Smart-Meter-Umstellung: Was Kunden wissen müssen

Bis Ende 2022 werden alle sechs Millionen Stromzähler in Österreich durch digitale, so genannte Smart Meter, ersetzt. Zwar können Kunden die Umrüstung nicht verhindern, sie haben aber die Wahl, ob und in welchem Ausmaß sie die neuen Funktionen der Messgeräte nutzen wollen. Drei Optionen – von der Messung alle 15 Minuten bis zur „Dummschaltung“ des Geräts - stehen dabei zur Wahl.

Sendungshinweis

„Help“, das Ö1-Konsumentenmagazin, jeden Samstag um 11.40 Uhr in Radio Ö1.

Die klassischen, mechanischen Stromzähler mit horizontal rotierender Scheibe, benannt nach dem Entwickler, dem italienischen Elektrotechniker Galileo Ferraris, müssen modernen Smart-Meter-Geräten weichen.

Bisher wurden eine Million der neuen Messgeräte in heimischen Haushalten installiert. Das entspricht rund 17 Prozent.

Alter Stromzähler

ORF.at/Sabine Koder

Drei Varianten zur Wahl: Opt-out, Standard und Opt-in

Verhindern kann man die Umrüstung auf Smart Meter nicht. „Der Zähler ist Eigentum des Netzbetreibers, diesem steht es frei einen Tausch vorzunehmen. Das heißt die Konsumenten haben kein Recht darauf den alten Ferraris-Zähler zu behalten“, so Michael Soder, Energieexperte der Arbeiterkammer Wien.

Einige Wochen vor dem Tausch werden die Kunden üblicherweise schriftlich informiert. Wenn sie schon nicht „Nein“ sagen können, können Kunden dann zumindest entscheiden, in welchem Ausmaß die neuen Funktionen genutzt werden sollen. Drei Möglichkeiten stehen zur Wahl: Die datenfreizügige Opt-in-Variante, eine tagesaktuelle Standardvariante und auf Drängen der AK-Konsumentenschützer auch eine Nicht-Mitmach-Variante, die so genannte Opt-Out-Option.

Daten werden über Stromleitung übertragen

Bei der Opt-Out-Variante wird der alte Zähler zwar gegen einen neuen getauscht, aber alle smarten Funktionen sind deaktiviert. Es wird wie bisher nur einmal im Jahr eine Fernablesung durchgeführt. Bei der Standard-Variante - die auch dann zur Anwendung kommt, wenn der Kunde keine Option aktiv auswählt - werden die Tagesdurchschnittswerte ein Mal pro Tag an den Netzbetreiber gesendet.
Bei der dritten Möglichkeit, der Opt-In-Variante, werden Viertelstunden-Werte gespeichert und gesendet. Zwischen den einzelnen Varianten kann jederzeit gewechselt werden.

Gesendet werden die Daten nicht über separate Internetleitungen oder Funkmodule im Keller, sondern direkt über das Stromnetz. Möglich macht dies die Powerline-Communication-Technik (PLC) – kurz Powerline oder auch PowerLAN, die zum Beispiel auch für den Internetzugang über die Stromleitung verwendet wird. Die so übertragenen Verbrauchsdaten können Kunden am Folgetag (nicht in Echtzeit) im Webportal einsehen.

Verschiedene Smartmeter

Wiener Netze

Von den verschiedenen Netzbetreibern werden verschiedene Smart-Meter-Modelle verbaut. Hier die Smart-Meter der Wiener Netze.

Die Initiative „Stop Smart Meter“ warnt in diesem Zusammenhang vor einer erhöhten Elektrosmog-Belastung durch die Zählerkommunikation über PLC. Wissenschaftliche Belege für eventuelle Auswirkungen auf die Gesundheit gibt es aber derzeit nicht. Das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz hat sich mit dem Thema beschäftigt und geht davon aus, dass von Smart Metern keine Gesundheitsgefährdung ausgeht.

Kosten werden über Netzentgelt verrechnet

Genaue Zahlen liegen zwar nicht vor, Schätzungen gehen aber von Kosten von zwei Milliarden Euro für die österreichweite Umrüstung aus. Kosten, die indirekt auch von den Kunden getragen werden müssen.

„Der Einbau selbst kostet für die einzelnen Kunden nichts, aber natürlich sind die Kosten der Smart-Meter-Umstellung Teil der Netzentgelte,“ so Soder. Bisher seien von der Arbeiterkammer aber keine eklatanten Steigerungen dieser festgestellt worden. Man werde die Preise aber weiter genau beobachten.

Genaue Abrechnungen statt Schätzungen

Ein Vorteil für die Kunden ist laut Soder, dass der eigene Stromverbrauch transparenter wird. Durch die genauen Verbrauchswerte könne auch eine präzise tagesgenaue Abrechnung erfolgen, so dass es nicht zu unerwarteten Nachzahlungen komme.

Als weiterer Vorteil wird oft ins Treffen geführt, dass Smart Meter Energie sparen sollen. Mit dem Zählertausch alleine allerdings noch nicht. „Das Smart Meter alleine spart noch keine Energie. Aber wenn der Konsument über die Webapplikation sein Verbrauchsverhalten einsieht, und dann möglicherweise mehr auf seinen Stromverbrauch achtet, kann er so Einsparungen erzielen“, so der AK-Energiefachmann.

Techniker

APA/Wiener Netze/Manfred Tucherl

Einige Wochen vor dem Zählertausch werden Konsumenten schriftlich informiert

Rückschlüsse auf Privatsphäre

Nicht nur dem Nutzer selbst, auch dem Netzanbieter geben die gesammelten Daten ausführliche Auskünfte über den Stromverbrauch eines Haushalts. Rückschlüsse auf die Privatsphäre wären zwar theoretisch möglich – etwa wann jemand zuhause ist, welches Fernsehprogramm gerade geschaut wird, oder wann am liebsten geduscht wird. Derzeit werden die Daten nicht ausreichend detailliert und sekundengenau erfasst - möglich wäre das künftig aber. Wer für die Zukunft sichergehen will, wählt am besten die Opt-Out-Variante.

Hoher Absicherungsaufwand

Auch die Sicherheit der digitalen Smart Meter steht oft in der Kritik. Wie jeder vernetzte Computer sind auch die digitalen Messgeräte potenzielles Einfallstor für Cyberkriminelle.

100 Prozent sicher sei ein System natürlich nie, aber die Netzbetreiber würden hier einen sehr großen Aufwand betreiben, um ihre Systeme so sicher wie möglich zu gestalten, so Soder.

Neue Tarifmodelle buhlen um persönliche Daten

Möglich und durchaus wahrscheinlich ist, dass die Netzbetreiber die Daten ihrer Kunden in Zukunft an andere Unternehmen weiterverkaufen möchten. Dazu benötigt es aber die Zustimmung des einzelnen Kunden.

„Die Daten aus dem Gerät gehören den Konsumenten, dementsprechend sind sie durch die Datenschutzgrundverordnung geschützt,“ so Soder. Der Konsument selbst habe aber die Möglichkeit, seine Daten mittels Einwilligung auch Dritten freizugeben. In Zukunft sei es durchaus denkbar, dass Energielieferanten mit attraktiven Angeboten auf die Kunden zukämen, allerdings wenn diese ihre persönlichen Verbrauchsdaten freigeben.

„Konsumenten sollten sich immer bewusst sein, an wen sie ihre Daten weitergeben - unabhängig davon wie gut das Angebot ist. Der Preis ist der Zugriff auf die persönlichen Daten“, so Soder von der AK.

Beate Macura, ORF.at

Links: