AK: „Finger weg von Viagogo“

Über die Onlineplattform Viagogo können Eintrittskarten zu Events aller Art von Privatverkäufern und internationalen Veranstaltern erworben werden. Allerdings steht die Firma immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik. Die Vorwürfe reichen von Wucherpreisen bis hin zum Verkauf gefälschter Eintrittskarten. Konsumentenschützer der Arbeiterkammer (AK) warnen nun vor Viagogo.

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Eine Kundin bestellte über Viagogo im März drei Tickets für ein Konzert und bezahlte in Summe 270 Euro. Als sie die Karten erhalten hatte, staunte sie nicht schlecht. Auf den Tickets stand der Preis von je 55 Euro. Das macht in Summe 165 Euro, um 105 Euro weniger als die von ihr verlangte Summe. Sie fühlte sich um ihr Geld betrogen und wandte sich an help.ORF.at.

Freie Preisgestaltung bei Aufschlägen

„Wir haben laufend Beschwerden zu überhöhten Tickets, intransparenten Preisen oder Tickets, die personalisiert sind, weiterverkauft werden und dann vom Veranstalter der Einlass den neuen Käufern verweigert wird“, sagt Emanuela Prock von der Abteilung Konsumentenschutz der AK Wien. Beim aktuellen Fall könne man zwar nicht von einer Straftat sprechen, da Zwischenhändler wie Viagogo bei der Festsetzung von Vermittlungsgebühren und Aufschlägen freie Preisgestaltung haben, allerdings seien diese für die Konsumentin nicht transparent gewesen. Auf Anfrage von help.ORF.at wies Viagogo die Verantwortung von sich und argumentierte, dass die Verkäufer ihre Preise selbst festsetzen würden. Zusätzliche Gebühren und Aufschläge seien im letzten Schritt des Kaufes ersichtlich gewesen.

Screenshot

viagogo.at

Intransparente Preise auf der Vermittlungsplattform Viagogo

De facto erfährt man den tatsächlichen Kaufpreis bei Viagogo erst nach abgeschlossener Buchung. Ein erstmalig angezeigter Kartenpreis bei Viagogo kann sich nach dem Klick in den Warenkorb schon einmal um 95 Euro erhöhen, so die AK Wien. Mittels laufenden Countdown werden Käufer bei der Zahlung unter Druck gesetzt. Derartige Praktiken sind gesetzeswidrig.

Viagogo ist nur Vermittler, Verkäufer oft anonym

Probleme beim Kauf von Tickets über Viagogo entstehen auch dadurch, dass die Plattform selbst nur als Vermittler agiert. „Wenn ich Probleme habe, weil mir die Eintrittskarte gar nicht oder verspätet zugeschickt wird, und sie dadurch unbrauchbar ist, muss mich an den privaten Verkäufer wenden. Und dieser ist dann meist erst am Ticket ersichtlich“, so Prock. Auch der Linzer Anwalt Johannes Hintermayr, der einige Verfahren gegen Viagogo führt, teilt diese Kritik und ergänzt: „Viagogo ist nicht bereit, die Verkäufer der Karten offenzulegen, sodass der Konsument nicht erfährt, wer tatsächlich der Vertragspartner ist“.

Aktuell Verfahren gegen Viagogo

Bei zwei Verfahren, in denen es um die Irreführung der Käufer, die fehlende Gewerbeberechtigung eines Verkäufers und die gerichtliche Zuständigkeit ging, konnte der Linzer Anwalt beim Obersten Gerichtshof (OGH) Erfolge verbuchen. Nun geht ein Streit im Hauptverfahren in erster Instanz weiter. Bis das Verfahren gegen Viagogo rechtskräftig sein wird und eine Exekutionsführung in Österreich beantragt werden kann, dauere es aber noch ein paar Jahre. „Viagogo ist bekanntermaßen ein Meister im Verschleppen von Verfahren“, sagt Hintermayr.

Nicht ohne Rechtsschutzversicherung klagen

Wer als Einzelperson Viagogo klagen möchte, sollte dies nicht ohne Rechtsschutzversicherung tun. „Man muss berücksichtigen, dass es immer ein Kosten- und Prozessrisiko gibt“, sagt AK-Expertin Prock. Gerade im Fall des Vermittlers Viagogo, der den Sitz in der französischen Schweiz hat, gibt es Schwierigkeiten bei der Zustellung der Klage. So müsse eine Klage erst ins Französische übersetzt werden und das könne in Summe mehrere Tausend Euro kosten. Neben den hohen Prozesskosten kommt erschwerend hinzu, dass Viagogo die Annahme der Klagen oft verweigerte. Nur in seltenen Fällen zahlte Viagogo den Geschädigten das Geld zurück.

Tickets direkt beim Veranstalter kaufen

Man könne auch versuchen, die Forderung direkt bei den Verkäufern geltend machen, sofern eine Kontaktaufnahme gelingt. Die Daten der Verkäufer müsste Viagogo auf Anfrage jedenfalls herausgeben. Damit Probleme erst gar nicht auftreten, empfiehlt die AK Wien, Tickets direkt beim Veranstalter zu kaufen bzw. sich auf dessen Homepage nach seriösen Vertragspartnern zu erkundigen. Weiters gilt: Preise vergleichen und vor dem Kauf Onlinebewertungen lesen.

Noel Kriznik, help.ORF.at

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