Das Geschäft mit dem Geschmack

Lebensmittelhersteller treiben großen Aufwand, um herauszufinden, was schmeckt und daher auch gekauft wird. Umgekehrt gewöhnen sich die Konsumentinnen und Konsumenten an industriell gefertigte Produkte. So erkennen Kinder Himbeergeschmack oft nicht mehr. Das ergab eine Studie der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien.

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Gründe für den Einsatz von Zusatz- und Aromastoffen gibt es viele: Etwas haltbar machen, eine bestimmte Konsistenz erzielen und den Konsumentinnen und Konsumenten ein immer gleiches Produkt bieten.

Kinder erkennen Himbeeren nicht

Zusatzstoffe hätten generell einen schlechten Ruf, so Klaus Dürrschmid vom Department für Lebensmittelwissenschaften und –technologie an der BOKU. Hinter so mancher E-Nummer verstecke sich allerdings harmlose Zitronensäure oder das Geliermittel Pektin, das aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnen wird.

Dennoch, an den Geschmack von industriell hergestellten Lebensmitteln sei man gewöhnt. Das zeigte eine Studie der BOKU. 400 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 13 Jahren wurden zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Außerdem testeten Klaus Dürrschmid und sein Team, wie gut die Kinder Gerüche und Geschmäcke erkennen können.

bunte Zuckerl

Mario Laporta / AFP

Kinder assoziierten Himbeergeruch mit Produkten aus dem Süßigkeitenregal

Es zeigte sich, dass Kinder, die sehr stark gesüßte Erfrischungsgetränke zu sich nehmen, die Grundgeschmacksarten schlechter identifizieren können. Außerdem erkennen jene Kinder Gerüche schlechter, die viel Fast Food und wenig Vollkornprodukte essen. Der Geruch von Himbeeren wurde von den Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Produkten assoziiert, wie zum Beispiel Zuckerl, und nicht mit der Frucht an sich. „Das heißt sie wachsen in einer kulinarischen Umwelt auf, wo es keine natürlichen Bezugspunkte mehr gibt, sondern nur mehr die künstlichen Produkte“, so der Lebensmitteltechnologe.

Konsument ist nicht gleich Konsument

Aus Sicht der Hersteller sei das Ziel einen Geschmack zu erzeugen, der auf Akzeptanz stoße, so Dürrschmid. Lange Zeit sei die Lebensmittelindustrie davon ausgegangen, dass alle Menschen ähnliche Wahrnehmungsfähigkeiten und Präferenzen haben, so Dürrschmid. In den letzten Jahren wird zunehmend untersucht, welche Unterschiede es dabei gibt. Zum Beispiel können so genannte „Supertaster“ überdurchschnittlich gut Gerüche und Geschmäcke wahrnehmen.

Das Europäische Sensoriknetzwerk, ein Zusammenschluss von Forschungsinstitutionen und Lebensmittelproduzenten, testete in einer groß angelegten Studie die Kaffeevorlieben der europäischen Bevölkerung. Acht verschiedene Typen von Kaffeepräferenzen wurden dabei ermittelt. Der Espresso in Italien im Gegensatz zum Häferlkaffee der Briten sei etwa ein Beispiel für nationale Unterschiede, so Dürrschmid. Basierend auf diesen Typen entwickelte der Nahrungsmittelkonzern Nestlé das Kapselsystem.

Weniger Fett, Salz und Zucker gefragt

Viele Lebensmittelproduzenten würden versuchen, der Nachfrage nach weniger salzigem, süßem und fettem Essen nachzukommen, so Dürrschmid. Dabei wird getestet, welche Veränderungen die Konsumentinnen und Konsumenten annehmen. Wie das untersucht wird, kann aber zu verschiedenen Ergebnissen und damit zu verschiedenen Produkten führen. So hätten Tests mit Erdbeerjoghurt gezeigt, dass der zugesetzte Zucker sogar um ein Drittel reduziert werden kann, ohne die langfristigen Beliebtheitswerte negativ zu beeinflussen. Bei spontanen Bewertungen aber schnitt das süßere Joghurt besser ab, so Klaus Dürrschmid.

Immer mehr Verbraucher lassen sich von unbekannten Inhaltsstoffen abschrecken. Darauf reagiere die Lebensmittelindustrie und entwickelt neue Methoden. Rückstände, die durch technisch notwendige Hilfsstoffe bei der Verarbeitung entstehen, werden dabei reduziert oder ganz vermieden, so Klaus Dürrschmid. Bei der so genannten superkritischen Fluidextraktion bleiben am Ende nur die Aromastoffe übrig, ganz ohne Rückstände von Lösungsmitteln. Das Ergebnis sei dem von natürlichen Aromen sehr ähnlich, so Dürrschmid. Allerdings, solche Verfahren haben ihren Preis.

Elisabeth Stecker, help.ORF.at

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