Notdienste: Billigangebote führen zu Wucherrechnungen

Das Problem ist nach wie vor aktuell: Handwerker bieten vermeintlich günstige Dienste im Internet an, um ihren Kundinnen und Kunden anschließend das Geld aus der Tasche zu ziehen. Verrechnet werden oft Phantasiepreise jenseits der 500 Euro, kassiert wird in bar. Ist man einmal in die Wucherfalle getappt, kommt man kaum noch ungeschoren davon.

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Nothilfe ab 15 Euro. Schnell vor Ort und zuverlässig, seriöse Preise werden versprochen. Auf der Webseite der so genannten Sanitärprofis unter installateur-mg.at hatte alles noch gut ausgesehen. Zu gut, wie sich bald herausstellen sollte. Eine Wienerin benötigte eine neue Badewannenarmatur und vereinbarte telefonisch einen Termin um 15:30 Uhr. Der Termin wurde von der Firma bald um mehrere Stunden verschoben. Sie informierte den avisierten Mitarbeiter darüber, dass sie um spätestens 19:20 das Haus verlassen müsse, der Mitarbeiter erschien nur zwanzig Minuten vor diesem Zeitpunkt.

Warnung vor den „Sanitärprofis“

Unter Druck unterzeichnete die Konsumentin einen Kostenvoranschlag über 600 Euro am Smartphone des Installateurs: "Ich solle schnell unterschreiben, sonst gehe sich die Arbeit nicht mehr aus, drängte mich der Installateur. Leider habe ich den Arbeitsauftrag unterschrieben. Der Mann werkte 15 Minuten, dann war alles fertig. Er sagte auf einmal, dass man nur bar bezahlen könne, obwohl das im Internet anders versprochen war. Die Rechnung belief sich plötzlich auf 804 Euro. Wegen der Mehrwertsteuer, meinte der Installateur, das hätte er vorhin gesagt. Hat er nicht.“

Katalogfotos eines Handwerkers

installateur-mg.at

Kein seriöser Handwerker bietet Dienste ab 15 Euro an

Die neue Badewannenarmatur kostete laut Rechnung 327 Euro. Zur Arbeitszeit hatte der Installateur etliche Zuschläge addiert. Kfz-Pauschale, Wegzeit, einen Abendzuschlag für die Arbeit und einen Abendzuschlag für die Wegzeit. Alles in allem eine Summe von 477 Euro inklusive Steuern für eine Nettoarbeitszeit von 15 Minuten. Da sie den geforderten Betrag zufällig zu Hause hatte, bezahlte die Wienerin den Mann: „Ich hab irgendwie Angst vor ihm bekommen, weil er plötzlich sehr unfreundlich wurde.“

„Installateur Weber“ ist der WKO unbekannt

Die Masche ist nicht neu. Auch die Webseite der so genannten Sanitärprofis ist keine Unbekannte. Sie wird angeblich von einem gewissen Moritz Weber betrieben. Der freundlich lächelnde Herr auf dem Foto verspricht, dass seit Jahren perfekt sitzende Handgriffe jeden Notfall schnell und preiswert beheben. Der Wirtschaftskammer (WKO) ist ein Installateur dieses Namens allerdings nicht bekannt. Dafür tritt der lächelnde Herr auf anderen Webseiten und unter anderem Namen auch als Elektriker oder als Schlosser auf. Auch auf diesen verspricht er, dass seine Handgriffe seit Jahren perfekt sitzen. Dass es sich angesichts dieser Vielseitigkeiten um eine reale Person handelt, darf wohl bezweifelt werden.

Katalogfoto eines Handwerkers

schlossauf.at

Der vielseitige Herr tritt als Installateur, Elektriker oder Schlosser auf

Unseriöse Unternehmen dieser Art bieten in der Regel einen 24-Stunden-Notdienst an und nützen dann die Notlagen ihrer Kunden aus, sagt Irene Randa, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Die Handwerker stellen Phantasiesummen in Rechnung und würden keinen Kostenvoranschlag anbieten, von dem man realistischerweise noch zurücktreten könne. Ist der Handwerker einmal am Ort des Geschehens, habe man nach erfolgter Tätigkeit außerdem ohnehin keinen Anspruch mehr auf einen Rücktritt vom Vertrag, so Randa.

Unrealistische Preise unbedingt hinterfragen

Sollte ein Handwerker Wucherpreise fordern und dann aufdringlich werden, habe man natürlich das Recht, ihn aus der Wohnung zu weisen und notfalls die Polizei zu holen. Den geforderten Betrag werde man aber trotzdem bezahlen müssen, weil die Beamten keine Handhabe hätten, die Preisgestaltung eines Handwerkers zu prüfen oder in Frage zu stellen. Auch eine Barzahlung zu verlangen, sei keinesfalls unzulässig, sagt VKI-Juristin Randa. Eine Rechnung müsse der Handwerker aber jedenfalls aushändigen, anderenfalls rät die Juristin dazu, den geforderten Betrag nicht zu bezahlen.

Um überhöhten Preisen und unliebsamen Handwerksgesellen von vorn-herein aus dem Weg zu gehen, sollte man die Angebote und Webseiten aufmerksam studieren. Geiz ist in diesem Fall meist ein schlechter Ratgeber. Bevor man sich für einen Anbieter aus dem Internet entscheidet, sollte man überlegen, ob die versprochenen Preise tatsächlich realistisch sind. Ein Angebot „ab 15 Euro“, wie im vorliegenden Fall, sei in jedem Fall ein Hinweis darauf, dass man es mit keinem seriösen Unternehmen zu tun habe, so Randa.

Bei Webseiten auf das Impressum achten

Seriöse Unternehmen geben auf ihren Webseiten außerdem ein Impressum an. Dieses ist meist am unteren Rand der Homepage platziert. Im Impressum sind die wichtigsten Firmendaten vermerkt. Etwa der Name des Inhabers, der Firmensitz und Kontaktmöglichkeiten. Wenn das Impressum fehlt, sei das ein weiterer Hinweis darauf, dass man es mit einem unseriösen Unternehmen zu tun habe. Firmen sind an sich dazu verpflichtet, ein Impressum auf ihrer Webseite zu führen, erklärt die Juristin. Das Unternehmen im konkreten Fall hatte übrigens kein Impressum. help.ORF.at hat trotzdem versucht, mit dem Betreiber Kontakt aufzunehmen und um eine Stellungnahme gebeten. Bis dato haben wir eine solche nicht erhalten.

Installateure, Elektriker und Schlüsseldienste bieten Dienstleistungen an, die wohl jeder von uns früher oder später einmal in Anspruch nehmen wird. Empfehlenswert ist es daher, die Kontaktinformationen seriöser Betriebe schon vorab zu eruieren und im Zweifelsfall parat zu haben. Damit man sich nicht erst im Falle des Notfalls auf eine überhastete Internetsuche begeben muss. Ist man nämlich einmal in die Wucherfalle getappt, hat man praktisch keine Chance mehr, das verlorene Geld wiederzubekommen, sagt Randa.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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