Vanille oder Vanillin: Was den Unterschied ausmacht

Vanille gibt es in unzähligen Varianten: ganze Schoten, gemahlen, als Extrakt, mit Zucker vermischt und als künstlichen Aromastoff Vanillin. An den Geschmack der natürlichen Vanille kommt die synthetische Kopie nicht heran, sie besticht jedoch durch einen wesentlich niedrigeren Preis.

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Weihnachten kommt näher und damit die Hochsaison für Vanillekipferl. In den Supermärkten gibt es deshalb eine ganze Reihe von Vanilleprodukten - mit großen Preisunterschieden. Vor allem ganze Vanilleschoten sind teuer, aber woran liegt das?

Aufwändiger Anbau und langwierige Verarbeitung

Vanille-Orchideen, deren Fruchtstand später zur dunkel glänzenden Vanilleschote verarbeitet wird, wachsen nur unter speziellen klimatischen Bedingungen. Ursprünglich stammen sie aus Zentralamerika und werden heute auch auf einigen Inseln im Indischen Ozean angebaut. In Zentralamerika werden die Blüten von heimischen Kolibris und speziellen Bienenarten bestäubt. Doch auf Madagaskar und la Réunion, wo die besonders aromatische Bourbon-Vanille angebaut wird, gibt es diese Tiere nicht. Deshalb ist es dort nötig, die Vanilleblüten einzeln und kostenaufwändig per Hand zu bestäuben.

Die grüne Samenkapsel der Vanille

AFP

Vor der Fermentation sind Vanilleschoten grün

„Die Vanilleschoten werden grün geerntet und riechen zu dem Zeitpunkt noch nach recht wenig, zumindest nicht nach dem typischen Vanillearoma“, erklärt Klaus Dürrschmid, Lebensmittelsensoriker an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Damit dieses entstehe, müssen die Vanilleschoten in einem aufwändigen Fermentationsprozess weiterverarbeitet werden.

„Dabei werden unterschiedliche aromaaktive Substanzen freigesetzt. Die wichtigste davon ist das Vanillin, die Substanz, die prototypisch für das Vanillearoma steht“, so Dürrschmid. Zusätzlich dazu entstünden noch etwa 100 weitere Substanzen, die der Vanille ihre geschmackliche Komplexität verleihen.

Künstliches Vanillin als günstige Alternative

Der Hauptbestandteil des Vanillearomas, das Vanillin, kann in bestimmten biotechnischen Prozessen auch künstlich hergestellt werden. Es stimmt chemisch exakt mit dem Vanillin in der Vanilleschote überein und hat deshalb auch keine gesundheitlichen Nachteile. „Was dabei verloren geht, ist die Komplexität des natürlichen Vanillearomas“, sagt der Lebensmittelsensoriker.

Der Vorteil des künstlichen Vanillins: Es sei in der Herstellung um etwa das 1000-fache billiger als natürliche Vanille, so Dürrschmid. Der Preis von Vanilleschoten ist in den letzten Jahren zudem stark gestiegen, weil Naturkatastrophen für Ernteausfälle gesorgt hatten.

Tricksen mit künstlichen Farbpartikeln

Um herauszufinden, ob sich in einem Produkt natürliche Vanille oder künstliches Vanillin befindet, sollten Konsumentinnen und Konsumenten genau hinschauen: „Wenn ‚Vanille‘ auf der Verpackung steht, hat das etwas mit der Vanilleschote zu tun und bedeutet Komplexität des ursprünglichen Aromas. Wenn ‚Vanillin‘ steht, ist es wirklich nur die eine Substanz aus dem komplexen Substanzgemisch der ursprünglichen Vanilleschote“, erklärt der BOKU-Professor.

Vanillekipferl

Getty Images/JuliaKa

Vanillekipferl schmecken mit selbstgemachtem Vanillezucker gleich noch besser

Am Produkt selbst ist es optisch schwierig zu erkennen, ob natürliche Vanille oder künstliches Vanillin verwendet wurde. Kleine schwarze Punkte, beispielsweise im Vanilleeis, seien nämlich nicht immer Vanillesamen aus dem Mark der Schote, warnt der Lebensmittelsensoriker. Manchmal würden Produkten auch künstliche Farbpartikel zugefügt, um den Eindruck von Natürlichkeit zu erwecken.

Farbe Gelb „verstärkt“ Vanilliegeschmack

Die gelbe Farbe, die häufig mit Vanille assoziiert wird, habe in Wirklichkeit nichts mit dem Gewürz zu tun. Die Schote selbst ist dunkelbraun bis schwarz, Vanillin jedoch ähnelt Zucker- oder Salzkristallen. „Die Verknüpfung Vanille und gelbe Farbe ist dadurch entstanden, dass viele Produkte, denen Vanille zugesetzt wird, auch mit Eidottern versetzt werden“, so Dürrschmid. Diese Verknüpfung führe zu einer positiven Verstärkung des Geschmacks: „Man kann also die wahrgenommene Vanilleintensität dadurch beeinflussen, dass man das Produkt etwas stärker gelb einfärbt“.

Vanilleschoten mehrmals verwenden

Wer sich nun trotz des hohen Preises eine Vanilleschote kauft und möglichst viel Geschmack herausholen will, kann sie ohne weiteres mehrmals verwenden. „In Vanilleschoten sind so viele Inhaltstoffe drin, durch einmalige Verwendung sind die gar nicht alle draußen“, betont der Lebensmittelsensoriker.

Die Aromastoffe der Vanille seien sehr hitzestabil und behielten ihren Geschmack über einen langen Zeitraum. Deshalb seien Vanilleschoten auch dann noch verwendbar, wenn man sie zum Beispiel bereits in Milch oder Pudding mitgekocht hat. Wichtig hier ist nur, die Schoten abzuwaschen und vor der weiteren Verarbeitung gut trocknen zu lassen.

Vanillezucker und Vanilleextrakt selber machen

Bereits ausgekratzte oder ausgekochte Vanilleschoten eignen sich sehr gut dafür, Vanillezucker selbst zu machen. Dafür muss man die gut getrockneten Schoten nur in ein geruchsneutrales Schraubglas legen und mit Zucker auffüllen. Es dauert einige Tage, bis der Zucker das Vanillearoma angenommen hat. Danach ist der selbstgemachte Vanillezucker aber monatelang haltbar und wird geschmacklich immer intensiver.

Die aromaaktiven Substanzen in der Vanilleschote seien zudem sehr gut alkohollöslich, erklärt Dürrschmid. Aus bereits ausgekochten Vanilleschoten, die man für einige Tage in Alkohol ziehen lässt, kann man deshalb auch einfach selbstgemachten Vanilleextrakt herstellen.

Jana Wiese, help.ORF.at

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