Wie Flugpassagiere um ihre Ansprüche umfallen

Verspätungen, Annullierungen, verweigertes Boarding: Häufig steht Passagieren die Rückerstattung der Ticketkosten zu, oft auch eine finanzielle Entschädigung. Was aber, wenn sich Fluglinien und Buchungsplattformen taub stellen und jede Schuld von sich weisen? Übrig bleiben Konsumenten, die zwar Ansprüche haben, aber trotzdem kein Geld sehen.

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Wie Ansprüche ins Leere gehen können, zeigt folgender Fall: Ein Wiener verbrachte mit Frau und Kind im Juni ein verlängertes Wochenende im schottischen Edinburgh. Der Rückflug mit der Fluglinie Norwegian am Sonntag fiel aus, die Maschine hatte einen technischen Defekt. Weil der Konsument aber dringend nach Hause musste, buchte er über die Buchungsplattform Opodo sofort Ersatzflüge mit der spanischen Billigairline Vueling.

Ticketkosten abgebucht, Boarding verweigert

Kurz danach folgte beim Check-in die böse Überraschung: Vueling verweigerte das Boarding. Die Namen der Familie waren angeblich nicht auf der Passagierliste. „Schlimm genug, wenn man auf einem Flughafen gestrandet ist, aber dass die Kosten für die Ersatzflugtickets sofort abgebucht werden, und man dann nicht an Bord darf, ist besonders ärgerlich“, so der Wiener. Weder Opodo noch Vueling seien erreichbar gewesen, beide Unternehmen hätten sich über Monate hinweg nicht bei ihm gemeldet.

Ein Flugzeug des spanischen Billigfliegers Vueling

APA/AFP/Josep Lago

Die Maschine von Vueling hob ohne die Familie ab

Rund 320 Euro hatten diese Flugtickets gekostet, das Geld möchte der Konsument zurück – doch bei wem ist die Panne passiert? Die Buchungsplattform Opodo schloss einen Fehler aus. Das Unternehmen reagierte allerdings erst, als help.ORF.at Ende Juli für den Passagier nachfragte: „Wir haben nach Erhalt Ihrer Anfrage den Buchungsprozess noch mal eingehend überprüft und können Ihnen mitteilen, dass die Buchungsdaten von Opodo korrekt an Vueling übermittelt wurden“.

Monatelang keine Antwort von Vueling

Also könnte die Panne auch bei Vueling passiert sein. Doch sämtliche Anfragen von help.ORF.at bei der Fluglinie blieben unbeantwortet. Erst fünf Monate später gab es das erste Lebenszeichen: „Wir sind gerade in Kontakt mit den entsprechenden Abteilungen, um Ihre Anfrage beantworten zu können. Heute werde ich mich wieder mit Ihnen in Verbindung setzen“. Danach war zunächst wieder Funkstille, bis Vueling schließlich mitteilte, dass die Reservierung korrekt gewesen sei und auf dem betreffenden Flug „keinem Passagier das Einsteigen am Check-in-Schalter oder am Flugsteig verwehrt“ worden sei. Belege dafür blieb die Fluglinie ebenfalls schuldig.

Schlechte Erfahrungen mit Vueling hat auch das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Österreich, wo sich die Beschwerden über die Fluglinie häufen. „Wenn es Probleme gibt, ist das eine sehr mühsame Airline“, so EVZ-Jurist Dominik Manzenreiter. Das Kundenservice würde oft monatelang nicht antworten oder nur vertrösten. Oft gebe es auch nur automatisch generierte E-Mails, in denen lapidar steht: „Man dankt für die Übermittlung und wird sich in Kürze um den Fall annehmen“. De facto sei es für Passagiere sehr schwer, ihre Ansprüche außergerichtlich durchzusetzen.

EVZ rät von Buchungsplattformen ab

Der EVZ-Experte vermutet, dass im konkreten Fall der Fehler eher bei der Vermittlungsplattform passiert sein dürfte - auch wenn Opodo das abstreitet. Denn einen stichhaltigen Beweis dafür, dass die Passagierdaten korrekt übermittelt wurden, lieferte die Plattform nicht – auch hier wurde help.ORF.at vertröstet. Gerade bei der Datenweitergabe an die Fluglinien gibt es laut EVZ aber oft Pannen, wie die Beratungspraxis zeige.

Passagiere warten vor einem Vueling-Abflugschalter

Josep Lago / AFP

Schwachpunkt Kundenservice

„Das ist geradezu ein Paradefall in negativer Hinsicht“, so Manzenreiter. Bei Flugbuchungen über Onlineplattformen habe der Konsument zwei Vertragspartner, mit denen er sich streiten muss, und die unter Umständen die Verantwortung hin- und herschieben. Der Tipp des EVZ-Juristen: Besser direkt bei der Fluglinie buchen, auch wenn man rasch Ersatz für einen ausgefallenen Flug braucht. Das sei meist billiger als über Plattformen, die noch dazu extra Bearbeitungsgebühren verlangen, wenn es Probleme gibt.

Außergerichtliche Vermittlung läuft ins Leere

Der Konsument bekam inzwischen wenigstens von Norwegian nach dem Ausfall seines gebuchten Flugs von Edinburgh über Oslo nach Wien einen Teil seiner Kosten zurück und zwar für Verpflegung und Unterbringung. Ihm stehen pro Ticket auch noch 400 Euro Ausgleichszahlung zu. Auf die Rückerstattung der Norwegian-Tickets wartet er aber noch immer. Auch die 320 Euro für die Vueling-Tickets wird er wohl - wenn überhaupt - noch länger nicht zurückbekommen.

Das EVZ kann nur außergerichtlich vermitteln und das geht ins Leere, wenn die Vertragspartner nicht reagieren. Die kostenlose Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (Apf) kann im konkreten Fall auch nicht weiterhelfen. Die Begründung: Weder Abflug noch Ankunft fanden in Österreich statt, da eine Zwischenlandung geplant war. Der Passagier müsse sich daher bei der britischen Schlichtungsstelle melden. Der Wiener wird nun ein privates Fluggastrechteportal mit dem Fall beauftragen.

Karin Fischer, help.ORF.at

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