Ärger mit beschädigtem Fluggepäck bei Wizz Air

Wird ein Koffer beim Flug beschädigt, steht Reisenden eine Entschädigung zu. Die ungarische Billigfluglinie Wizz Air zahlt erst, wenn zuvor ein Gutachten über den Schaden vorgelegt wurde. Auf den Kosten für dieses Gutachten bleiben die Passagiere sitzen. Konsumentenschützer sprechen von einem „dreisten“ Vorgehen.

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Man kommt auf dem Zielflughafen an und beim Koffer fehlt der Griff oder der Deckel hat einen Riss. Das ist zwar ärgerlich – doch Reisende haben ein Recht darauf, die Kosten für die Reparatur ihres Gepäcks ersetzt zu bekommen. Das ist im Montrealer Abkommen für den internationalen Luftverkehr geregelt.

Wizz Air verlangt eigenes Gutachten über Schaden

Auch ein Urlauber aus Wien, dessen Koffer bei einem Flug mit der ungarischen Diskonterfluglinie Wizz Air beschädigt wurde, ging davon aus, dass sich die Airline an das Montrealer Abkommen halten werde. „Der Konsument unternahm nach der Landung sofort alle erforderlichen Schritte“, so Andreas Herrmann, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Noch auf dem Flughafen meldete er den Schaden und bekam eine Bestätigung. Damit versuchte er, eine Entschädigung von Wizz Air zu erhalten.

Gepäckstücke auf einem Förderband am Wiener Flughafen

APA/Barbara Gindl

18 Prozent der Gepäckstücke werden im weltweiten Luftverkehr beschädigt

Die Fluglinie verlangte von dem Reisenden zusätzlich noch eine zweite Bestätigung über das Ausmaß des Schadens. Dafür war das Gutachten eines Fachgeschäfts notwendig. Das ist noch nichts Ungewöhnliches, auch andere Airlines machen das oder haben eigene Gutachter. Überraschend war, dass Wizz Air zwar dann den Schaden anerkannte und die Reparatur bezahlte – die 15 Euro für das verlangte Gutachten jedoch nicht erstattete.

Passagiere müssen Gutachten bezahlen

„Auch nach Protesten, Beschwerden und trotz unserer Intervention ist Wizz Air der Meinung, dass das eine Gebühr sei, die von Konsumenten zu bezahlen wäre“, so Herrmann. Laut EVZ ist das kein Einzelfall. Der Jurist spricht von einem „dreisten“ Vorgehen der Airline, das nicht rechtens sei. Im Montrealer Abkommen finde sich kein Hinweis darauf, dass Fluggäste ein Gutachten vorlegen müssten.

Zwar könne eine Airline einen solchen Nachweis verlangen, die Kosten dafür seien aber nicht den Passagieren anzulasten. „Es ist eine Frechheit, wenn sich Konsumenten, die kein Verschulden an dem Gepäckschaden trifft, auch noch um ein Gutachten kümmern müssen und auf den Kosten dafür sitzen bleiben“, so Andreas Herrmann

Rechtsgrundlage fehlt

Eine Anfrage von help.ORF.at bei Wizz Air blieb zunächst unbeantwortet. Nach mehreren Anläufen verwies das Unternehmen schließlich auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Dort heißt es aber nur: „Wenn Ihr Gepäck während der von uns durchgeführten Beförderung im Luftverkehr beschädigt wird, lassen Sie es reparieren und senden uns die entsprechenden Belege zu.“ Sei eine Reparatur nicht möglich, werde die schriftliche Bestätigung einer Werkstatt verlangt.

Wo in den AGB zu finden ist, dass Fluggäste die Kosten für das Gutachten übernehmen müssten, konnte bei Wizz Air niemand sagen. Die Airline verwies lediglich darauf, dass man nicht in jedem Land Vertragswerkstätten habe.

Wizz Air wegen Online-Check-in bereits geklagt

Konsumenten sind in der Zwickmühle: Wollen sie den Schaden ersetzt haben, müssen sie zuerst zahlen. De facto bekommen sie dann weniger ersetzt als ihnen zusteht. Da es außergerichtlich seitens der Airline kein Entgegenkommen gibt, bleibt nur der Weg vor Gericht und das kann ohne Rechtsschutzversicherung teuer werden – wenn die Versicherung so einen Fall überhaupt übernimmt.

Wizz Air Airbus A320-232

Matthieu CLAVEL / AFP

Die ungarische Billigfluglinie Wizz Air ist auch ab Wien tätig

Wizz Air spiele wahrscheinlich damit, dass eine Klage für Konsumenten aufwändig und mühsam ist, so EVZ-Jurist Herrmann. „Das ist vielleicht Kalkül, dass viele Passagiere das nicht machen und sich die Fluglinie somit Geld erspart.“ Help.ORF.at gegenüber wies das Unternehmen diesen Vorwurf zurück.

Eine Klage von Konsumentenschützern wäre nicht das erste Gerichtsverfahren gegen Wizz Air. Derzeit laufen mehrere Musterprozesse wegen Problemen beim kostenlosen Online-Check-in. Dieser klappt oft nicht. Wizz Air verlangt dann eine Zusatzgebühr von mindestens 30 Euro pro Person und Strecke.

Kurze Frist bei Schaden am Gepäck

Wenn ein Koffer beim Transport beschädigt wird, sollten Passagiere auf jeden Fall schnell handeln. Sie haben nur sieben Tage Zeit, um den Schaden bei der Fluglinie zu melden. Am besten macht man das schriftlich gleich auf dem Flughafen und füllt dort ein PIR-Formular aus. Das steht für „Property Irregularity Report“.

Kommt Gepäck verspätet an, dürfen Reisende jene Dinge einkaufen, die sie kurzfristig brauchen, also einige Kleidungsstücke und Toiletteartikel. Was man einkauft, muss auch dem Zweck der Reise entsprechen – etwa Badesachen bei einem Badeurlaub. Wichtig ist, die Rechnungen aufzuheben. Die meisten Fluglinien zahlen 50 Prozent der Kosten. Für die Rückforderung hat man 21 Tage Zeit.

Kommt der Koffer gar nicht an, wird der Zeitwert des Gepäcks und des Inhalts ersetzt – bis zu einer Höchstgrenze von ca. 1.400 Euro. Wer teure Sachen im Koffer hat, kann das Gepäck beim Einchecken auch noch extra versichern lassen.

Karin Fischer, help.ORF.at

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