf Entschädigung? Potenziell könnte es dabei um Milliarden Euro für die Verbraucher gehen - und um Wiedergutmachung für einen der größten Industrieskandale der vergangenen Jahrzehnte.

VW nun offenbar doch zu Zahlungen bereit

VW stellt den Wertverlust jedoch in Frage. Zu Prozessbeginn Ende September 2019 teilte der Konzern mit: „Noch heute werden die Fahrzeuge täglich von Hunderttausenden Kunden gefahren, weshalb es aus unserer Sicht keinen Schaden gibt und damit auch keinen Grund zu einer Klage.“

Nun heißt es hingegen in der kurzen Mitteilung von VW und vzbv, dass „eine pragmatische Lösung im Sinne der Kunden“ das gemeinsame Ziel sei. Allerdings seien die Gespräche noch in einem sehr frühen Stadium. „Ob es zu einem Vergleich kommt, ist offen.“

Weitere Verfahren anhängig

Der vzbv vertritt in dem gebündelten Verfahren die Interessen der Dieselfahrer. Sie sehen sich nach dem Auffliegen der Abgas-Manipulationen im Herbst 2015 mit zum Teil drastisch erhöhten Emissionen von Volkswagen getäuscht. In vielen Fällen fordern sie Schadenersatz wegen des gesunkenen Wiederverkaufswertes ihrer Fahrzeuge.

Neben dem Musterverfahren in Braunschweig laufen an Gerichten deutschlandweit weitere separate Prozesse. Mancherorts sprachen Richter den Verbrauchern Entschädigungen oder den kompletten Ersatz des Kaufpreises des Autos zu - oft wurden Ansprüche jedoch abgelehnt.

VW zahlte US-Kunden bereits Milliarden

Im September 2015 hatte Volkswagen nach Prüfungen von Behörden und Recherchen von Forschern in den USA Manipulationen an den Abgaswerten von Dieselautos zugegeben. Die Software bestimmter Motoren war so eingestellt, dass im tatsächlichen Betrieb auf der Straße deutlich mehr giftige Stickoxide (NOx) ausgestoßen wurden als in Tests. Auch in Deutschland fühlen sich Kunden geprellt, sie klagten einzeln oder schlossen sich der Musterfeststellungsklage an. Konkrete Ansprüche müssen im Erfolgsfall in eigenen Verfahren durchgesetzt werden.

In den USA hatte VW bereits kurz nach Auffliegen der Manipulationen Milliarden für die Entschädigung der US-Kunden ausgegeben. In Österreich schloss der deutsche Autokonzern kürzlich auch einen Vergleich mit der Republik Österreich wegen der VW-Autos der Polizei. Wie viel Schadenersatz der Staat von VW erhielt, wurde unter Verschluss gehalten.

Zahlung oft mit Stillschweigen verbunden

Höchstgerichtliche Entscheidungen zum Dieselabgasskandal gibt es bis dato weder in Österreich noch in Deutschland. VW versuchte bisher, strittige Fälle zu vergleichen, bevor sie beim Obersten Gerichtshof landen. Der Konzern zahlte stattdessen - wie an die Republik - eine Entschädigung und vereinbarte mit den Klägern Stillschweigen.

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