Gammelfleisch aus Polen: Wirklich nicht in Österreich?

Erneut beschäftigt ein Lebensmittelskandal die europäischen Behörden. Ein polnischer Schlachthof hat das Fleisch alter und möglicherweise kranker Tiere in Umlauf gebracht. Österreich ist laut Behörden nicht betroffen. Aber kann man das tatsächlich ausschließen? Könnte nicht belastetes Fleisch etwa über Fertig- oder Tiefkühlprodukte in die Lebensmittelkette gelangt sein?

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Es waren schon recht ekelhafte Bilder, die der Informant eines Investigativmagazins in einem polnischen Schlachthof aufgenommen hat. Alte und mutmaßlich auch kranke Tiere wurden da geschlachtet, es sieht aus als würden Tumore entfernt, bevor das Fleisch mit frischem Fleisch gemischt, verpackt, und für den Export vorbereitet wird. 14 Länder innerhalb der europäischen Union haben Lieferungen erhalten, darunter Ungarn, Frankreich und Deutschland.

Ministerium: Behalten Thematik im Auge

Österreich ist Angaben des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) zufolge nicht betroffen. Der polnische Schlachthof wurde mittlerweile geschlossen: „In solchen Fällen gibt es ein europaweites Warnsystem, das alle Länder miteinander vernetzt. Die Kontrollen in Österreich sind besonders engmaschig. Das Ministerium hat diese Thematik im Auge, und sollten sich neue Verdachtsmomente ergeben, wird dementsprechend reagiert und informiert.“

Eine konkrete Gesundheitsgefahr sei unwahrscheinlich, heißt es von Seiten des Ministeriums: „Nach den derzeitigen Informationen der polnischen Behörden besteht von den betroffenen Fleischlieferungen keine Gesundheitsgefahr für den Menschen. Trotzdem wurden bereits alle noch auffindbaren Chargen und Lieferungen zurückgerufen, beziehungsweise vor Ort vernichtet.“

WKO: Firmen müssen Lebensmittelsicherheit garantieren

Das Lebensmittelrecht in der EU ist harmonisiert, in den Mitgliedsstaaten gelten im Kern also dieselben Regeln. Um derartige Vorfälle zu verhindern, oder zumindest frühzeitig zu erfassen, gebe es ein ausgefeiltes Kontrollsystem, sagt auch die Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) Katharina Koßdorff. Zunächst habe die Industrie sicherzustellen, dass nur einwandfreie Produkte in den Handel gelangen. Dies treffe alle Beteiligten innerhalb der Lebensmittelkette. Beginnend beim Landwirt, über den Hersteller, über den Transporteur bis hin zum Handel oder der Gastronomie, jeder in der Kette habe diese Aufgabe zu erfüllen. Die Einhaltung dieser Bestimmungen könne von der Behörde jederzeit und unangekündigt überprüft werden, so Koßdorff.

Herkunft von Zutaten muss dokumentiert sein

Dennoch kommt es nicht selten zu Problemen im Lebensmittelbereich. Im Jahr 2017 wurden etwa Eier gefunden, die mit dem Insektizid Fipronil verunreinigt waren. Auch in diesem Fall hieß es zunächst, dass Österreich nicht betroffen sei. Fündig wurde man dann doch – und zwar in Fertigprodukten bei deren Herstellung niederländische Eier verwendet worden waren, die mit Fipronil belastet waren. Bei Fertiggerichten und Tiefkühlprodukten haben Konsumentinnen und Konsumenten kaum die Möglichkeit festzustellen, von wo die einzelnen Zutaten stammen.

Für die Behörden sei dies aber kein Problem, sagt Koßdorff. Im Zuge des EU-Kontrollsystems sei die eindeutige Rückverfolgbarkeit verwendeter Zutaten gesetzlich vorgeschrieben. Der Unternehmer müsse im Rahmen der Rückverfolgbarkeit Dokumente darüber bereithalten, von welchem Unternehmen er welche Zutat oder welches Lebensmittel eingekauft hat und an wen er sein fertiges Produkt ausgeliefert hat.

Schnellwarnsystem bei grenzüberschreitendem Handel

Die entsprechenden Informationen müssen den zuständigen Behörden auf Aufforderung zur Verfügung gestellt werden, heißt es dazu von Seiten des Gesundheitsministeriums. Um bei grenzüberschreitenden Fällen, wie etwa aktuell in Polen, rasch reagieren zu können, gibt es das Europäische Schnellwarnsystem Rapid Alert System – Food and Feed (RASFF). Sollte ein Krisenfall eintreten, werde dies dem System umgehend gemeldet und per Knopfdruck an alle Mitgliedsstaaten und die jeweiligen Kontrollbehörden weitergeleitet. Die Behörden könnten auf diese Weise umgehend feststellen, ob ein betroffenes Produkt in den Handel gelangt sei, und dieses umgehend zurückrufen.

„Schwarze Schafe vom Markt ausschließen“

Die große Zahl an Produktrückrufen sei ein Beleg dafür, dass das System im Krisenfall auch gut funktioniere, meint Koßdorff. Dennoch sei natürlich kein System perfekt, schwarze Schafe gebe es immer wieder. Diese würden aber nicht nur den Konsumentinnen und Konsumenten schaden, sondern letztlich auch dem Handel, da das Vertrauen der Kunden in die europäische Lebensmittelsicherheit durch kriminelle Machenschaften geschädigt werde. Solche schwarzen Schafe seien in jedem Fall vom Markt auszuschließen, so Koßdorff.

Dass Gammelfleisch aus Polen aller Kontrollen zum Trotz auf die eine oder andere Art doch noch in Österreich auftaucht, könne nicht ausgeschlossen werden, heißt es von Seiten des zuständigen Ministeriums. Aktuelle Erhebungen in Polen und den bisher betroffenen europäischen Staaten würden derzeit jedoch keine entsprechenden Anhaltspunkte dafür liefern.

Paul Urban Blaha, help.ORF.at

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