Die undurchsichtigen Wege der Altkleider

Das Recycling von Altkleidung ist das größte ungelöste Problem der Modebranche. Alte Jeans und Pullover landen in Altkleidercontainern und im Mistkübel. Immer mehr große Modeketten bewerben eigene Programme: Man bringt alte Kleidung und erhält dafür einen kleinen Rabatt. Was genau mit dem gesammelten Gewand passiert, ist aber häufig intransparent.

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Österreicherinnen und Östereicher haben 72 Millionen Kleidungsstücke im Kasten, die sie noch nie oder nur sehr selten getragen haben. Bei einer Umfrage von Greenpeace gab die Hälfte der Befragten an, Kleidung auszusortieren, wenn sie nicht mehr gefällt - selbst wenn das Stück keine Mängel hat. Vieles davon landet im Müll, ein Teil in Altkleidersammelboxen.

Was nach dem Verschwinden in der Box passiert

Hilfsorganisationen wie Caritas, Rotes Kreuz und Volkshilfe geben brauchbare Kleidung direkt an Bedürftige ab. Die Kleidung aus Sammelboxen wird aber auch in Geschäften verkauft. Die Erträge fließen wiederum in eigene Hilfsprojekte. Einige Organisationen wie Kolping Österreich und Rotes Kreuz arbeiten mit dem Recyclingbetrieb ÖPULA zusammen. Was nicht mehr tragbar ist, wird dort aussortiert.

Weggeworfene Kleidung

AFP

In Österreich fallen jährlich an die 80.000 Tonnen Altkleider an

„Prinzipiell ist etwa die Hälfte der Altkleidung als Secondhandkleidung wiederverwertbar“, schätzt Andreas Bartl vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der Technischen Universität (TU) Wien. In Österreich seien ein bis drei Prozent verkaufbar. Diese Kleidung müsse sauber und intakt sein und den aktuellen Modeströmungen entsprechen. Der Rest landet im Ausland.

Umstrittenes Verschiffen nach Afrika

Die Entwicklungshilfeorganisation Humana gibt Kleidung nicht direkt an Bedürftige ab, sondern verkauft sie ausschließlich. Mit dem eingenommenen Geld werden nach Angaben des Vereins Entwicklungsprojekte finanziert. Laut Humana bleibt ein Fünftel der Kleidung in Europa, zehn Prozent kommen nach Asien und ein Drittel wird nach Afrika verschifft.

„Studien besagen, dass seit Anfang der 1980er Jahre die Textilindustrie in Kenia zurückgegangen ist. Ob es tatsächlich wir Konsumenten sind, die die Industrie zerstören, ist nicht ganz klar“, sagt Andreas Bartl. Auch Billigware aus China habe Einfluss auf die afrikanischen Märkte. „Es gibt auch das Argument, dass das Geschäft mit Secondhandware Arbeitsplätze schafft“, so Bartl. Immerhin müssten die Altkleider sortiert, eventuell repariert und verkauft werden.

Ein altes Kleidungsstück abgeben, ein neues kaufen

Immer mehr große Modeketten bewerben eigene Altkleidersammelprojekte, etwa die spanische Kette Zara und der schwedische Textilriese H&M. Das Bekleidungsunternehmen C&A mit Sitz in Deutschland und Belgien will ein ähnliches Projekt Ende des Jahres einführen. Bei H&M erhält man für die Altkleider Vergünstigungen für den nächsten Einkauf. Hat man ein Teil abgegeben, soll also gleich das nächste angeschafft werden.

Pullover hängen im Geschäft

ORF.at/Julia Hammerle

Modeketten sammeln alte Kleidung und motivieren gleichzeitig zum Neukauf

Laut H&M wird ein Teil der gesammelten Kleidung als Secondhandmode auf dem Weltmarkt verkauft, ein Teil wieder zu Textilfasern verarbeitet. Der Rest wird zu Putztüchern oder als Dämm- und Isolierstoff für die Autoindustrie verwendet. Ähnliches verspricht das Recyclingprogramm von Zara. Was davon überwiegt und wo die Kleidung genau verkauft wird, wurde auf Anfrage von help.ORF.at nicht beantwortet.

Kleidung vor dem Restmüll retten

Generell wird die Wiederverwendung von Textilien schwieriger, wenn viele verschiedene Fasern und Farbstoffe in einem Kleidungsstück enthalten sind, es schmutzig ist und Reißverschlüsse oder Knöpfe angebracht sind. In der Textilindustrie werden vor allem Stoffreste recycelt, die schon bei der Produktion anfallen. „Das fällt unter Pre-Consumer-Waste, da war die Ware noch gar nicht beim Konsumenten“, so Bartl. Was im Restmüll landet, sei kaum mehr zu recyceln, weil es verunreinigt ist. Verschmutzte, nicht mehr tragbare Kleidung sollte aber auch umgekehrt nicht in Sammelboxen entsorgt werden.

Berg aus Plastikmüll

Fotolia/nmann77

Landen Textilien im Restmüll, können sie kaum mehr recycelt werden

Künftig soll abgetragene Kleidung bereits als Teil des Mülls in den Haushalten getrennt werden. Das sieht die EU-Abfallrahmenrichtlinie vor, die bis 2020 mit nationalen Gesetzen umgesetzt werden soll. Damit soll die Recyclingquote auf 65 Prozent steigen. „Das wird nicht leicht zu erreichen sein“, so Bartl. Die Verantwortung werde damit an die Konsumentinnen und Konsumenten übertragen, die mehr trennen sollen. Gleichzeitig würden so Textilien vor dem Restmüll gerettet.

Eine bisher noch kaum genutzte Möglichkeit: Kleidung im Freundes- und Bekanntenkreis zu tauschen. Auch das ist, bei intakten Hemden, T-Shirts und Röcken eine Option, um nicht mehr Getragenes loszuwerden und dafür den eigenen Kleiderschrank aufzupeppen.

Elisabeth Stecker, help.ORF.at

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